LÄNDER Ozeanien Allein im Outback: Als Jagdhelfer in Australien

Allein im Outback: Als Jagdhelfer in Australien

Simon, nächstes Jahr komme ich für sieben Wochen nach Australien, um dir im Büffelcamp zu helfen“, das versprach ich meinem Jagdfreund und Qutfitter bei meinem letzten Aufenthalt.

Am Harris Creek passierte es: Wir bekamen das Fahrzeug ohne Hilfe nicht frei.

Von Siegfried Kursch
Ende Mai 2001 ist es soweit. Zum zehnten Mal fliege ich nach Australien, aber nicht um zu jagen, sondern als Camphelfer. Mein Ziel ist Simons Jagdcamp am Walker River, im tropischen Norden von Australien, im Ost-Arnhemland.

Der Buschflieger setzt zur Landung an. Ein böiger Wind hier nahe des Gulf of Carpentaria weht roten Staub auf und macht die Landung zu einer wackligen Angelegenheit. Trotz dieser widrigen Bedingungen setzt der Pilot seine Cessna sauber auf die Buschlandepiste und stoppt sie zum Ausrollen ab.

Der Jagdführer Damien, Simons jüngerer Bruder, erwartet uns seitlich der Piste. Er lehnt lässig an den alten Pick-up, den für Outback-Australier typischen breitkrempigen Hut etwas in die Stirn gezogen. Neben ihm sitzt hechelnd sein Mischlingshund Daug, ein Spezialist für die Saujagd. Rose und Wayne, ein amerikanisches Ehepaar aus Texas, und ich klettern aus der Cessna. Der Pilot lädt schnell unser Gepäck und einige Proviantkisten aus, wechselt mit Damien ein paar Worte und schon rollt der Buschflieger auf die Piste, um zurück nach Gove zu starten: „Time is money“.

Unsere Begrüßung ist kurz. Das Gepäck wird auf den Pick-up geladen. Auf einer schmalen und holprigen Buschpiste fahren wir die etwa zwölf Kilometer zum Walker River-Camp. Nicht weit von der Landepiste queren wir eine verlassen wirkende Aborigines-Siedlung. Bei meinem letzten Aufenthalt am Walker River vor zwei Jahren herrschte hier noch ein reges Treiben. Rex Mangurra war der Chef des hier lebenden Aborigines-Clans. Ich habe Rex persönlich kennen gelernt, denn zweimal war ich dabei, als Simon mit Rex verhandelt hatte.

Von Damien erfahre ich, dass Rex vor vier Wochen verstorben ist. Als Zeichen seines Todes ist um seine Hütte eine umlaufende rote Farblinie gezogen worden. Aborigines verlassen nach dem Tod ihres Clan-Führers für einige Zeit das Camp, solange bis auch der „Spirit“ des Verstorbenen von diesem Ort loslässt. Erst danach wird der neue Clan-Chef bestimmt. Meistens ist das der Älteste, und mit ihm kommen die Clan-Angehörigen wieder zurück.

Etwas abseits sitzen zwei alte Aborigines an einer Feuerstelle. Damien spricht kurz mit ihnen. Es sind zwei Zeremonienmeister, die, vom Clan bestellt, sich hier einige Zeit aufhalten. In abendlichen Zeremonien fordern sie den „Geist“ des Verstorbenen zum Verlassen des Areales auf. Es bleibt zu hoffen, dass zwischen dem neuen Clan-Chef und Simon ein ebenso gutes Einvernehmen bestehen wird wie zu Rex. Dieser Aborigines-Clan ist Landeigner einer Fläche von mehr als einer halben Million Hektar Busch und Sumpf – bestes Wasserbüffel-Gebiet im Einzugsbereich des Walker Rivers, das Simon allein bereits seit 1986 bejagt. Nach Schätzung von Simon haben hier 5.000 bis 6.000 Wasserbüffel ihre Einstände.

