In einigen afrikanischen Jagdländern ist als Mindestkaliber für die Big Five eine Patrone mit einem Geschossdurchmesser von 9,5 Millimetern vorgeschrieben. Damit ist die 9,3×64 illegal und darf nicht eingesetzt werden. Recht einfach wäre es gewesen, die 9,3x64er Hülse lediglich etwas aufzuweiten und mit .375er Geschossen zu laborieren
Von Norbert Klups
Aber die 9,5 x 66 SE vom Hofe hat eine andere Mutterhülse, denn sie hat schon eine lange Vorgeschichte und lag in etwas anderer Form bereits viele Jahre in der Schublade des Munitionsexperten Walter Gehmann.
Die bekannte Großwildpatrone .375 Holland & Holland Magnum kann fast als Universalpatrone für den Afrikajäger bezeichnet werden.
Ausreichend rasant, um auch größere Schussentfernungen zu meistern, bringt sie genügend Energie ins Ziel, um auch schweres Wild zur Strecke zu bringen.
Lediglich wenn es auf maximale Stoppkraft ankommt, etwa bei der Bejagung von Elefant oder Büffel im Dickbusch, greift der erfahrene Großwildjäger lieber zu einer etwas dickeren Pille. Sonst aber ist die .375 H&H für die ganze Palette des afrikanischen Wildes brauchbar und wird auch gern auf starkes nordamerikanisches Wild geführt.
Selbst in den Jagdländern Osteuropas auf Maral oder starke Sauen ist dieses Kaliber nicht überdimensioniert. Die lange Hülse verlangt aber nach einem Magnumsystem und die so beliebten 98er Systeme müssen recht aufwändig umgebaut werden.
In diesem Punkt ist die Brenneke Konstruktion 9,3×64 klar im Vorteil. Sie passt so, wie sie ist, ins Mausersystem. Auch bezüglich der Leistung braucht sie sich hinter der englischen Konkurrenz nicht zu verstecken.
Ihr einziger Nachteil liegt im Geschossdurchmesser, der für die Jagd auf Big Five juristisch nicht ausreicht. Die hier vorgestellte Patrone hat aber eine andere Mutterhülse, denn sie hat schon eine lange Vorgeschichte.
Walter Gehmann griff natürlich auf eine Hülse aus eigenem Haus zurück und wählte als Ausgangshülse die 7×66 SE vom Hofe, die auf .375 aufgeweitet wird. Ursprünglich war sogar eine 9,6×66 vom Hofe mit völlig neuer Hülse geplant, die aber über das bloße Reißbrett-Stadium niemals hinaus gelangte.
Die neue Hülse hätte bei einem Bodendurchmesser von 15,75 Millimeter das enorme Hülsenvolumen von 7,55 Kubikzentimetern gehabt. Damit wäre die Leistung der .378 Weatherby, die ein Hülsenvolumen von 7,66 Kubikzentimetern aufweist, problemlos möglich gewesen.
Gehmann verwirklichte diese Patrone nicht, da er wenig Sinn darin sah, eine Patrone mit praktisch identischer Leistung zu schaffen und gegen die auf dem Weltmarkt schon etablierte Konkurrenz von Weatherby anzutreten.
Die zweite Patrone entstand im Jahre 1967 auf Basis der .404 Jeffery und bekam den klangvollen Namen 9,3×75 v. Hofe Maximum.
Mit einem Hülsenvolumen von 6,93 Kubikzentimetern wurde ein 17 Gramm schweres Geschoss auf eine Mündungsgeschwindigkeit von 950 m/s beschleunigt. Mit 7370 Joule war dies damals die mit Abstand stärkste 9,3mm Patrone.
Diese neue vom Hofe Patrone war nicht nur Theorie, sondern wurde erfolgreich in Uganda auf Elefant, Büffel und Flusspferd getestet. Kommerziell genutzt wurde aber auch diese interessante Entwicklung nicht, denn der Weltmarkt für Großwild-Munition versprach für eine neue Patrone dieser Leistungsklasse damals, Anfang der 70er Jahre, keine großen Verkaufserfolge.
