Die Herden der Karibus sind in einigen Regionen von gigantischer Größe, in anderen wiederum durch menschliche Übernutzung bedroht. Ferner ist die Menge der Unterarten und deren Bezeichnungen verwirrend – Gründe genug, diese Hirschart in Nordamerika näher vorzustellen.
Ein starker Karibu-Bulle in der Kulisse des „indianSummers“ – für viele ein jagdlicher Traum. |
Von Frans Diepstraten
Auf dem Nordamerikanischen Kontinent sind Karibus vom Westen bis Osten verbreitet. Dass sind mehr als 8.000 Kilometer. Der Lebensraum variiert von Wald und Bergketten bis Tundra und Arktis. Selbstverständlich haben sich dadurch verschiedene Unterarten und unterschiedliche Überlebensstrategien entwickelt.
Wissenschaftler und Jäger haben den Unterarten verschiedene Namen gegeben. Manche Unterarten werden von den Rekordbüchern nicht anerkannt oder unter anderen Namen aufgeführt. Das kann zu Verwirrung führen, wenn man sich für die Jagd auf dieses, dem nördlichen Lebensraum sehr gut angepassten Wild orientieren möchte.
Die Unterarten
Der lateinische Name des Karibu ist Rangifer tarandus. Die Unterarten werden durch eine Anfügung gekennzeichnet. Die meisten wissenschaftlichen Schriften sprechen von vier Unterarten: Barren Ground Karibu (Rangifer tarandus granti), Woodland Karibu (Rangifer tarandus caribou), Peary Karibu (Rangifer tarandus pearyi) und Greenland oder Tundra Karibu (Rangifer tarandus groenlandicus).
Sucht man aber weiter, dann wird auch noch vom Rangifer tarandus eogroenlandicus und Rangifer tarandus dawsoni gesprochen. Letzteres gilt als ausgestorben, und der Unterart eogroenlandicus wird keine große Bedeutung zugeschrieben.
Wenn man sich an die jagdlich orientierten Quellen wendet, findet man eine andere Unterteilung. Dort kann man bis zu sechs Unterarten antreffen: Alaska-Yukon Barren Ground Karibu, Central Canada Barren Ground Karibu, Woodland Karibu, Mountain Karibu, Quebec-Labrador Karibu und Arktic Island Karibu.
Wer eine bestimmte Unterart bejagen möchte, tut sich also schwer, die richtigen Informationen über Verbreitung, Bejagung, Lizenzen und so weiter aufzutreiben, da die Sorgfalt bei der Benutzung der Namen manchmal zu wünschen übrig lässt.
Alaska-Yukon Barren Ground Karibu
Alaska-Yukon Barren Ground Karibu
Das Alaska-Yukon Barren Ground Karibu (R. t. granti) lebt, wie erwartet, in Alaska, in der nördlichen Hälfte der Yukon Territories, aber auch im Nordwesten der Northwest Territories. Die Bullen erreichen Körpergewichte von 180 bis 230 Kilogramm und haben später im Jahr eine wunderschöne weiße Mähne.
Es werden viele Herden unterschieden, die wichtigsten sind: die Porcupine-Herde im nordwestlichen NWT, im Nord-Yukon und in Nord-Ost Alaska; die Western Arctic Herde im Westen Alaskas; die Mulchatna Herde im Südwesten Alaskas und die kleineren Central Arctic (etwa 32.000 Stück) und Teshekpuk (etwa 26.000 Stück) Herden, die zwischen Porcupine und westlicher Arktis beziehungsweise im Nordosten Alaskas leben.
Die Western Arctic Herde ist zwar die größte (etwa 450.000 Stück) aber die Porcupine Herde die am meisten umstrittene, da der Druck auf das Gebiet, in dem die Kälber gesetzt werden, wegen geplanter Erdgasförderung zunimmt. Viele fürchten eine verminderte Geburtenrate der Porcupine Karibus und damit ein weiteres Absinken des Bestandes. Im Moment beträgt der Bestand der Porcupine Karibus etwa 123.000 Stück – eine starke Verminderung seit dem Maximum von etwa 180.000 Stück im Jahr 1990, aber immer noch mehr als das Minimum von etwa 100.000 Stück im Jahr 1972.
