Gamsjagd war immer eine besondere Jagd. Wenn aber zum Thema Berg und Jagd noch ein so besonderer Gams wie der vom Balkan hinzu kommt, gibt das einen excellenten Jagdstoff.
Eine alte Geiß aus dem Bistra-Gebirge ist zur Strecke gekommen. |
Auf dem Balkan zwischen der Adria im Westen und dem Schwarzem Meer beziehungsweise der Ägäis im Osten und Südosten, vom Donauraum im Norden und dem griechischen Mutterland im Süden sind zwei anerkannte Gams-Unterarten zu finden: der Balkan-Gams (Rupicapra rupicapra balcanica) und der Karpaten-Gams (R. r. carpatica).
Die Balkan-Unterart umfaßt Gams-Populationen im frühernm Jugoslawien (Slowenien mit seinem Alpen-Gams ausgenommen), und zwar in Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien und Mazedonien, dann jene in Albanien, Griechenland und Bulgarien. Zusammen mit dem Karpaten-Gams (verbreitet in Rumänien) stellt der Balkan-Gams die trophäenmäßig stärkste Gams-Unterart dar.
Unter den 50 weltstärksten Gams-Trophäen des Internationalen Jagdrates zur Erhaltung des Wildes (CIC) kommen über 30 aus Rumänien, das auch den Weltrekord (mit 141,10 CIC-Punkten) stellt. Nach dem neuesten Rekordbuch des Safari Club International (SCI) von 1996 ist ein Balkan-Gams aus Kroatien mit rund 30 SCI-Punkten (Schlauchlänge 29/28,5 cm, Basisumfang 9,5/9,5 cm) der Weltrekord, vor einem Karpaten-Gams mit 29 5/8 SCI-Punkten (Schlauchlänge 27,5/28 cm, Basisumfang 10,0/10,0 cm).
Die Stärke der Gams-Trophäen wird in Europa nicht nach Schlauchlänge, sondern nach CIC-Punktezahl bestimmt und angegeben. Diese Gamstrophäenformel ist aber eindeutig „bockfreundlich“, weil hier der Basisumfang vierfach zählt – Bock-Krucken sind bekanntlich deutlich dicker als die von Geißen, Länge und Höhe der Krucken sowie Auslage nur einfach zählen. Hat man ein paar Gams-Trophäen selbst gesehen und ausgepunktet, bekommt man ein Gefühl für die Punktstärke.
Unter den Alpenjägern gilt schon ein Gamsbock mit 100 CIC-Punkten als kapital (etwa mit 24,5 cm Schlauchlänge und 8,5 cm Basisumfang), der etwa mit einem 400-Gramm-Rehbock oder einem Acht-Kilo-Rothirsch verglichen werden kann. Heute gibt es nicht viele Alpenreviere, die solche Trophäen aufweisen. Ein Gams aber zwischen 105 und 110 CIC-Punkten markiert in den Alpen oft den Höhepunkt in einem Jägerleben und ist noch schwieriger zu finden.
Goldene vom Balkan
Beim Balkan-Gams sind aber die Ansprüche an eine kapitale Trophäe viel höher und setzen erst bei einem Goldmedaillenbock (also mit 110 CIC-Punkten, etwa bei einem Bock mit 28 cm Schlauchlänge und etwa 9 cm Basisumfang, 18 cm Höhe und einer Auslage von 13 cm) an. Als wirklich kapitale Trophäe gelten hier eher stark „vergoldete“ Gamskrucken um 115 CIC-Punkte und darüber, solche jenseits der magischen Grenze von 120 Punkten gehören dann zu den absoluten Top-Trophäen. Der Nachkriegsrekord aus dem früheren Jugoslawien mit 122,22 CIC-Punkten fiel 1965 in Prenj/Herzegowina und wurde bis heute offiziell noch nicht übertroffen.
In den mazedonischen Revieren lagen auch die durchschnittlichen, von den Gästen erlegten Gamsböcke über 100 CIC-Punkte, starke eher um 110. Spitzen-Trophäen sind mit etwas Glück auch möglich und bewegen sich hier um 115 CIC-Punkte. 120 Punkte dürften bereits das Maximum darstellen, gehören jedoch immer noch zum Bereich des Möglichen.
Im neuesten SCI-Rekordbuch von 1996 sind unter der Rubrik „Balkan-Gams“ (Balkan Chamois) auf Rang acht und elf der Welt auch zwei Gamstrophäen aus Karadzica/Mazedonien angeführt, erbeutet 1993. Die eine hat eine Schlauchlänge von 26,5/26 cm und einen Basisumfang von 8,0/7,5 cm (knapp unter 110 CIC-Punkten), die andere 24,0/24,0 und 8,5/9,0 cm. In Mazedonien wurden aber in den vergangenen Jahren stärkere Gams-Trophäen erlegt als diese zwei.