Wir haben den Fluss erreicht, können jedoch die Furt mit dem Fahrzeug nicht queren. Der Wasserstand ist für diese Jahreszeit noch sehr hoch. Das liegt nicht nur an der Tide, die bei Flut vom nahen Golf Brackwasser weit in den Walker River hinauf drückt. Simon erzählt mir später, dass Anfang April großflächig ein außergewöhnlich starker Regen (450 mm in 6 Stunden) gefallen ist – eine Katastrophe. Deshalb ist es in diesem Jahr an vielen Stellen im Busch besonders nass und schlammig.

Unser Gepäck laden wir in ein bereitstehendes Boot. Der Pick-up bleibt unter einem Baum abgestellt am Ufer zurück. Mit dem Außenborder geht es nun etwa einen Kilometer flussabwärts, dann sind wir im Camp angekommen.

Wegenm der heftigen Regenfälle war der Fahrweg stark ausgewaschen.


Fotos: Siegfried Kursch

Das Camp

Das Camp

Von Darwin ist das Camp am schnellsten mit dem Buschflieger erreichbar. Die beschwerliche, fast 1.000 Kilometer lange Anfahrt von Darwin, größtenteils über holprige Buschpiste quer durch das Arnhemland, dauert fast zwei Tage und ist für Mensch und Fahrzeug eine arge Belastung. Nur sperrige Ausrüstung, Bau-Material, Boote und die Fahrzeuge selbst sowie größere Mengen Treibstoff werden über die Buschpiste zum Camp gebracht. Das Camp ist für das australische Outback, weitab der Zivilisation, eine akzeptable Bleibe.

Sieben Tage wird Damien mit Rose und Wayne hier am Walker River bleiben. Wayne wird von Damien geführt. Er möchte einen kapitalen Wasserbüffel erlegen. Ich habe Küchendienst und muss im Camp Ordnung halten. An zwei Tagen begleite ich mit einem zweiten Fahrzeug Damien, Rose und Wayne. An diesen Tagen fahren wir etwa 40 Kilometer vom Camp entfernt in einen bisher noch nicht bejagten Teil des riesengroßen Gebietes zur Büffeljagd.

Die tapfere Rose begleitet ihren Mann bei der Jagd. Ob im Fahrzeug, im Boot oder auf der Fußpirsch, sie ist immer an seiner Seite – eine gut trainierte Gefährtin. Mehrmals fahre ich, aber auch Damien, unsere Wagen im Schlamm fest. Mit dem zweiten Wagen ist das Bergen aber kein Problem.

Drei gute jagdbare Wasserbüffel lässt Wayne an den ersten Tagen unbeschossen. Er hofft auf einen Stärkeren. Hoffentlich geht das gut. Am fünften Jagdtag erlegt Wayne schließlich einen kapitalen Büffel – Goldmedaille. Amerikanisches Jägerherz, was willst du mehr?

Stolz kommen Damien und Wayne abends, es ist schon stockdunkel, im Camp an. Während und nach dem Dinner, beim Geschirrspülen, höre ich mehrmals Waynes „Erleger-Story“. Damien arbeitet derweil an der Vorpräparation der Trophäe. Wie bei den Amerikanern oft üblich, soll eine Kopf-Träger-Montage des Wasserbüffels später das Jagdhaus in Texas schmücken. Für Rose und Wayne ist morgen die Zeit am Walker River vorbei. Sie fliegen mit Damien zur Saujagd in ein anderes Gebiet, zurück in Richtung Darwin.

Gebratene Barramundi-Filets auf Reis, im Fluss geangelt, frischer Salat, dazu einen trockenen australischen Weißwein und als Nachspeise eine Vanille-Reiscreme mit Pfirsichen. Das ist mein Abschiedsessen für Rose, Wayne und auch für Damien, der erst in drei Wochen ins Camp zurückkommen will. Vierzehn Tage bin ich nun mit dem Hund Daug allein im Camp.

Erst dann kommt Simon mit einem anderen amerikanischen Büffeljäger hierher. Er ist zur Zeit mit zwei Jägern auf der Cobourg Peninsula, um Banteng zu jagen.

