.600 Nitro Express

14556

Die Firma Jeffery brachte diese Patrone der Superlative 1903 als Konkurrenz zur .577 Nitro Express heraus. Bis zum Erscheinen der .460 Weatherby Magnum – erst 55 Jahre später – war die .600 N.E. die stärkste serienmäßig geladene Patrone der Welt.

.600 Nitro Express

Von Norbert Klups
Die .600 Nitro Express war von Anfang an für rauchloses Pulver konstruiert. Eine Schwarzpulver-Version hat es nie gegeben. Das 900 Grains (58,3 g) schwere Vollmantelgeschoss der gewaltigen Patrone wirkt im wahrsten Sinne des Wortes umwerfend – wenn die Kugel richtig platziert ist. Die Stoppwirkung ist absolut zuverlässig – auch wenn die .600er Patrone nicht ganz die Durchschlagskraft der .577 Nitro Express erreicht.

Ein Kopftreffer lässt einen angreifenden Elefanten sofort zu Boden gehen – auch wenn keine tödliche Stelle getroffen ist. Auf jeden Fall bleibt dann genug Zeit für den Fangschuss aus dem zweiten Lauf. Wer die Nerven hat, einen annehmenden Dickhäuter so nahe heranzulassen, um einen präzisen Schuss auf den Kopf anbringen zu können, muss auch den gewaltigen Rückstoß ohne Mucken verkraften. Wer das kann, ist mit einer Doppelbüchse im Kaliber .600 Nitro Express bestens ausgerüstet.

Waffen in diesem Kaliber sind absolute Spezialwaffen und finden sich meist in den Händen von Berufsjägern, die sie aber auch nur bei der Nachsuche in unübersichtlichem Gelände einsetzen. Viele Experten halten sie mit einer Mündungsenergie von über 10.000 Joule aber selbst bei Elefanten für überzogen.

Zwei Laborierungen

Ursprünglich gab es die Patrone in zwei unterschiedlich starken Laborierungen. Die stärkere war 594 m/s schnell (10.304 J), die schwächere 564 m/s (9.287 J).

Mit den heutigen, modernen Pulvern können Patronen in diesem Bereich problemlos geladen werden. Neuerdings gibt es wieder Fabrik-Laborierungen, was die Munitionsversorgung einer Waffe in diesem Kaliber unproblematisch macht. Als die traditionsreiche Munitionsfabrik Kynoch ihre Pforten schloss, sah es eine Zeitlang schlecht damit aus.

In Anbetracht der horrenden Kosten für eine Patrone und der Möglichkeit des Wiederladers, die Läufe einer Doppelbüchse durch Variationen bei der Laborierung zum Zusammenschießen zu bringen, ist die .600 N.E. eine für den Wiederlader interessante Patrone, auch wenn der Munitionsverbrauch bei diesem Kaliber naturgemäß nicht sehr groß ist.

Fabrikpatronen sind in Deutschland von Wolfgang Romey erhältlich. Die Firma A-Square wird auch bald wieder Munition produzieren, so dass in absehbarer Zeit ebenfalls wieder von diesem Hersteller Munition im Handel sein wird.

Das Geschossgewicht beträgt bei allen Fabrik-Laborierungen 900 Grains. Die Hülsenbeschaffung ist durch das Verschießen von Originalmunition möglich oder durch den Kauf von leeren Hülsen von Bertram oder Bell: Kein billiges Vergnügen, eine Hülse kostet knapp 15 Euro.

Ähnlich exklusiv und teuer geht es bei den Geschossen zu. Geschosse mit dem Durchmesser von .620 werden von Barnes, Woodleigh, A-Square und Degol hergestellt. Angeboten werden jeweils Teil- und Vollmantelgeschosse von 900 Grains. Barnes hat auch ein leichteres Geschoss mit 750 Grains Gewicht im Programm, das für die Laborierungsversuche aber nicht beschafft werden konnte.

Es sind frühe .600 N.E.-Doppelbüchsen mit engen Läufen bekannt, die für Geschosse von .616 ausgelegt sind. Aus solchen Waffen dürfen keine modernen .620er Mantelgeschosse verfeuert werden. Wer eine sehr alte .600er besitzt, sollte den Lauf ausmessen. Ist er zu eng, dürfen nur Bleigeschosse benutzt werden.

Als Treibladungspulver kommen nur die langsam abbrennenden Sorten in Frage, um eine möglichst hohe Ladedichte zu erhalten. Von Experimenten mit Füllstoffen sollte abgesehen werden. Die Geschosse müssen mit einem soliden Rollcrimp gesichert oder eingeklebt werden. Zum Anzünden der hohen Pulvercharge sind unbedingt Magnum-Zündhütchen erforderlich. Als Testwaffe diente eine Holland&Holland-Doppelbüchse mit 65 Zentimeter langen Läufen. Mit allen angegebenen Ladungen wurde eine gute Präzision erreicht. Die Geschwindigkeit wurde drei Meter vor der Laufmündung gemessen.

Weil keine Garantie dafür besteht, mit welcher Sorgfalt und welchen Komponenten der Wiederlader arbeitet, noch in welchem Zustand sich die Waffe befindet, in der er seine Munition verschießt, erfolgt die Angabe der Ladedaten in jeder Hinsicht ohne Gewähr!

geschoss-Auswahl im Kaliber .600 Nitro Express
Die geschoss-Auswahl im Kaliber .600 Nitro Express ist nicht groß und beschränkt sich im Wesentlichen auf 900 Grains schwere Voll- und Teilmantel-Geschosse.

 

Tabellen:
Geschosspalette
Fabriklaborierungen
Ladedaten
Fotos: Norbert Klups

ANZEIGEAboangebot