Während der folgenden Tage haben alle Jäger unserer Gruppe viel Anblick und am vierten Tag liegen alle unsere Buschböcke! Auch vier Buschschweine sind gefallen, darunter zwei gute Keiler. Fehlt eigentlich nur noch ein Karakal. Uwe ist derjenige, der unbedingt ein Pinselohr erbeuten möchte. Seine Jagd werde ich begleiten, wir müssen eine knappe Stunde fahren, um ins Karakal-Gebiet zu gelangen.
Also warten wir auf die Nachricht vom PH Rex, der mit seiner Meute die Sandwege nach frischen Spuren absucht und im gegebenen Fall Bescheid gibt. In den vergangenen Tagen hatte es allerdings so stark geweht, dass die Spuren nicht lang hielten und sich nichts tat. Am vorletzten Tag ist es aber soweit. Endlich kommt der ersehnte Anruf und im Laufschritt brechen wir unsere Buschbock-Pirsch ab, rennen gut 20 Minuten was die Lungen hergeben zum abgestellten Auto und los geht´s.
Die Fahrt ist halsbrecherisch schnell. Wir rasen über Teerstraßen, ich halte Ausschau nach Polizeikontrollen am Wegesrand, dann biegen wir ab, rasen unvermindert schnell über Gravelroads. Wenn der Wagen jetzt ausbricht, falls Gegenverkehr in den für unsere Geschwindigkeit viel zu engen Kurven auftauchen sollte, dann hätte ich wohl besser mein Testament etwas früher gemacht…
Dann treffen wir Rex. Er ist ein Engländer gestandenen Alters und mir sofort hochgradig sympatisch. In Südafrika genießt er den Ruf des landesweit besten Grauducker- und Karakaljägers. Ein freundlicher Mensch, aufgeschlossen und jagdverrückt. Seine alte Westley & Richards-Doppelflinte hat nur noch letzte Reste an Brünierung vorzuweisen, ist aber trotzdem gepflegt und stilvoll. Als wir mit Uwe vom Wagen klettern, um zu verhören, wo die Hunde den Karakal gestellt haben, klingt uns in weiter Ferne dumpfer Standlaut entgegen.
Rex nickt und wir marschieren los. Ohne Rücksicht auf Klamotten geht es durch den Busch. Immer wieder halten die Dornen uns fest, reißen die Hosenbeine auf und zerschrammen die Haut. Der Standlaut verändert sich nicht, wir gewinnen wertvolle Meter. Bald sind wir nur noch 100 Meter entfernt, dann noch 50 oder 60. Plötzlich wird das Hundegeläut drei Oktaven höher, die einzelnen Stimmen überschlagen sich und entfernen sich in einer lauten Bail. Die Katze hat nicht gehalten, ist vom Baum. Mist!
Ruhe, gespenstische Ruhe herrscht mit einem Mal. Kein Laut ist zu hören, die Hoffnung sinkt. Sollte alles schon wieder vorbei sein? Schulterzuckend stehen wir im dichten Busch. Minuten vergehen. Da, ein Hund schlägt wieder an, verstummt, wird wieder laut. Ein zweiter Hund fällt mit ein, das Geläut nimmt eine stete Richtung an und wird voller. Hoffnung keimt in uns auf. Dann ist die Meute anscheinend wieder dran. Wir im Laufschritt hinterher.
Äste peitschen ins Gesicht, Füße verlieren ihren Halt. Dann hören wir Standlaut. Das ist die letzte Chance, kommt es mir in den Sinn. Jetzt nur die Ruhe bewahren. In eine tiefe Rinne müssen wir runter, rutschen teilweise auf dem Hosenboden in den ausgewaschenen Bachlauf. Uwe hat die Flinte geladen. Nur wenige Meter weiter und wir sehen die Hunde unter dem Baum. Giftig geben sie laut, binden die Katze. Dann fällt der Schuss, der Karakal stürzt aus dem Geäst, wirkt auf mich groß wie ein Berglöwe, als er tödlich getroffen zu Boden stürzt.
Ein guter Kuder mit stumpfen Fangzähnen liegt vor uns. Uwes Traum ist in Erfüllung gegangen und wir freuen uns mit ihm. Waidmannsheil!
