Am 15. April hat der Bundestag beschlossen, dass Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen über indigene Völker (Nr. 169) unterzeichnen wird. „Ein wichtiges Zeichen der Solidarität“ kommentierte das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt „. Und weiter: „Die Verteidigung der Rechte der indigenen Völker muss als globale Aufgabe verstanden werden.“
Zahlreiche indigene Völker üben auch heute noch die Jagd aus und leben davon. (Fotos: Hans Jörg Nagel)
Bündnis 90/DIE GRÜNEN hat dem nicht nur zugestimmt, sondern sich führend darum bemüht, dass Deutschland dieser umstrittenen Konvention beitritt. Bereits 1993 brachten die Partei einen Antrag zur Ratifizierung im Bundestag ein. In der Praxis hingegen fordern die Grünen seit langem die Bundesregierung und die EU auf, gegen den Geist der Konvention zu handeln, möglicherweise – das müssten Gerichte feststellen – sogar gegen die Konvention im Rechtssinne zu verstoßen. Denn ihre Forderung nach einem Verbot der Trophäenjagd und der Einfuhr von Trophäen verstößt klar gegen die Konvention, soweit davon indigene Völker betroffen sind.
Dies wird auch in dem Schreiben deutlich, das über 50 Organisationen und Vertreter ländlicher Gemeinden aus neun südafrikanischen Ländern letzte Woche an die Parteispitze von Bündnis 90/DIE GRÜNEN geschickt haben.
Mit seiner Ratifizierung der Konvention erkennt Deutschland die Bestrebungen dieser Völker an, „ihre Lebensweise und ihre wirtschaftliche Entwicklung auszuüben“ und ihre Identität zu bewahren und zu entwickeln. In der Konvention verpflichten sich die Unterzeichner, „die Rechte dieser Völker“ zu schützen. In Artikel 15 (1) heißt es: „Diese Rechte schließen das Recht dieser Völker ein, sich an der Nutzung, Bewirtschaftung und Erhaltung dieser Ressourcen zu beteiligen“. Die Konvention fordert in Artikel 23 (1) auch die Anerkennung der Eigenversorgung dienender und traditioneller Tätigkeiten wie das Jagen. Solche Tätigkeiten sind zu stärken und zu fördern.
Zahlreiche indigene Völker üben auch heute noch die Jagd aus und leben davon. Teilweise üben sie diese Jagdrechte zusammen mit Jagdtouristen aus, die dafür bezahlen und zwar in aller Regel mit hohen Beträgen. Das gilt beispielsweise für Eisbären oder Elefanten.
In solchen Fällen wird ein ausländischer Jäger beteiligt und darf dann Trophäen wie Fell oder Stoßzähne einbehalten, während das Jägervolk das Fleisch behält und die Lizenzgebühren einnimmt. Zum Teil darf, wie bei dem sogenannten „Conservation Hunting“ in Namibia, der Gastjäger nur zusammen mit den Indigenen die Jagd ausüben, aber nichts vom Tier in Besitz nehmen.
In manchen Ländern erlaubt es die Jagdgesetzgebung auch, dass die lndigenen ihre Jagdgebiete an Jagdfirmen verpachten. Sie selbst üben dann dort nur noch die traditionelle Fleischjagd auf kleinere Säugetiere aus. Die Einnahmen aus solcher Jagd spielen jedenfalls eine wichtige wirtschaftliche Rolle für solche Völker, die fast immer in materieller Not leben.
Würde die Forderung der Grünen nach Jagdverboten und Verboten der Einfuhr von Jagdtrophäen umgesetzt, dann müsste ein großer Teil der heutigen indigenen Jagd faktisch eingestellt werden.
Die 1991 unter der Ägide der Weltarbeitsorganisation (ILO) in Kraft getretene Konvention wurde bisher nur von 23 Ländern ratifiziert. Betroffen davon sind weltweit etwa 6,000 indigene Völker mit 350 Millionen Menschen.
rdb