Eine neue Erfahrung

Eine neue Erfahrung

Heute, Pfingstmontag, ist der Buschflieger mit Damien und den Amerikanern vom Walker River nach Darwin gestartet. Zehn Kanister Diesel, drei Proviantkisten und zwei Zitrusbaum-Pflanzen hat der Pilot mitgebracht und an der Piste abgeladen. Ich belade damit den Geländewagen und starte den Rückweg zum Camp. Nach etwa zehn Kilometern stehe ich mit dem Fahrzeug vor einem „See“. An einer Geländesenke hat sich aus Regenwasser ein Gewässer gebildet, durch das die Piste führt.

Auf etwa 50 Meter Breite muss ich mit dem Geländewagen dieses Gewässer queren. Damien sagte mir auf der Hinfahrt, dass die Piste an der tiefsten Stelle des Gewässers liege und unbefahrbar sei. Über einen Meter ist hier der Wasserstand. Zu hoch, das Wasser würde ins Fahrzeug laufen.

Ich verlasse die Piste, um an höherer Stelle einen Weg durch den überschwemmten, lichten Eukalyptus-Busch zu suchen. Wenn ich mich hier festfahre, kommt das Fahrzeug ohne Hilfe nicht mehr frei. Im ersten Gang mahlen die Räder durch das Wasser und den schlammigen Untergrund. Nur nicht halten, immer mit gleichmäßigem Tempo zwischen den Eukalyptus-Stämmen weiterfahren. Endlich ist es geschafft, mir fällt ein „Stein vom Herzen“.

Ein ungewohntes und etwas beklemmendes Gefühl ist es schon zu wissen, die nächsten vierzehn Tage allein in der Wildnis des Arnhemlandes zu verbringen. Um mich herum nur Busch, Gewässer und Sümpfe. Hunderte von Kilometern außer mir kein Mensch, nur Wasserbüffel, Krokodile, Dingos und Schlangen, aber auch eine Vielzahl fremdartiger Vögel, scheue Wallabies, fischreiche Gewässer und die vielen interessanten Baum- und Pflanzenarten. Und doch freue ich mich darauf, dies alles ungestört und ohne Jagddruck allein erleben und genießen zu können.

Wieder im Camp angekommen, werde ich von Daug, dem Mischlingshund, freudig begrüßt. Vor der Abfahrt hatte ich ihn an einem schattigen Platz angebunden. Er sollte uns nicht folgen. Der Geländewagen steht auf der anderen Fluss-Seite. Diesel ist in ein Fass als Reserve zum Betanken des Wagens umgefüllt. Über den Walker River bin ich mit dem Boot trocken zum Camp zurück gekehrt.

Als erstes muss der alte Deutz, ein Dieselgenerator, wieder angelassen werden. Er ist fast 30 Jahre alt und läuft täglich zuverlässig – Made in Germany. Zwei Kühlschränke und eine Tiefkühltruhe müssen mit Strom versorgt werden. Die Vorräte, vor allem das Fleisch, verderben hier draußen bei Außentemperaturen um die 28 Grad Celsius sehr schnell. Dann pflanze ich die beiden Zitrusbäumchen an sonniger Stelle ein. Hoffentlich wachsen sie gut an und werden später reichlich Früchte tragen.

Gegen 19 Uhr Ortszeit wird es dunkel. Abends kühlt es merklich ab und ein leichter Wind kommt auf. Nach einem kleinen Abend-Imbiss suche ich heute gegen 20 Uhr zusammen mit Daug meine Schlafkabine auf. Sicherheitshalber nehme ich die unterladene „Camp-Büchse“ im Kaliber .375 Holland&Holland Magnum mit. Man kann ja nie wissen. Schnell schlafe ich ein.

In der Nacht gibt Daug Laut. Im Aufwachen höre ich flüchtende Wasserbüffel, die nachts oft durch das Camp ziehen, angelockt vom Salz für das Konservieren der Büffelhäute. Draußen scheint der volle Mond vom sternenübersäten Himmel. Vom Walker River, an dessen Böschungsoberkante meine Schlafkabine steht, kommen Rufe junger Krokodile. Ein lautes Plumpsen, als ein schwerer Körper ins Wasser fällt, zeigt an, dass hier nicht nur junge Krokodile im Fluss aktiv auf Beutezug sind. Ich schlafe bald wieder ein.