Weiße Punkte auf schwarzer Decke
Der letzte Tag ist angebrochen. Alle Jagden aus der Gruppe sind perfekt gelaufen. Ich entschließe mich, noch einmal mein Glück auf einen starken Buschbock zu versuchen. Helmut, ein alter Freund und passionierter Jäger, begleitet heute einmal mich. Johann ist wieder dabei und der schwarze Mabuti, der freundliche Tracker, führt unsere kleine Gruppe an. Er kennt die besten Stellen, weiß um Einstände und führt uns in einen dichten Hang hinein.
Wir verharren an einer Stelle und glasen erst einmal ausgiebig den Gegenhang ab. Nach einer Weile sehen wir einen Bergriedbock, ein weibliches Stück, das regungslos im Gegenhang steht. Noch eine gute Stunde bleiben wir, pirschen dann zurück zum Auto. Wir wollen noch ein letztes Mal wechseln und im großen, auf der anderen Wegseite liegenden Buschkomplex pirschen und haben ein Stück zu fahren. Also huppeln wir über die Felder und durch tiefe Rinnen in den ausgewaschenen Wegen. Eine langgestreckte Weide liegt zur rechten an der Hangseite, verjüngt sich spitz zulaufend und stößt an den Buschrand.
Schwer schlägt mir der noch einmal der Duft von Parfümbäumen in die Nase. Sie stehen in voller Blüte und ich fülle meine Lungen mit dem eigenwilligen Duft. Der Abschied naht, gern bliebe ich noch ein wenig. Es wäre ja zu schön, wenn wir den Tag mit einem Buschbock abschließen könnten…
Fast gleichzeitig entdecken wir sie. Mehrere Stücke, drei weibliche und zwei Böcke stehen in dem schmalen Streifen Feld zwischen den Buschsäumen! Sofort setzt Johann den Wagen zurück, die viele Hundert Meter entfernten Stücke haben uns nicht mitbekommen. Wir müssen einen fast deckungslosen Hang hinunter, um näher heranzukommen. Auf dem Hosenboden, die Waffe auf dem Schoß, geht es bergab. Als wir nach einer ganzen Weile ankommen, sehen wir ein weibliches Stück, dann ein weiteres im Bestand. Wo sind die Böcke? Warten, abglasen, kein Wort wird jetzt zuviel geflüstert. Von unserer Position aus sind es noch immer satte 200 Meter. Also näher ran.
Vorsichtig pirschen wir an die Freifläche heran. Eine kleine Hecke gibt Sichtschutz. Langsam richten wir uns auf, doch kein Wild ist mehr zu sehen. Wir bewegen uns so leise, wie man sich eben zu viert bewegen kann, an der Hecke vorbei. Ich traue meinen Augen kaum, als auf nur wenige Meter von hinten ein starker Buschbock an uns vorbeiwechselt, uns überholt! Irgendwas hat er anscheinend vorher mitbekommen, uns aber nicht eräugt oder gewindet. Das gibt´s doch gar nicht. Noch kurz sehe ich ihn am Bestandesrand verhoffen, dann zieht er in den undurchdringlichen Busch. In diesem Moment brodelt es in mir, den Bock wiederzusehen, wage ich nicht zu hoffen.
Im Bestand, ein paar Meter aufwärts, ist eine kleine Schneise. Sofort ist das Zweibein parat, wenn er kommen sollte, dann kann er auf zehn Meter oder auf 150 an mir vorbeiwechseln. Wieviel Minuten verstreichen, kann ich nicht mehr genau sagen, aber kurz war es nicht!
Der ist sicher schon lange durch, denke ich noch leicht resigniert, als Johann mir wortlos bedeutet, mich umzustellen. Am Rand des Busches stellt er das Zweibein erneut auf, ich versuche noch, Mabuti zu entdecken. Wir stehen kaum, da tauchen die Hornspitzen eines Bockes hinter einer Bodenwelle auf. Langsam zieht er auf die Freifläche. Kein Zweifel, es ist der Starke! Langsam, in abwartend wiegendem Schritt wird er sichtbar.
Stark im Wildpret, ein Bild von einem Buschbock, registriere ich meine Gedanken am Rande, als der Schuss bricht. Mit allen Läufen steht der Bock für den Bruchteil einer Sekunde in der Luft, schnellt dann nach vorne. Der Fangschuss wäre nicht mehr nötig gewesen, beendet dann aber die Jagd.
Was für ein grandioses Finale. Johann hatte Mabuti die Schneise hochgeschickt. Tatsächlich hatte der Bock noch ganz in unserer Nähe verhofft und war langsam ausgezogen, als er unseren schwarzen Jäger bemerkt hatte. Besser hätte der Tag, die Reise ans Ostkap Südafrikas nicht enden können.