Die Großwildjagd ist untrennbar mit dem schwarzen Kontinent verbunden. Die bei der Jagd in Afrika benutzten Waffen stammen dagegen meist aus Europa oder den USA. Doch auch Südafrika selbst hat eine leistungsfähige Waffenindustrie, und nach Aufhebung des Embargos kommen wieder verstärkt Waffen und Munition nach Europa
Die Vektor ist eine klassische Afrika-Büchse und wird in den zwei bewährten Kalibern .300 und .375 Holland & Holland Magnum gefertigt. |
Von Norbert Klups
Die Firma Kettner importiert eine von Vektor in Südafrika gefertigte Großwildbüchse mit dem klangvollen Namen „African Professional Hunters“. Vektor ist eine bekannte Waffenschmiede, die neben Repetierern auch Kurz- und Militärwaffen fertigt. Sie gehört genauso wie der Munitionshersteller PMP zum großen Demel-Konzern.
Genügend Know-how zum Bau einer praxisgerechten Büchse ist also vorhanden, zumal man „vor Ort“ auf die Erkenntnisse von professionellen Jagdführern zurückgreifen kann. Liegt doch das „Testgelände“ für eine Großwildbüchse direkt vor der Haustür.
Die Vektor ist eine klassische Afrika-Büchse und wird in den zwei bewährten Kalibern .300 und .375 Holland & Holland Magnum gefertigt. Die Testwaffe war für die .375 eingerichtet.
Sie gilt als Universalpatrone für Afrikajäger. Ausreichend rasant, um auch größere Schussentfernungen zu meistern, bringt sie genügend Energie ins Ziel, um auch schweres Wild zur Strecke zu bringen. Wenn es allerdings auf maximale Stoppkraft ankommt, etwa bei der Bejagung von Elefant oder Büffel im Dickbusch, greifen erfahrene Großwildjäger lieber zu etwas dickeren Pillen. Sonst aber ist die .375 für die ganze Palette des afrikanischen Wildes brauchbar und wird auch auf starkes nordamerikanisches Wild geführt. Selbst in den Jagdländern Osteuropas auf Maral oder starke Sauen erscheint mir dieses Kaliber nicht überdimensioniert.
98er Verschluss als Vorbild
Das Vektor-System kann seine Abstammung vom 98er-System kaum verleugnen. Die Kammer verriegelt nach 98er-Art mit zwei Verschlusswarzen im Kammerkopf. Auch der gerade, bei Großwildbüchsen so bewährte lange seitliche Patronenauszieher ist vorhanden. Der Hülsenkopf fällt aber länger aus als beim 98er, und das System ist auf die lange .375 H & H Magnum abgestimmt.
Das Ladefenster fällt mit nur 82 Millimetern zu kurz aus, so dass beim Laden des Magazins die Patronen zuerst unter die Hülsenbrücke eingebracht werden müssen. Auf die lange Führungsschiene an der Kammer verzichtet Vektor und setzt statt dessen eine Führungswarze in den hinteren Teil der Kammer ein. Sie dient gleichzeitig als Sicherheitswarze.
Der Verschlusshalter ist als flache Drucktaste ausgebildet und sitzt an der linken Seite der Hülse. Genau auf Höhe des Abzugs liegt der lange, nach hinten gekröpfte Kammerstengel. Zum schnellen Repetieren eine ideale Anordnung.
Das System arbeitete einwandfrei, alle Patronen wurden tadellos zugeführt und der von unten in die Kammerbahn ragende Auswerfer beförderte die leeren Hülsen problemlos aus dem Verschluss.
Die Drei-Stellungs-Sicherung rechts am Schlösschen sperrt die Schlagbolzenmutter und arbeitet horizontal. Einer flachen Zielfernrohrmontage steht somit nichts im Wege. Wenig gefallen konnte allerdings die nicht rastbare und klar definierte Mittelstellung der Sicherung. Allzu leicht rutscht der kleine Hebel in die Position „Entsichert“, wenn eigentlich nur ein Aufheben der Kammersperre geplant war.
Der verstellbare Direktabzug war ab Werk auf 1750 Gramm justiert und zeigte eine trockene Charakteristik. Das Abzugsgewicht ließe sich zwar noch verringern, bei einer großkalibrigen Büchse sind zu sensible Abzüge aber nicht zu empfehlen.
Das fest eingebaute Magazin kann über einen Klappdeckel schnell und bequem entladen werden. Dazu bedarf es nur der Betätigung des im Abzugsbügel positionierten Drückers. Über Klappdeckel an Großwildbüchsen kann man sowieso geteilter Meinung sein. Denn es besteht immer die Gefahr des unbeabsichtigten Öffnens. Und in einer gefährlichen Situation kann das übel enden. Dafür ist die Möglichkeit, das Magazin auf einen Rutsch zu entleeren, sehr viel bequemer als die vier Patronen nacheinander aus dem Magazin repetieren zu müssen.
