Vor Ankunft der Europäer gab es in Neuseeland, von zwei kleinen Fledermausarten abgesehen, keine Landsäugetiere. Als erste wurden Ziegen und Schweine von Europäischen Siedlern als Haustiere mitgebracht.
Eine Rotwildfarm vor malerischer Kulisse bei Lake Wanaka im Süden der Südinsel. |
Michael Herter
Seit 1851 wurde im Zuge britischer Kolonialisierung planmäßig Wild eingebürgert. Dies waren vor allem eine Vielzahl von Hirscharten, nämlich Rot-, Dam-, Sika-, Wapiti-, Weißwedel-, Rusa-, Sambar- und Elchwild. Um die Jahrhundertwende kam das Gamswild als Geschenk des letzten österreichischen Kaisers Franz-Joseph hinzu. Noch heute ist übrigens einer der größten Gletscher Neuseelands nach ihm benannt.
Tahre wurden 1904 in Neuseeland eingeführt. Sie fanden in den schroffen Gebirgen der Südinsel ideale Lebensbedingungen vor und akklimatisierten sich schnell. Auch sämtliche kleineren heutzutage häufigen Säugetiere in Neuseeland wurden bewußt ausgewildert oder kamen unbemerkt mit den ersten Siedlern ins Land, wie etwa die Ratte. Feldhasen und Kaninchen nahmen rasch überhand, und zu ihrer „Bekämpfung“ wurden zum Beispiel Wiesel eingeführt. Das Opossum sollte den Aufbau einer einheimischen Pelzindustrie ermöglichen.
Fast allen diesen „Neubürgern“ gemein ist die Tatsache, dass sie sich aufgrund mangelnder Feinde gut, oft zu gut vermehrten. Die ursprüngliche Fauna Neuseelands, die praktisch keine Beutegreifer kannte, war darauf in keiner Weise vorbereitet. Populäres Beispiel ist der Kiwi-Vogel, das Nationalsymbol Neuseelands. Dieser hühnergroße, rundliche und flugunfähige Vogel bewohnte einst beide Hauptinseln fast flächendeckend. Heute ist er stark zurückgedrängt. Hunde, Wildschweine, streunende Katzen, Wiesel und Ratten machen Jagd auf den wehrlosen Vogel oder das Gelege.
Zu den einheimischen Vögeln, die auch der Tourist leicht zu Gesicht bekommt, gehören die Keas. Dieser große, bräunlich-grüne Papagei ist ein „sympathischer Geselle“, der rasch zutraulich wird. Wer beispielsweise den Franz Joseph-Gletscher besucht, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit schon am Parkplatz um Futter angebettelt. Hier wird jedoch auch auf Schildern vor den destruktiven Neigungen dieser Vögel gewarnt, denn mit ihren starken Schnäbeln können sie durchaus Schäden, etwa an Autos, anrichten.
Nicht nur Säugetiere wurden eingeführt, auch Flugwild brachten die Siedler mit: Kanadagänse, Stockenten, Fasane und Steinhühner. Außerdem auch die für den Sportfischer heute wichtigsten Süßwasserfische, nämlich Forellen und Lachse. Hier sind die negativen Auswirkungen nicht so offensichtlich zu Tage getreten, streng genommen handelt es sich natürlich trotzdem um Faunenverfälschung.
Eingeführte Wildarten
Bereits in den 30er Jahren wurden staatliche Jäger beauftragt, die Bestände der eingeführten Wildarten, insbesondere des Rotwildes, zu verringern. Während des zweiten Weltkriegs fand praktisch keine Bejagung statt, das Wild konnte sich weiter stark vermehren, es kam erneut zu starken Schäden an der Vegetation. In den großen, wilden Urwaldgebieten und Bergregionen war eine wirksame Bejagung ohnedies kaum möglich.
In den 60er Jahren änderte sich die Situation: Jetzt wurden Hubschrauber zur Schalenwildreduzierung eingesetzt. Dies wurde auch durch Wildbretexporte, vor allem nach Deutschland, gefördert. Mitte der 70er Jahre, auf dem Höhepunkt der Hubschrauberjagd, waren etwa 60 Helikopter im Einsatz. Pro Tag und Hubschrauber wurden etwa 100 Stück Wild, vor allem Rotwild, geschossen.
Durch diese massiven Eingriffe wurden die Wildbestände rasch reduziert. Ganze Rudel konnten problemlos getötet werden, weil das Wild, seinem natürlichen Verhalten folgend, sich im Rudel zusammendrängte und bergwärts floh, was die Hubschrauberjagd erleichterte.