In den beiden folgenden Wochen, die ich im Camp alleine bin, habe ich, neben viel Zeit zum Fotografieren, auch einige Arbeiten zu verrichten. Besondere Sorgfalt wurde mir für die Behandlung der Trophäen aufgetragen. Capes salzen und nach dem Trocknen falten sowie das Behandeln der Büffelschädel mit der Hornwehr. Einige weitere Aufgaben: gründliche Camp-Reinigung, Proviant kontrollieren, Bedarfslisten anlegen, Feuerholz schlagen und sammeln, Bettzeug waschen und vieles mehr.

Während dieser Zeit führte ich Tagebuch. Es ist interessant, im Nachhinein darin zu lesen. Als Beispiel der Eintrag vom 7. Juni 2001: „Die Nacht war relativ ruhig, Vollmond. Daug gab wieder Laut. Er konnte sich kaum beruhigen, witterte ständig zum Fluss – sicher ein Croc. Frühmorgens gegen fünf Uhr von der anderen Flussseite Dingo-Geheul, etwa drei bis vier Dingos. Schaurig schön. Morgens Sonne, ab zehn Uhr Regenschauer, ab elf Uhr wieder Sonne, stickige Luft.

Büffelcapes neu gesalzen, werden bei dieser schwülen Witterung nicht trocken. Büffelschädel kontrolliert, Schläuche lassen sich noch nicht entfernen. Mit Suzuki im Busch Holz geholt, Daug mitgenommen. Wallebies und zwei Büffelkühe mit Kälbern gesehen. Ein jagdbarer Büffel stand 20 Meter neben mir, Foto gemacht.

Mittags Bratkartoffeln mit Zwiebeln und Schinken, Salat und ein Bier. Hund gefüttert. Feuerstelle gesäubert, trockenes Laub vor Lodge geharkt und verbrannt. Kleinen Barramundi geangelt, Essen für morgen ist gesichert. Australischen Sumpffasan rufen gehört und an der Uferböschung entdeckt. Beinahe auf Schlange getreten. 30 Zentimeter neben mir, über einen Meter lang, Kopf und vorderer Teil grau, Rückenlinie grau, beidseitig zitronengelb. Ich konnte schnell zur Seite springen, war barfuß. Sofort im „Schlangenführer“ in der Lodge nachgeschlagen – Tree snake -, meistens grün, aber auch gelbe Variante, nicht giftig. Glück gehabt. Suzuki und Toyota gewaschen, dann Teatime und gelesen.

Eine Schar Blauschwingen- Kookaburras macht einen Höllenlärm. Sie krächzen, schackern und lachen, abends als Letzte und morgens als Erste. Nur der weiße Gelbhauben-Kakadu macht mit seinem nervtötenden Gekreische noch mehr Lärm. Gegen 21 Uhr geduscht, dann Generator aus und geschlafen.“

Lange vierzehn Tage allein sind morgen vorüber. Gegen zwölf Uhr soll ich Simon mit einem amerikanischen Jäger von der Buschpiste abholen. Ich freue mich, Simon wieder zu sehen. Hier im Camp ist alles okay, fehlender Proviant wurde gestern von mir über Satelliten-Telefon geordert. Simon bringt morgen alles mit dem Flieger hierher.

Weitere Jagdgäste

Weitere Jagdgäste

Mel, mit dem Simon hierher fliegt, hat auf der Cobourg Halbinsel einen kapitalen Banteng erlegt. Ein solcher, mit so mächtiger Trophäe, wäre auch mein Traum. Ich bin aber auch mit meinen beiden starken Bantengbullen vom vorigen Jahr sehr zufrieden. Mel ist ein angenehmer, netter amerikanischer Jäger. So freue ich mich, dass ich Simon mit Mel heute zur Büffeljagd begleiten darf.

