Very British

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Für den Test stand ein Original Holland & Holland Repetierer im neuen Kaliber .400 H.&H. Belted Magnum Rimless zur Verfügung. Er konnte nicht bis ins letzte Detail überzeugen.

Roland Zeitler

Repetierer
Der Repetierer wurde auf der Basis eines Mauser 98 Standard-Systems gebaut.

 

Holland & Holland-Waffen gelten als besonders praxisgerecht und zuverlässig. Man hat jahrzehntelang aus dem reichen Erfahrungsschatz vieler berühmter Großwildjäger gelernt, als im Britischen Empire die Sonne nie unterging. Die reichen „Wildgründe“ in Indien und den afrikanischen Kolonien seien hier nur beispielhaft genannt. So waren Holland & Holland-Jagdwaffen Gewehre für die harte Praxis, egal ob im feuchten Schottland, kalten Alaska oder heißen Afrika gejagt wurde. Viele namhafte Jäger führten überwiegend Waffen dieser Firma und tun es noch heute.
Der vorliegende Repetierer ist eine klassische Großwildbüchse im typisch englischen Stil. Man erkennt das schon am kurzen Vorderschaft ohne Schaftkappe, dem klassischen Hinterschaft und dem ureigenen englischen Ölfinish, aber auch an der alten Laufform, dem offenen Visier und der seitlichen Original Holland & Holland Montage, mit der man das Swarovski Zielfernrohr PV 1,25-4×24 montiert hat.
Die Waffe strahlt einfach Tradition, Klassik und Gediegenheit aus. Ein Repetierer für die Praxis, der einfach edel wirkt, aber eben ohne Gravur und ohne überflüssigen „Schnick-Schnack“. Der Schaft besteht aus sehr schön gemasertem Wurzelnussbaumholz. Es verläuft im Griffbereich recht gerade, weist aber schon wieder im Systembereich eine „flammende“ Maserung auf. Das Holz wurde perfekt glatt geschliffen und erhielt ein mehrschichtiges Ölfinish im seidenmatten Ton.
Der Hinterschaft hat einen geraden Rücken, eine Deutsche Backe mit Falz sowie einen langgezogenen Pistolengriff. Er schließt nach schwarzer Zwischenlage mit dunkelroter Gummischaftkappe ab. Ich finde den schmalen, langgezogenen Griff perfekt. Der Pistolengriff an der Holland & Holland erlaubt ein schnelles, sicheres Greifen, um blitzschnell in Anschlag zu gehen. Der Pistolengriff verhindert zusammen mit dem sehr großen Abzugsbügel ein Fingeranschlagen im Schuss.
Der kurze Vorderschaft ist wohlgerundet und schlank. An ihm und dem Pistolengriff ist eine mittelfeine, scharfe und sauber geschnittene Fischhaut geschnitten. Im Bereich des Magazinkastens wurde der Schaft formschön nach unten gezogen. Alle Übergänge sind wohlgerundet. Im Auswurffensterbereich schrägte man den Schaft leicht ab. Der Pistolengriff schließt mit Stahlkäppchen ab, in dem sich ein Fach mit Ersatzkorn befindet.
Hansgeorg Arndt

Hansgeorg Arndt

Repetierer
Ein Blick auf das System mit seitlicher Zielfernrohr-Montage und horizontal wirkender Drei-Stellungs-Sicherung.

 