Für die Porcupine Herde gibt es ein „Conservation Agreement“ zwischen den Vereinigten Staaten und Kanada. Schon 1987 vereinbarten die Regierungen beider Länder, sich für den Erhalt dieser Herde und deren Lebensraum, unter Rücksichtnahme auf menschliche Nutzung, einzusetzen. In Kanada wird die Herde vom Porcupine Caribou Management Board verwaltet. Ferner sind auf der kanadischen Seite verschiedene Nationalparks und Conservation Areas gestiftet worden.
Auf der amerikanischen Seite wurde das Arctis National Wildlife Refuge gegründet. Im Norden sind aber etwa 600.000 Hektar an der Küste im Interesse der zukünftigen Öl- und Gasförderung einem Spezialstatus zugeschrieben worden. Und genau in diesem Küstengebiet werden die meisten Kälber der Porcupine-Herde geboren.
Die Porcupine-Herde ist außerdem von besonderem Interesse für die Kultur der Gwitchin-Indianer, die schon seit 20.000 Jahren mit dem Schicksal dieser Herde verbunden sind. Viele Lobbygruppen versuchen daher, die Erschließung dieses Gebietes zu verhindern.
Die Mulchatna-Herde (etwa 250.000 Stück) ist jagdlich wegen der Nähe ihres Verbreitungsgebiets zu Anchorage interessant. Kürzlich wurde aber auch dieser Herde, trotz guter Geburtenrate, vom Alaska Fish and Game Department eine sinkende Tendenz zugeschrieben.
Central Canada Barren Ground Karibu
Das Central Canada Barren Ground Karibu (R. t. groenlandicus) findet man im Osten und Norden der Northwest Territories, im Norden Manitobas und Saskatchewans sowie auf dem Festland und den Inseln (Baffin und Southampton) Nunavuts. Wie die Alaska-Yukon Barren Ground Karibus wandern die Herden zwischen der nördlichen Baumgrenze im Winter und der Tundra im Frühling und Sommer. Die weiblichen Stücke beginnen die Wanderung aus den Überwinterungsgebieten schon zwischen März und April, die Bullen ziehen erst später.
Es gibt vier wichtige Herden im Gebiet der NWT und Nunavuts, die die Namen der Setzgebiete der Kälber tragen. Von West nach Ost sind das die Blue Nose Herde, die Bathurst Herde, die Beverly Herde und die Qamanirjuaq Herde (insgesamt etwa 500.000 Stück). Das Wintereinstandsgebiet der beiden letzten Herden kann bis nach Saskatchewan, Manitoba und Ontario reichen.
Die Barren Ground Karibus sind für ihre großen Wanderungen bekannt. Im Sommer, im Setzgebiet, sind die Herden in kleinere Rudel aufgelöst und ziemlich standorttreu. Wenn der Herbst naht, versammeln sich die individuellen Rudel und beginnen die Wanderung zu den Überwinterungsgebieten.
Obwohl die Jagd auf Barren Ground Karibus generell als nicht sehr anspruchsvoll gilt, wird sie von zwei Faktoren beeinflusst: Es ist manchmal sehr schwierig, bei einem großen Rudel auf einen alten Bulle zu Schuss zu kommen. Oft bleibt er von anderen Karibus verdeckt. Ein guter Rat ist, sich auf den hinteren Teil des Rudels zu konzentrieren, wo öfter ältere Bullen ziehen, und die Chance, sie frei vor die Büchse zu bekommen, größer ist.
Überhaupt muss man die Karibus zuerst finden! Die Wanderfreudigkeit während der Jagdsaison kann zu Enttäuschungen führen, wenn der Outfitter nicht zu schnellen Ortswechseln in der Lage ist oder nicht über präzise Informationen über die Routen der Karibuherden verfügt.
Mit der Unterart Rangifer tarandus caribou fängt die Verwirrung an. Die meist benutzte, englische Bezeichnung für das R. t. caribou ist Woodland Caribou, aber jagdlich trifft das nicht zu. Sowohl Safari Club International und der Boone & Crocket Club unterteilen die R. t. caribou Unterart in drei weitere: Mountain Karibu, Quebec-Labrador Karibu und Woodland Karibu.