Wir verlassen das Camp früh morgens. Eine weite Buschfahrt in die Wurundi-Sümpfe steht an. Etwa 20 Kilometer Fußpirsch am Rande des Sumpfes, über floodplains, dann wieder durch dichten Tropenbusch, zuletzt über eine ein Kilometer breite Sumpffläche, haben nicht zum Erfolg geführt. Zwar sehen wir mehrere Büffel, es ist aber keiner davon so stark und alt, dass Simon zum Schuss rät.

Im Dickicht stoßen wir auf einen kapitalen Büffel. Für einen Augenblick kann Simon im Buschwerk die linke Haupthälfte mit einer weit ausladenden Hornwehr ausmachen. Blitzartig wirft sich der Büffel herum. Nur hören können wir ihn, dann ist er hochflüchtig im Busch verschwunden. In einem großen Bogen wollen wir den Flüchtigen durch den Dickbusch umschlagen, kommen jedoch nicht mehr auf seine Fährte.

Bei dieser schweißtreibenden Pirsch erreichen wir eine kniehoch bewachsene Buschfläche. Mel geht vor mir. Ich höre einen schrillen Schrei, Mel springt zur Seite. Vor uns eine gut 1,5 Meter lange Schlange. Durch mein Erlebnis im Camp sehe ich sofort: Es ist eine nicht giftige tree-snake. Mit schnellem, „todesmutigem“ Griff, fasse ich die Schlange in der Mitte, halte sie kurz hoch und werfe sie seitlich ins Gras. Mel schreit abermals und stammelt die Worte „crazy German“. Er weiß ja nicht, was ich weiß. Gemein von mir, aber ich lasse ihn unwissend. Mels Respekt ist mir nach dieser Begebenheit sicher.

An den folgenden Tagen erlegt Mel zwei starke Wasserbüffel der Silbermedaillenklasse. Beide Mal bin ich mit dabei. Auch im Bewusstsein, selbst Jäger zu sein, hier jedoch „nur“ Begleiter, ist interessant und spannend.

Das Suchen und das Anpirschen des Büffels, zu warten, bis der Büffel sich so stellt, dass ihm die Kugel angetragen werden kann, dann das Brechen des Schusses, weiter das Zeichnen des Wildes und die Flucht nach dem Schuss. Häufig noch weitere Kugeln, bis der Büffel zu Boden geht. Das alles erlebt man mit, zwar nicht so intensiv wie der Schütze, aber trotzdem ist alles sehr spannend. Die Freude über den erlegten Büffel überträgt sich vom Jäger auf die Begleiter, man ist ein Team.

Noch vier andere amerikanische Büffeljäger kommen während meines Camp-Aufenthaltes hierher. Alle erlegen ihre Wasserbüffel in der Medaillenklasse, zwei Gold und zwei Silber. Einer der Jäger ist mit der Büchse und seinem Jagdbogen hierher gereist. Sein Wunsch ist es, einen Wasserbüffel mit dem Bogen zu erlegen. Simon betrachtet die Bogenjagd auf starkes Wild wie den Wasserbüffel mit Skepsis. Wasserbüffel haben Lebendgewichte bis zu 1.000 Kilogramm.

Deshalb erklärt Simon diesem Jäger, dass er aus Gründen des Tierschutzes und zur Sicherheit des Jägers mit der Kugel nachschießen werde, wenn der Büffel nach dem Pfeilschuss angreift oder nicht in kurzer Zeit verendet. Es bleibt jedoch nur beim Wollen. Als der zu erlegende Büffel mühevoll im Busch bis auf 20 Meter angepirscht ist, verlässt den Bogenjäger der Mut. Er ist so nervös, dass nicht einmal die Kraft zum Spannen des Bogens reicht. Am letzten Tag erlegt auch dieser Jäger mit der Büchse seinen Wasserbüffel.

Nach erfolgreicher Jagd fährt Simon direkt vom Camp mit interessierten Jägern mit dem Boot zum Angeln. Das Walker River-Delta ist ein idealer Platz zum Fang für Barramundi, Queenfisch und von Mangrove-Krebsen. Eine interessante Beigabe zur Büffeljagd, aber auch eine delikate Bereicherung für die Campküche.