Standard-Mausersystem

Die Waffe basiert auf einem Original Mauser 98er System in Standardlänge. Die .400 H.&H. Magnum lässt sich darin noch unterbringen. Das System wurde sehr sorgfältig bearbeitet. Die Passungen perfektionierte man, und alle Gleit- und Führungsflächen wurden spiegelblank poliert.
Das Kastenmagazin aus Stahl hat eine Innenlänge von 92,7 Millimetern. Es besitzt einen Klappdeckel zum Entladen. Die Entriegelung erfolgt im Abzugsbügel.  Die Passung der federbelasteten Verriegelung im Abzugsbügel ist hervorragend. Man muss schon sehr genau hinsehen, um sie zu erkennen. Beibehalten hat man das Daumenloch, den langen, nicht rotierenden Auszieher und den seitlichen Kammerstopper. Während der Auszieher hell blieb, hat man die Kammer brüniert. Im Laufe der Zeit reibt sich diese Brünierung natürlich ab. Der gerade Kammerstängel mit Kehlung mündet in eine dicke Kugel. Sie ist sicher greifbar.
Als Schlösschen wählte man ein flaches Schlösschen mit horizontaler Dreistellungssicherung Art Winchester 70. In hinterster Stellung blockiert sie die Kammer und wirkt direkt auf den Schlagstift. Der Sicherungsflügel ist in dieser Stellung gegen unbeabsichtigtes Entsichern gesichert. Man drückt einen Knopf an der Schlösschenseite zum Entriegeln des Sicherungsflügels und kann danach entsichern. In der Mittelstellung (gesichert, Entladestellung) ist der Sicherungsflügel nicht mehr gesichert. Man kann beim In-Anschlag-gehen schnell entsichern, braucht aber keine Angst haben, dass sich die Waffe beim Durchdringen von Busch mal unbeabsichtigt entsichert.
Das geschlossene Schlösschen schützt gut vor dem Eindringen von Staub oder Nässe. Hinten tritt gut fühl- und sichtbar die Schlagbolzenmutter aus. Nach wie vor ist das Mauser 98er System noch erste Wahl bei Großwildjägern. Es ist sehr robust, schmutzunempfindlich und bietet eine zuverlässige Patronenzufuhr (kontrolliert aus dem Magazin durch Ausziehkralle). Auch eine im Patronenlager festsitzende Hülse bringt man dank Lockerungskurve und stabilem Auszieher in aller Regel heraus. Gasfreiräume in der Kammer sorgen für Schutz und Sicherheit. Das flache Schlösschen bietet aber nur ein abgeschwächtes Gasschild. Die Patronenzufuhr erfolgte in allen Lagen zuverlässig und reibungslos. Der Schlossgang istgleichmäßig und leicht.
Als perfekt ist der Abzug zu beurteilen. Schon das stark gewölbte, glatte Abzugszüngel ermöglicht eine sehr gute Fingerauflage. Der Abzug stand wirklich supertrocken und brach wie Glas. Man meint, einen Matchabzug zu bedienen. Der Widerstand lag bei 1,35 Kilogramm. Übrigens wurden Hinterfußplatte, Hülsenkopf sowie Oberseiten der Visiersättel stark punziert, um Lichtreflexe zu vermeiden.

Klassischer Lauf

Der  63,5 Zentimeter lange Lauf hat die klassische, stufenlose Form alter Großwild-Repetierer. Er verjüngt sich von 32,5 Millimetern an der Wurzel  bis zur 19,5 Millimeter durchmesserstarken Mündung. Mittels solider Laufringe wurden Riemenbügel, sowie die Visiersättel befestigt. Alles nicht graziös, sondern kräftig und robust. Die Riemenbügelöse für abnehmbare Riemenbügel liegt 30 Zentimeter von der Mündung entfernt.
Die Waffe lässt sich sehr bequem tragen. Leider wurde der hintere Riemenbügel im Schaft nicht doppelt verschraubt, so dass er sich bei „Gewaltanwendung“ drehen lässt.
Das Express-Visier hat eine Standkimme in Schmetterlingsform, aber mit tiefem V-Ausschnitt für 100 Meter. Die Klappe ist für die 200-Meter-Entfernung. Die Kimmen weisen mittige Goldlinien auf. Das buntmetallhinterlegte Rundkorn misst  zwei Millimeter im Durchmesser. Es ist ein umklappbarer und in jeder Stellung arettierbarer Kornschutz vorhanden. Er kann per seitlichem Knopfdruck (federbelastet) entriegelt werden.
Das System mit Lauf wurde perfekt eingeschäftet. Eine Querbolzen-Vschraubung bildet das Rückstoßlager. Außen wurde sie rosettenartig graviert und buntgehärtet. Die Holz- und Metallpassungen wurden extrem penibel ausgeführt. Der Schaft liegt am Lauf an. Das ist bei hochwertigen Customwaffen im starken Kaliberbereich üblich. Bei dem starken Lauf beeinflusst es nach meiner Erfahrung die Schussleitung sowie das Warmschussverhalten nicht. Das hat aber den Vorteil, dass kaum Schmutz zwischen Lauf und Schaft eindringt!

Zielfernrohr-Montage

Das Zielfernrohr hat eine original Holland & Holland-Einhakmontage. Die Fußplatten werden seitlich angebracht: die Vorderfußaufnahme an die Hülsenwand geschraubt, die Hinterfußaufnahme mit seitlicher Verlängerung auf die Hülsenbrücke. Das hat den Vorteil, dass durch Fußplatten auf dem Hülsenkopf nicht die Sicht zum offenen Visier gestört wird.
Bei der Montage handelt es sich um eine Einfuß-Einhakmontage. Die Rundung des Hinterfußes steckt man in einen Spalt der Fußplatte. Sie liegt dort an einem Stahlbolzen an. Danach senkt man vorne das Zielfernrohr, sodass der Vorderfuß in einer Fußplattenausnehmung verschwindet. Durch Drehen eines kleinen seitlichen Hebels wird er durch die Halbrundung eines drehbaren Bolzens ähnlich wie bei Leupolds Quick Release Montage festgelegt. Der Bolzen ist mittels Kugel vor unbeabsichtigem Öffnen gesichert. Diese Montage ist bei etwas Übung schnell handhabbar, sie ist sehr schussfest, garantiert gleichbleibende Treffpunktlage und ermöglicht eine tiefe Zielfernrohrmontage.
Die Montage arbeitet wie bekannte Festmontagen oder die Quick Release Montage, das heißt, beide Füße nehmen die Rückstoßkräfte auf. Bei vielen Montagen (Schwenkmontagen, SEM) übernimmt diese Aufgabe ganz oder zum größten Teil der Vorderfuß. Weil nur der Vorderfuß per Schwenkriegel festgezogen wird, erfordert die Montage eine genaue Passarbeit, da bei festgezogenem Vorderfuß auch der Hinterfuß am Bolzen fest anliegen muss, damit hinten kein Höhenspiel auftritt.
Hansgeorg Arndt