Mountain Karibu
Mountain Karibu
Wenn man nach Information über das Mountain Karibu sucht, dann findet man meist Berichte über Aussterben, Lebensraumverlust, Rückgang der Bestände und ähnliches. Von Britisch Kolumbien, südlich von Prince George, bis zum Norden der Staaten Idaho und Washington gibt es bedrohte Bestände dieser Unterart, die man versucht, zu retten. Lebensraumverlust ist der größte Verursacher des Rückgangs.
Die Mountain Karibus im südlichen BC haben eine gebietstypische, saisonabhängige, „vertikale“ Wanderung entwickelt. Im Spätherbst und Frühwinter ziehen sie in den Niederungen. Wird aber die Schneelage zu hoch, ziehen sie in die Berge, dort wo es Althölzer und mit Flechten bewachsene Baumstämme gibt. Da Flechten nur sehr langsam wachsen und die Erreichbarkeit dieser Futterquelle durch Windwürfe sowie schneebedingte Astabbrüche von großen Altholzbeständen abhängig ist, sind die Bestände der Mountain Karibus durch fortschreitende Forstwirtschaft gefährdet.
Im Spätwinter, wenn der Schnee sehr tief ist, ziehen die Mountain Karibus noch höher die Berge hinauf. Durch ihre, in Beziehung zur Körpergröße überdimensionalen, und spreizbaren Hufe, können die Karibus im tiefen Schnee gut voran kommen. Die hohe Schneeauflage sorgt auch dafür, dass die Flechten an den Bäumen erreicht werden können. Der heutige Bestand der Mountain Karibus in der südlichen Hälfte Britisch Kolumbiens wird auf etwa 1.900 Stück geschätzt, die auf kleinere Gruppen verteilt sind. Es handelt sich hierbei um den Ekotyp, der im Winter höher in die Berge zieht und sich hauptsächlich von Flechten ernährt – also nicht um den bejagbaren Bestand im Norden BC’s und im Yukon.
Die jagdliche Nutzung hat sicherlich in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zur Reduzierung der Bestände beigetragen, aber schon ab Anfang der 70er Jahre sind die Jagdmöglichkeiten auf dieses Wild stark eingeschränkt worden. Zwischen 1976 und 1991 sind durchschnittlich nur noch 15 Mountain Karibus pro Jahr erlegt worden, zwischen 1992 und 1996 nur noch sechs. Sei 1998 ist die Jagd geschlossen.
Die wichtigste Ursache für den kontinuierlichen Rückgang der Zahl der Mountain Karibus im südlichen BC ist die Zerschneidung ihres Lebensraums durch Kahlschläge und damit einhergehende Erschließung der Wildnis. In September 2002 wurde ein Rettungsplan publiziert, der Maßnahmen vorsieht, um den Bestand auf 2.500 bis 3.000 Stück anwachsen zu lassen. Im Norden BC’s, in der südlichen Hälfte Yukons, und in den Bergen entlang des Mackenzie Rivers in den Nortwest Territories gibt es aber auch Bestände der R.t. caribou Unterart, die als Mountain Karibu bezeichnet werden. Dieses Karibu ist die körperlich stärkste Unterart.
Männliche Exemplare können bis zu 270 Kilogramm schwer werden und bis 140 Zentimeter Schulterhöhe erreichen. Die Masse der Geweihe dieser Unterart gilt ebenfalls als die stärkste, nicht aber die Länge und Auslage der Stangen (dafür stärkste Unterart: Barren Ground Karibu) und die Größe der Vorderschaufeln (dafür stärkste Unterart: Quebec-Labrador Karibu).
Im Gegensatz zu ihren mehr südlich lebenden Artgenossen ziehen sie im Sommer wegen blutsaugender Insekten höher in den Bergen, und im Winter auf der Suche nach niedrigeren Schneelagen tiefer in den Niederungen. Mountain Karibus lassen sich sehr gut auf einer längeren Wildnisjagd neben Wildarten wie Elch oder Schafen mitbejagen. Die Jagd in diesen Gegenden wird oft mit Hilfe von Pferden ausgeführt. Der dazu gehörende höhere Aufwand muss selbstverständlich bezahlt werden.