Auf der Internationalen Jagdausstellung in Nürnberg 1986 wurde auf dem jugoslawischen Stand eine Gamstrophäe aus Karadzica/Mazedonien mit 118,10 CIC-Punkte präsentiert, die 1983 erbeutet wurde. Kürzlich erreichte mich der Brief eines Bekannten aus Düsseldorf, der bei seinem Präparator einen hochkapitalen Gamsbock aus der nordgriechischen Provinz Makedonien gesehen und vermessen hat: 29,5 cm Kruckenlänge und ein Basisumfang von 9,5 cm. Damit würde auch dieser Balkan-Gams um 120 CIC-Punkte liegen, ein Qualitätsbeweis für die griechische Population.
Das Gamswild gibt uns nur selten eine Chance, die gewünschte Trophäe in Ruhe und auf kurze Distanz anzuschauen. In der Regel sind wir gezwungen, steil nach unten oder oben zu beobachten. Aufgrund der Kruckenstellung zum Schädel und überhaupt ihrer spezifischen Form kann auch ein erfahrener Gamsjäger nur schwer alle wichtigen Ansprechmerkmale auf einmal erfassen.
Wer darin keine Erfahrung hat, überlegt sich 20 Minuten lang den Schuß auch vor einem Bock mit 110 Punkten, was schon vorgekommen ist. Als Faustregel gilt: Wenn die Krucken etwa eine Lauscherlänge über die Lauscher hoch sind, dann muß es sich um eine starke Trophäe (also über 100 Punkte) handeln. Wenn sie dazu noch eine dicke Basis und weite Auslage aufweist, kann sie leicht in die Goldmedaillenklasse fallen.
Wem das aber nicht reicht, und wer möglichst auf den Punkt genau (so weit das am lebendem Wild überhaupt möglich ist) den Balkan-Gams ansprechen will, für den hat der kroatische Gamsspezialist Radoslav Bekavac eine einfache Ansprechformel für die Praxis entwickelt:
Zum richtigen Ansprechen müssen wir erst versuchen, die Kruckenhöhe zu bestimmen, da von ihr (und der Hakelung) auch die Schlauchlänge abhängig ist. Dabei orientieren wir uns an der Hauptlänge (von der Windfangspitze bis zum Schlauchansatz), weil sie normalerweise gleich ist und als Konstante angesehen werden kann. Nach Messungen von Bekavac beträgt die Hauptlänge ausgewachsener Stücke im Durchschnitt 16,5 cm.
Wenn wir also über die Trophäenstärke nicht bloß rätseln wollen, müssen wir geduldig darauf warten, wenigstens für einen kurzen Augenblick die Kruckenhöhe im Verhältnis zur Kopflänge „abzumessen“. Wenn wir jetzt die so ermittelte Höhe mit dem Koeffizient 1,55 (den Bekavac anhand von vielen Gamstrophäen ausgerechnet hat) multiplizieren, bekommen wir die ungefähre Schlauchlänge. Wenn wir also die Höhe auf 16 cm geschätzt haben, können wir davon ausgehen, daß die Schlauchlänge etwa 25 cm beträgt (16 x 1,55 = 24,8 cm).
Der Schlauchumfang ist leichter zu ermitteln, weil die Krucken mit dicker Basis sehr auffällig sind, genauso wie die ganz dünnen. Die Auslage kann man auch leichter feststellen, und mit allen diesen Merkmalen können wir draußen im Gebirge recht exakt die Trophäenstärke bestimmen.
Mazedonischer Gams
Der Gams wird in Mazedonien von Gastjägern in erster Linie in zwei Top-Gebieten im Westen (Mavrovo und Karadzica) bejagt. Die bisherige Jagdpraxis hat zu einigen Einsichten geführt, die hier kurz vorgestellt werden sollen.
In Mavrovo gibt es drei Hauptvorkommen und damit drei Hauptjagdreviere: die Gebirge Sar, Korab und Bistra. Ein Teil des Sar-Gebirges gehört zu Mavrovo, nur ist hier der Gams nicht so interessant wie in den anderen zwei Gebieten.
Jagdlich gesehen gibt es merkbare Unterschiede zwischen den Gamstrophäen in Korab und Bistra. Korab-Gams hat in der Regel etwas kürzere Krucken, dafür aber auffallend dicke Basis (was die meisten Punkte bringt). Der Bistra-Gams aus dem Radika-Canyon und den umliegenden Berghängen hat hohe Krucken und eine starke Basis, nur die Auslage ist etwas kleiner als beim Gams aus dem Korab-Gebirge.