Hansgeorg Arndt

Schussbild
Schussbild der Waffe: Die Streuung beträgt knapp vier Zentimeter.

Handhabung / Schussleistung

Die  117,5 Zentimeter lange und 4,28 Kilogramm schwere Büchse liegt perfekt im Anschlag. Die Balance ist ausgezeichnet. Der Schwerpunkt liegt genau im Bereich des Querbolzens. Die Waffe lässt sich auch bestens stehend freihändig schießen. Der Rückstoß wird sehr gut abgefangen. Der Hochschlag hält sich in engen Grenzen. Den leicht nach außen gebogenen Kammerstengel sollten sich andere Hersteller zum Vorbild nehmen. Er kann schnell gegriffen werden, da er weit genug vom Schaft absteht.
Das erste Schussbild mit fünf Schuss auf 100 Meter betrug noch  37 mm. Ich hatte dabei schon etwas Schwierigkeiten beim Abnehmen und Aufsetzen der Montage. Sie legte sich trotz umgelegten Schwenkriegels erst richtig bei etwas Zug fest. Nachdem ich einige Patronen verschossen hatte, wurde die Montage defekt. Schussbilder mit offener Visierung lagen auf 100 Meter um die fünf Zentimeter.
Sicherlich schießt die Waffe hervorragend. Wegen der defekten Montage ist das erste Schussbild mit Vorbehalt zu beurteilen. Der Hinterfuß hatte wohl von vornherein schon zuviel Spiel, sodass die Montage überwiegend durch den Vorderfuß gehalten wurde. Im Endstadium wies die Montage hinten ein Höhenspiel von etwa 3/10 Millimetern auf, was zu großen Treffpunktabweichungen führte.
Wie bei allen Einhakmontagen erfordert auch sie extreme Passgenauigkeit. Ein kleiner Passfehler, ein abgenutzter Grad oder falsche Härtung können da schon zum Versagen führen. Richtig gearbeitet ist es eine hervorragende sowie sehr schussfeste Montage.
Solche Fehler fallen meist erst nach einer Vielzahl von Schüssen auf. Das bestätigt wieder die alte These, dass vor der Safari auf dem Schießstand zu üben ist. Das kostet selbst in diesem Kaliber nur das Trinkgeld bei einer Großwild-Safari.
Das Zielfernrohr lässt sich nur bei geschlossenem Verschluss oder herausgenommenen Verschluss abnehmen. Bei geöffneter Kammer kann man es hinten nicht weit genug abkippen, um es aus den Basen herauszunehmen. Bis auf die fehlerhafte Montage handelt es sich um eine hervorragend geareitete Waffe die sehr praxisgerecht ist. Der Preis von 28.100 Euro ist allerdings auch bei Fertigung in der teuren Metropole London zu hoch.
Vergleichbare Waffen gibt es von Ritterbusch, Rigby, Johannsen, Mauser, Hartmann und Weiss oder Jung. Es sei aber angemerkt, dass man eine Holland & Holland am eigenen Stil erkennt. Und die Werterhaltung liegt bei einer Holland & Holland weit vor der anderer Hersteller. Von einem Wertverlust kann man da nicht sprechen.
Hansgeorg Arndt

Vorteile & Nachteile

Hansgeorg Arndt

Vorteile
  • zuverlässiges System
  • perfekte Funktion (außer Montage)
  • sehr griffiger Kammerstengel
  • „sauberer“ Schlossgang
  • idealer Abzug
  • sehr gute Balance
  • gute offene Visierung
  • hervorragender Schaft
  • Sicherung für Sicherungsflügel
  • horizontale Dreistellungssicherung
  • ideales Gewicht
Nachteile
  • defekte Zielfernrohr-Montage
  • überteuert
Weitere Informationen:

 

Technik auf einen Blick

 

Die Patrone .400H.& H. Magnum Belted

 

Hansgeorg Arndt

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