Unprofessionelle Visierung
Der 61 Zentimeter lange, spiegelblanke Lauf aus Spezial-Gewehrlaufstahl mit gehämmerten Feldern und Zügen hat eine ordentlich angesenkte Mündung. Als Visier dient ein Standvisier mit einer Klappe in der typischen Schmetterlingsform.
Heute gibt es weitaus bessere Formen als dieses Kimmenblatt, das sehr viel vom Ziel verdeckt. Und auch der Visiersockel ist lediglich auf den Lauf gelötet, der Kornträger nur aufgeschraubt und nicht mit Laufringen befestigt. Bei einer Waffe für fast 3700 Mark eine recht billige Lösung.
Dazu kommt, dass der Kornträger zwar über eine Längsguillochierung verfügt, der Visiersockel aber auf der dem Schützen zugewandten Seite hochglanzpoliert ist. Mit der Sonne im Rücken dürften sich hier die schönsten Lichtreflexe einstellen, die das Zielen und Treffen zur reinen Glücksache machen. Abkleben mit mattem Tesafilm schafft hier zwar wirksame Abhilfe, doch bei einer Waffe mit dem Namen „African Professional Hunter’s“ dürfte man eigentlich mehr erwarten – oder schießen afrikanische Jagdführer heute nur noch übers Zielfernrohr?
Guter Schaft – schlecht tragbar
Die Vektor verfügt über einen Safari-Schaft in klassischer Form mit geradem, leicht ansteigendem Rücken, der die Rückstoßkräfte sehr günstig auf die Schulter des Schützen überträgt. Die Waffe schießt sich dadurch ausgesprochen angenehm. Der Pistolengriff hat eine rechtsseitige Verdickung und füllt dadurch die Hand des Schützen gut aus.
Vorderschaft und Pistolengriff sind mit umlaufender Fischhaut verschnitten, die aber nicht wirklich scharf ist. Der Schaft ist im Bereich des vorderen Hülsenkopfes mit einem Widerlager ausgerüstet, das dafür sorgt, dass der Rückstoßimpuls nicht nur durch die Konturen der Verschlusshülse und der Verbindungsschrauben, sondern auch vom Widerlager auf den Schaft übertragen wird.
Vorn schließt der Schaft mit einer Schaftnase aus dunklem Edelholz ab. Hinten endet er mit einer 15 Millimeter dicken, unventilierten Gummikappe. Ein Pistolengriffkäppchen ist nicht vorhanden, dafür ist das Vektor-Emblem in das Holz eingelassen.
Der Lauf liegt ab dem Visiersockel am Holz an und kann so nicht frei schwingen. Die Büchse zeigte trotzdem eine gute Schussleistung. Allerdings können sich später immer noch Veränderungen in der Treffpunktlage zeigen – gerade wenn sich das Holz durch raschen Temperaturwechsel oder Feuchtigkeit verzieht.
Völlig „unprofessionell“ erscheint mir die Plazierung des vorderen Riemenbügels. Er sitzt am Vorderschaft und damit 42 Zentimeter von der Mündung entfernt. Die Büchse ist so sehr schlecht ausbalanciert und läßt sich nicht vernünftig tragen. Anscheinend transportieren afrikanische PH´s ihre Gewehre nur noch im Auto.
Überzeugende Schussleistung
Um die Präzision der Testwaffe zu überprüfen, wurde mittels einer Warne-Kippmontage ein Leupold Zielfernrohr Vari-X-II 4-12×40 montiert. Sicher nicht das richtige Glas für eine Großwildbüchse, dafür aber hervorragend geeignet, um Trefferbilder zu schießen. Die Hülsenbrücken der Vektor sind mit Gewindelöchern für eine ZF-Montage ab Werk versehen, die durch kleine Madenschrauben verschlossen sind.
Als Munition standen Patronen von PMP und RWS zur Verfügung. Die Testwaffe zeigte mit beiden Munitionsorten eine gute Schußleistung und erbrachte Trefferbilder von 2,9 Zentimetern bei fünf Schüssen aus dem Schießgestell. Für eine Waffe dieses Kalibers ein hervorragendes Ergebnis.
Die Übergänge von Holz zu Metall halten sich für eine Serienwaffe im normalen Rahmen. Alle Metallteile sind gut poliert und schwarz brüniert. Mit einem Gewicht von 4250 Gramm ohne Optik und einer Gesamtlänge von 116,5 Zentimetern ist die Vektor für eine Großwildbüchse noch recht führig.
Zu einem Preis von 3698 Mark liefert Vektor eine sicher funktionierende und sehr gut schießende Repetierbüchse mit praxisgerechtem Schaft. Bei den Details, wie nicht blendfreiem Visiersockel und unmöglich platzierten Riemenbügeln, erlaubt man sich aber erhebliche Schwächen. Das sind jedoch kleine Details, die der Hersteller schon im Werk beheben sollte.
Tabellen:
Technik auf einen Blick
Paul Parey Zeitschriftenverlag