Nach einer „Lernzeit“ änderte das Wild jedoch sein Verhalten, und drückte sich beim Erscheinen eines Helikopters einzeln talwärts in Dickicht und Unterwuchs. So konnte letzlich auch das Schießen vom Hubschrauber die Schalenwildbestände zwar verringern, aber nicht gänzlich ausrotten. Heutzutage spielt diese Jagdform keine Rolle mehr, auf Tahr wurde sie sogar schon 1983 verboten.
Jagd heute
Jagdgesetze, wie wir sie kennen, fehlen in Neuseeland praktisch völlig. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, besteht auf alle Wildarten ganzjährig Jagdzeit, und Abschußlimits oder Gebühren fehlen auch.
Dies lässt dem einzelnen Outfitter und jedem Jäger viel Freiheit, die natürlich auch missbraucht werden kann. Jagd ist Charaktersache. Ein Jäger, der hier unwaidmännisch jagen will, kann es tun. Ein Jäger aber, der fair jagt, der Wild, Jagd und Natur liebt, der findet hier tatsächlich ein Stück Jagdparadies, wie es kaum noch irgendwo auf dieser Welt zu finden ist.
Zum Beispiel bei der Gamsjagd an der Westküste der Südinsel, auf Staatsländereien. Hier beschränken sich die Vorschriften auf folgendes Minimum: Man braucht eine Jagdbewilligung, und man darf keinen Abfall zurücklassen. Fertig. Hier darf auch der Tourist ohne Führer jagen.
Die Schwierigkeiten liegen mehr im „Detail“. Die leicht zugänglichen Stellen sind überjagt, und um an die interessanteren Stellen zu gelangen, braucht man oft einen Helikopter, viel Ausrüstung, Ortskenntnisse und Erfahrung. So wird es auch hier in der Regel sinnvoller sein, sich einem einheimischen Jagdführer anzuvertrauen.
Wildbewirtschaftung, wie wir sie kennen, findet hauptsächlich auf privatem Land statt. In der Regel sind es professionelle Jagdführer, die mit den Grundbesitzern Abmachungen treffen, um als einzige auf dem betreffenden Land Jäger führen zu dürfen. Dadurch ist eine nachhaltige Nutzung möglich. Für den Landeigentümer hat dies den Vorteil eines sicheren Zusatzeinkommens, während der Jagdgast von den guten Wildbeständen profitiert.
Vorsicht ist für den Gastjäger aus fernen Ländern bei der Buchung der Jagd angesagt, weil es bei soviel Freiheit natürlich auch Missbrauch gibt. Um zu verhindern, dass man in wildleeren, leicht erreichbaren Staatsländereien erfolglos bleibt, oder, noch schlimmer, in Kleinstgattern zum Schuss gebracht wird, muss der Outfitter sorgfältig ausgesucht werden.
Neben Referenzen sollte man darauf achten, dass der Veranstalter Mitglied in der „New Zealand Registered Hunting Guides Association“ (NZRHGA) ist. Gerade beim Rotwild ist die Gefahr sonst groß, im Gatter zu jagen. Es gibt zahllose Rotwildgatter in Neuseeland, die neben der Fleischproduktion für den Export vor allem zur Gewinnung von Bastgeweihen dienen. Das Leben eines Gatterhirsches in Neuseeland sieht dabei ungefähr wie folgt aus: rund die ersten zehn Lebensjahre als Bastproduzent, danach „zur Pension ins Jagdgatter“, um von einem „Jäger“ mit Bogen, Schwarzpulver oder Büchse nach „anstrengender und spannender“ Pirsch erlegt zu werden.
Fast schon paradiesisch sind die Jagdmöglichkeiten auf Niederwild, auch wenn kaum jemand extra deswegen die weite Anreise auf sich nehmen wird. Hase und Kaninchen kommen oft in unvorstellbaren Mengen vor und werden von Landbesitzern als Plage angesehen. So wird man fast überall willkommen sein, wenn man auf diese eingeführte Arten jagen will.
Aber auch Wasserwildjagden sind sehr ergiebig. Zur richtigen Zeit am richtigen Fleck können zwei Jäger bei einem Abendstrich schon mal 100 Kanadagänse erbeuten. Auch Stockenten, Grauenten und Paradiesenten kommen in großer Anzahl vor.
Michael Herter