Der Gams aus einem anderen Teil des Bistra-Gebirges (Revier Brzovec) ist dagegen weit ausgelegt und mit gutem Basisumfang. Grundsätzlich gilt aber der Bistra-Gams als außergewöhnlich stark. Eine vielleicht neue Rekordtrophäe wurde dort im Tal des Radika-Flusses Anfang November 1997 gesehen. Als ein Gast einen 115-Punkte-Bock erlegt hatte und anschließend fotografieren wollte, wurde die ganze Gruppe durch einen anwechselnden Bock überrascht. Auf nur 20 Schritt konnte man mit bloßem Auge sehen, daß der Bock weit höher war und deutlich dickere Basis hatte als der gerade erlegte; er wurde auf 130 (!) Punkte geschätzt. Das Gewehr lag aber weit abseits, so daß dieses Prachtstück wahrscheinlich heute noch lebt.
Im anderen Spitzengebiet Karadzica gibt es reichlich Gamswild, nur von etwas schwächerer Trophäenqualität als in Mavrovo (wenn man das so vereinfacht sagen kann). Basis und Auslage des Karadzica-Gamsen sind zwar gut, nur sind die Krucken in der Regel etwas kürzer. Dafür ist Karadzica für seine vielen alten und starken Geißen bekannt, deren Krucken hoch und weit ausgelegt sind.
Nur ein paar Wochen vor meiner Mazedonien-Gamsjagd im November vorigen Jahres habe ich auf einer Jagd in Montana einen österreichischen Gamsjäger getroffen, der ein Jahr zuvor bereits im mazedonischen Toprevier Mavrovo auf Gams gejagt hat. Seine Gruppe hat zwar gute Strecke gemacht, aber es fehlten Spitzen-Trophäen. Er selber hatte nur eine Chance auf einen 110-Punkte-Bock, und das wars.
Nach Meinung dieses österreichischen Alpenjägers lag das Problem in Mazedonien daran, daß dort eine falsche Abschußstrategie verfolgt wird. Von zahlenden Gästen werden in der Regel bereits jüngere und mittelalte Böcke (die meisten Böcke über vier Jahre liegen hier bereits über 100 CIC-Punkte) angegangen, weshalb die Kategorie der alten, reifen Böcke in der Spitzenklasse kaum besetzt ist. Trotz der ausgezeichneten Revierbedingungen fehlen also die möglichen Spitzen-Trophäen.
Leider kommt es auch in Mazedonien des öfteren vor, daß dem Gastjäger ein kunstvoller Schuß auf über 200 Meter gelingt, dann aber vor ihm nur ein dreijähriger „Silberbock“ auf der Strecke liegt. Ein Ausweg aus diesem Dilemma wäre nach ihm nur durch eine systematische Ansprechschulung bei den einheimischen Jagdführern möglich. Sie sollten befähigt werden, alte Böcke besser anzusprechen und keine Böcke der mittleren Altersklasse dem Gast freizugeben. Zurückhaltung in der mittleren Altersklasse ist beim Gams wie bei allen Schalenwildarten die Voraussetzung für Hegeerfolge.
Der Jagddruck durch Jagdgäste ist in Mazedonien aber immer noch zu gering, um die Altersstruktur ernsthaft zu gefährden. Außerdem kommt der jetzige Zusammenbruch der Viehwirtschaft in den meisten mazedonischen Gamsgebieten dem Gamswild zugute. Allein in der Region Mavrovo hat es einst über 70.000 Schafe gegeben, heute aber gerade noch 10.000, wodurch sich die Äsungssituation des Gamswildes deutlich verbessert hat.
Auch in Mazedonien kommen nicht jeden Tag Rekordböcke zur Strecke, es ist aber nicht sehr schwer, genügend „Goldgamsen“ zu finden. Vor mir jagten zwei deutsche Jäger in Mavrovo und erlegten unter ungünstigen Bedingungen (die besten Gebiete in der Gipfelregion waren wegen des Schnees unerreichbar) nach Auskunft des Jagdveranstalters sieben Gams. Dabei waren drei Goldtrophäen (111, 113 und 115 Punkte), ein Bronzegams (104 Punkte) und drei ohne Medaille (90 bis 95 Punkte).
Stellen Sie die Preisfrage!
Der Balkan-Gams kommt heute in Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Jugoslawien (Serbien), Mazedonien, Albanien, Griechenland und Bulgarien vor. Da zur Zeit die Situation des Gamswildes in Kroatien und Bosnien-Herzegowina nach dem Bürgerkrieg unübersichtlich ist, in Albanien und Griechenland wegen des geringen Bestandes keine Gamsjagden für Gastjäger angeboten werden, werden wir einen Preisvergleich nur zwischen Mazedonien, Jugoslawien und Bulgarien vorstellen. Der Vollständigkeit halber ziehe ich noch Rumänien (Karpaten-Gams) und Slowenien (Alpen-Gams) heran.