Als dann die englische Firma Westley Richards nach einer Patrone für Mauser Systeme im Kaliberbereich .375 suchte, entschloss Walter Gehmann sich zu einem dritten Anlauf und wählte diesmal die 7×66 SE. vom Hofe als Grundhülse.
Damit steht reichlich Pulverraum zur Verfügung, um die Leistung der .375 Holland &Holland sogar noch zu übertreffen. Die Fertigung der Patronen und die Entwicklung der endgültigen Laborierung ist bei Wolfgang Romey/Petershagen erfolgt, der auch die anderen vom Hofe Kaliber für Gehmann fertigt.
In England kam diese Patrone gleichzeitig als .375 Westley Richards, ebenfalls von Romey gefertigt, auf den Markt. Die Fabrikpatronen sind auf eine Vo von etwa 820 m/s geladen. Damit ergibt sich bei einem 300 Grains schweren Geschoss eine Mündungsenergie von 6 600 Joule.
Somit liegt die neue Patrone um gut 800 Joule über den Werten der .375 Holland&Holland und kommt schon der .378 Weatherby sehr nahe (Zum Vergleich: .375 H&H, Winchester Silvertip 300 Gr.: 772 m/s, 5781 Joule).
Das Rückstoßverhalten ist etwa mit dem der .375 H&H zu vergleichen und wesentlich angenehmer als das der .378 Weatherby. Die Hülsenbeschaffung ist bei diesem Kaliber nicht ganz einfach. Wird der benötigte Hülsenvorrat nicht durch das Verschießen von Fabrikpatronen gewonnen, so bleibt nur die Möglichkeit, die Mutterhülse 7×66 SEvH zu verwenden, die aber auch nicht gerade häufig zu finden ist.
Dafür sieht es bei den Geschossen sehr gut aus, denn der Geschossdurchmesser von .375 ist recht beliebt, und es besteht eine reiche Auswahl. Die Geschosspalette reicht von 200 bis 350 Grains, und damit hat der Wiederlader eine Menge Möglichkeiten.
Bei vielen der leichteren Geschossen ist aber zu bedenken, dass sie oft für wesentlich schwächere Patronen wie etwa .375 Winchester gedacht sind und meist über sehr dünne Mäntel verfügen. Beim Einsatz auf Wild ist daher mit geringer Tiefenwirkung zu rechnen.
Bei den Treibladungsmitteln sind die mittelschnell bis langsam abbrennenden Pulver in Anbetracht der Hülsenform der 9,5×66 SE vom Hofe die beste Wahl. Für wirklich progressive Sorten ist der Pulverraum zu klein, um genügend Treibladungspulver unterzubringen.
Besonders RWS R 904 und Kemira N 140 oder N 150 haben sich als sehr gut erwiesen, wenn Geschosse mit dem beliebten Geschossgewicht von 19,5 Gramm verladen werden.
Bei den leichteren Geschossen können auch schneller abbrennende Pulver wie IMR 4895 eingesetzt werden. Auch für leicht reduzierte Ladungen, etwa, um die starke Patrone auf heimischen Drückjagden auf Rot- und Schwarzwild einzusetzen, haben sich die offensiveren Pulver gut bewährt.
Die Werkzeugbeschaffung ist kein großes Problem. Wiederladematrizen sind bei den bekannten Firmen zu bekommen, allerdings sind sie recht teuer, da das Kaliber nicht gerade als Standardkaliber gilt. Obwohl Standardzündhütchen für die mittelschnellen Pulver eigentlich ausreichen, haben sich starke Magnumzünder als vorteilhaft für die Präzision erwiesen.
Zur Ermittlung der Ladedaten wurde eine Repetierbüchse mit 60 Zentimeter Lauflänge benutzt. Die Geschossgeschwindigkeit wurde drei Meter vor der Laufmündung gemessen.
Weil keine Garantie dafür besteht, mit welcher Sorgfalt und welchen Komponenten der Wiederlader arbeitet, noch in welchem Zustand sich die Waffe befindet, in der er seine Munition verschießt, erfolgt die Angabe der Ladedaten in jeder Hinsicht ohne Gewähr!
Die Tabellen “Geschosspalette” und “Ladedaten” finden Sie im Heft 6/01.
Fotos: Norbert Klups