Obwohl bisher das Walker River-Gebiet frei von Wildschweinen war, kamen dieses Jahr während der Büffeljagd vereinzelt Sauen in Anblick. An mehreren Plätzen fanden wir Stellen, wo Sauen gebrochen hatten. Ich bin mir sicher, in einigen Jahren können auch hier reife Keiler erlegt werden.

Unglaublich

Unglaublich

„Du brauchst Daug nicht anzubinden, er bleibt auch so im Camp“, sagt Simon zu mir. Eigentlich ist es mir recht. Ich habe kein gutes Gefühl, wenn der Hund, den ganzen Tag über angebunden, allein im Camp zurück bleibt, während wir weit entfernt auf Büffel jagen.

Daug läuft freudig mit uns zur Bootsanlegestelle am Fluss. Man sieht ihm seine Enttäuschung an, als er nicht mit ins Boot darf und am Ufer zurück bleiben muss. Simon, Mel und ich fahren einen Kilometer flussabwärts zur gegenüber liegenden Bootsanlegestelle. Dort angekommen, werden Waffen, Rucksack und Wasserflaschen in den bereitstehenden Geländewagen umgeladen. Jetzt noch volltanken, fertig zur Weiterfahrt. In diesem Moment steht der nasse Daug hinter uns – unglaublich. In leicht geduckter Haltung, mit unterwürfigem Blick, wartet er unsere Reaktion ab.

Wie hat er das angestellt? Der Walker River ist Krokodil-Gewässer. Daug kennt die Gefahr genau, Krokodile haben besonders Hunde „zum Fressen gern“. Hat er den 60 Meter breiten Fluss beim Camp durchronnen? Unmöglich, das wäre sein Todesurteil gewesen. Simon hat die Lösung: Daug muss dem Boot vom Camp aus am anderen, dichtbewachsenen Ufer gefolgt sein. Er ist dort noch weiter gelaufen bis zur zwei Kilometer entfernten Furt. Hier hat der Walker River nur eine Breite von 20 Metern und er ist hier auch nicht sehr tief. Aber auch hier schwimmend die Furt zu überwinden, ist wegen der allgegenwärtig lauernden Krokodile nicht ungefährlich. Ein cleverer Hund, dieser Daug. Er hat das reale Risiko der Fluss-Querung minimiert. Wenn überhaupt, dann hatte er nur an dieser Stelle eine Überlebenschance.

Nur genutzt hat es ihm nichts. Angebunden an den Stamm einer Pandanus-Palme, musste er nun hier bis zum Abend auf uns warten.

Im Harris Creek

Im Harris Creek

Nicht breiter als etwa zehn Meter, fließt er schnell, mit wechselnden Wassertiefen und jahreszeitlich bedingten Wasserständen, der Harris Creek. Im Uferbereich alter Baumbestand, teils krumm gewachsen oder durch Unterspülung umgestürzt, durchmischt von Pandanus-Palmen, dann lichter, australischer Busch. Das schnell fließende Wasser hat den Creek bis zu drei Meter tief in den sandigen Boden gespült. Steilufer, Sandbänke, tiefe und flache Gewässerzonen bereiten Probleme, den Creek mit dem Fahrzeug zu queren.

Von Darwin kommend, kreuzt die Buschpiste an zwei Stellen den Harris Creek. Die unbefestigten Furten sind wegen der Untiefen und des tiefsandigen Untergrundes auch für geländegängige Fahrzeuge sehr tückisch.

Damien war vor einer Woche mit einem Toyota-Cruiser und Hänger, beladen mit 1.200 Litern Treibstoff und anderen Bedarfsartikeln, von Darwin zum Camp unterwegs. Der schlechte Pistenzustand nach dem katastrophalen Regen im April zwang ihn dazu, den Hänger 60 Kilometer vor dem Camp abzukuppeln und im Busch zurück zulassen.