Wenn jemand bereits auf den Alpengams gejagt hat und jetzt einmal auch außerhalb der Alpen waidwerken will, der steht sicher vor einer schweren Entscheidung. Wenn für ihn aber der günstige Preis wichtig ist und er trotzdem einmal ein wirklich starkes Stück erlegen will, ist Mazedonien für ihn wahrscheinlich die erste Wahl.
In Westmazedonien gibt es mehrere Gamsgebiete. Da zur Zeit eine einwandfreie Jagdorganisation nur in Mavrovo und Karadzica gewährleistet wird, diese zwei Reviere aber unterschiedliche Preisstruktur haben, werden sie gesondert vorgestellt. Preise im Vergleich
Die günstigsten Preise unter allen Balkanländern hat gerade bei den durchschnittlichen Bocktrophäen zwischen 100 und 110 CIC-Punkten Jugoslawien, nicht Mazedonien. Der Unterschied ist aber nicht sehr groß (und bei 110 Punkten ist der Preis gleich), und weil man in Mazedonien mehr Wild sieht und leichter starke Trophäen bekommt, hat es sicherlich einen leichten Vorteil. (Preise: Stand Februar 1998)
Bulgarien ist bei den Böcken mit 110 Punkten mit 4.450 Mark um die Hälfte, Rumänien mit 5.600 Mark fast zweimal so teuer wie Mazedonien mit seinen 3.000 oder 3.400 Mark.
Mazedonien ist aber gerade bei den Spitzentrophäen über 110 Punkte (also ab Goldmedaille) preislich unschlagbar, und solche Böcke gibt es dort tatsächlich. Denn ab Goldmedaille bis zu den absoluten Rekordtrophäen gilt in Mazedonien ein einziger Preis (3.000 oder 3.400 Mark). Nicht aber bei der Konkurrenz, wo man für jeden weiteren Punkt zwischen 200 und 500 Mark zahlen muß. In Bulgarien (wo man für einen 120-Punkte-Bock zweimal so viel zahlen müßte wie in Mazedonien) hat das wenig Sinn, weil es dort diese starken Gamsböcke überhaupt nicht gibt.
In Rumänien ist das aber durchaus möglich. Dort kostet ein 120-Punkte-Bock dreimal so viel wie in Mazedonien. Zwar könnte man in Rumänien eventuell noch einige wenige Top-Gamsreviere finden, die meisten von ihnen sind aber durch Wilderei und illegalen Abschußverkauf in einem so schlechten Zustand, daß man dort vergebens nach alten Böcken sucht. Gerade da liegt die große Chance Mazedoniens, mit seinen günstigen Preisen für vorhandene Spitzentrophäen auch anspruchsvolle Bergjäger anzulocken.
Interessant ist auch ein direkter Vergleich der Gesamtkosten für ein fünftägiges Jagdprogramm mit drei Jagdtagen, Flug (bei allen Ländern mit 700 Mark gerechnet), Revierfahrten und einem 110-Punkte-Gamsbock. In Mazedonien (sowohl Mavrovo wie Karadzica) und Jugoslawien liegen diese Gesamtkosten um 6.000 Mark, Bulgarien und Slowenien sind etwas teuerer (beide um 6.600 Mark), während Rumänien mit rund 8.000 Mark zu Buche schlägt.
Wer günstig auf starke Gamsböcke jagen und viel Wild sehen will, der ist in Mazedonien gut aufgehoben (vor allem deshalb, weil es dort auch Böcke über 110 Punkte gibt). Für absolute Gams-Spezialisten, die gut recherchiert haben und bereit sind, ein anstrengendes Jagen mitzumachen und hohe Preise zu bezahlen, ist Rumänien sicher ein lockendes Ziel. Bulgarien hat keine starken Trophäen, und es ist völlig unverständlich, woher seine überteuerte Preisgestaltung kommt. Dort lohnt es sich, auf Gams nur dann zu jagen, wenn man schon vor Ort ist und Zeit (und genügend Geld) zur Verfügung stehen.
Zu den Jagd- und Abschußkosten gehören auch Trinkgelder, die man auf der Jagd im Ausland nie vergessen darf. In Mazedonien sind die Jagdführer leider immer noch weder mit einem Anteil am Jagdpreis beteiligt noch bekommen sie eine Erfolgsprämie. Daß die Jagdorganisatoren die armen, hart schuftenden Jagdführer nicht belohnen, darf in keinem Fall als Anlaß dafür genommen werden, mit der Ausrede „ich habe doch für die Jagd bereits bezahlt“ keine Trinkgelder zu geben. 50 Mark pro Jagdtag und 100, wenn ein Stück Wild erlegt wird, ist richtig.
Toma Ivanovic