Heute fahren Damien und ich vom Camp zurück, um den Hänger – beladen mit drei Treibstoff-Fässern – ins Camp zu holen. Auf der Hinfahrt passiert es dann an der zweiten Furt über den Harris Creek. Damien fährt die abgeflachte Böschung herunter ins Flussbett. Schon fast auf der anderen Uferseite, sinkt das Fahrzeug hinten links in einen Kolk, der sich seitlich der Furt gebildet hatte. Hinten taucht der Wagen tief ins Wasser und läuft voll. Der vordere Teil mit dem Motor ragt aus dem Creek. Drei Stunden schuften wir, um das Fahrzeug zu befreien. Ohne Erfolg. Der Wagen sitzt mit den Hinterrädern und der Hinterachse tief im Fluss-Sand fest.

Es war ein Kardinalfehler, die Seilwinde im Camp zu lassen. Wir fahren ja nur Buschpiste und nicht quer durch den Busch, war unser Argument. Was tun? Bis zum Camp zurück sind es etwa 50 Kilometer.

In dieser prekären Situation meint Damien fernab ein Motorgeräusch zu hören. Sicher ist es Wunschdenken oder ein Flieger, geht es mir durch den Kopf. Jetzt höre auch ich Motorgeräusche, sie kommen näher. Wir stürmen die Böschung hinauf und sehen einen großen, weißen Geländewagen auf uns zukommen, wir jubeln. Ein alter Aboriginal, mit Frau und Enkel, ist von Darwin kommend zu seinem Camp im Arnhemland unterwegs. Er sagt uns, er wolle dort nach dem Rechten sehen und einige Tage bleiben. Mit viel Mühe zieht uns der Aboriginal mit seinem leistungsstarken Geländewagen aus dem Creek. Es klappt, unser Fahrzeug steht wieder auf fester Piste.

Es gibt sie immer wieder, die kleinen Wunder, selbst hier im tiefen australischen Busch. Sechs kleine Flusskiesel auf meinem Schreibtisch sind Erinnerung an den Zwischenfall im Harris Creek.

Die „verlorene“ Trophäe

Die „verlorene“ Trophäe

Aufregung im Camp. Simon „springt im Dreieck“. So habe ich ihn noch nicht erlebt. Damien und ich, wir sind die Sündenböcke. Ein Büffelschädel samt Hornwehr, die Trophäe eines Amerikaners, der hier vor vier Wochen gejagt hatte, ist verschwunden, einfach unauffindbar. Simon vermutet, dass durch unsere Nachlässigkeit der Schädel von einem Dingo in den Busch gezerrt wurde.

Ich bin fest davon überzeugt, alle Büffelschädel aus dem hinter der netzumspannten Trophäenhütte beginnenden Sumpfwasser genommen zu haben. Sie liegen sicher deponiert auf dem Hüttendach. Wir suchen die Umgebung ab, finden aber nichts. Ein Dingo kann den schweren Büffelschädel mit der Hornwehr nicht weit zerren. Was nun?

Alle sind wir in großer Sorge um die verlorene Trophäe. Simon wettert: Ihm sei in 20 Jahren seiner Jagdführung noch nie eine Trophäe abhanden gekommen. Damien sucht verzweifelt weiter, ich muss mich um das Abendessen kümmern.

Nach einer Stunde kommt Damien grinsend in die Lodge. Er hat die Trophäe gefunden. Sie lag im seichten Sumpfwasser tief in den schlammigen Untergrund gedrückt. Es kann nur ein sich suhlender Wasserbüffel gewesen sein, der mit seinem Gewicht die Trophäe in den Schlamm gedrückt hat. Damien ist durch Zufall auf sie gestoßen, als er dort barfuß bis zu den Waden im Untergrund einsank. Alle sind wir heilfroh. Der Camp-Frieden ist wieder hergestellt.

Heute, nach sieben Wochen, ist meine Zeit um. Ich nehme Abschied vom Walker River. Mein Leben ist etwas reicher geworden, reicher an Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrung. Hier habe ich gelernt, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen.

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