Quebec-Labrador Karibu
Quebec-Labrador Karibu
Das Quebec-Labrador Karibu lebt in den genannten Provinzen. Untersuchungen aus jüngster Zeit weisen aber darauf hin, dass die Karibus im nördlichen Verbreitungsgebiet dieser Provinzen eine andere Unterart als die im Süden sein könnten. Die südlichen sind dem Woodland Karibu (R. t. caribou) am ähnlichsten. Die nördlichen haben dagegen viele Charakteristika des Barren Ground Karibus wie stärkere and breitere Geweihe, blassere Decke, Wanderung zwischen Setz- und Wintergebiet und längerer Aufenthalt in der Tundra.
Manche Forscher gehen in der Unterteilung noch weiter, indem sie vier auf dem Lebensraum basierende Kaributypen in Quebec unterscheiden. Jagdlich ist aber die Population nördlich des 54. Breitengrads am wichtigsten.
Der Boone & Crockett Club hat sich die Sache leicht gemacht, indem er alle Karibus aus Quebec und Labrador als „Quebec-Labrador“ Karibu ohne weitere Unterscheidungen betrachtet. Der SCI gibt in seinem Rekordbuch an, dem Boone & Crockett Club bei dieser Einteilung zu folgen. Dabei betrachtet aber der SCI die Quebec-Labrador Karibus als eine Unterteilung des R. t. caribous. Ältere Ausgaben des B&C Buches sprechen aber von entweder R. t. granti oder R. t. groenlandicus.
Verwirrend? Für das jagdliche Erleben macht das glücklicherweise nichts aus. Es geht zu weit, alle Herden zu benennen, die im Raum von Quebec und Labrador leben. Dass es aber um unvorstellbare Zahlen geht, beweisen die 780.000 Stück, die schätzungsweise die George River Herde in Labrador ausmachen.
Woodland Karibu Alle anderen Bestände der R. t. caribou Unterart werden Woodland Karibou genannt. Die Körpergewichte der Bullen erreichen bis zu 200 Kilogramm. Jagdlich sind die Herden in Neufundland und Nova Scotia am wichtigsten. Die Anreise aus Europa in diese Provinzen ist am kürzesten, und die Jagdkosten am niedrigsten.
Arctic Islands Karibu Der Safari Club International hat noch eine weiter Unterart anerkannt: das Arctic Islands Karibu. Er betrachtet dieses Karibu als eine Mischung aus R. t. groenlandicus und R. t. pearyi.
Der Boone & Crockett Club akzeptiert das Peary Karibu nicht. Laut Aussage eines Mitarbeiters des B&C Clubs sind sie darum von dem zuständigen Fish & Wildlife Office gebeten worden. Die Bestände seien nicht stabil, und man fürchte, dass die Anerkennung dieser Unterart viele dazu treiben würde, den „Grand Slam“ der Karibus zu vervollständigen, also alle anerkannten Karibu-Unterarten zu erlegen, was negative Folgen für diese Population hätte.
JagdkostenEs ist schwer, einen objektiven Preisvergleich zwischen den verschiedenen Regionen zu machen, da die Angaben der Outfitter stark abweichen. Folgende Daten sind basierend auf Preisangaben von 31 Outfittern kalkuliert.
Dabei sind Kosten für je ein Karibu eingeschlossen, Zusatzkosten wie Charterflug aber nicht. Da die Länge der Jagd in der Regel zwischen fünf und zwölf Tagen variiert, sind auch die „Tagesraten“ angegeben, das heißt alle inkludierten Kosten wurden durch die Zahl der Jagdtage geteilt. Eventuelle Anreisetage, die von den Outfittern mitberechnet werden, sind auch eingeflossen.
Aus der Tabelle wird klar, dass der Preis für eine Karibu-Jagd stark variiert: Zwischen 2.750 und 10.600 US-Dollar müssen bezahlt werden, um ein Karibu zu erlegen! Am billigsten ist ein Jagdabenteuer in Nunavut (basierend auf nur einem Angebot) oder Neufundland/Labrador. Die mittlere Preisgruppe wird von Alaska, NWT, Quebec und Britisch Kolumbien gebildet. Die Yukon Provinz ist mit einem Durchschnittspreis von etwa 7.500 US-Dollar am teuersten.
Dabei muss man aber Rücksicht nehmen auf das, was man für sein Geld bekommt. Die Jagd im Yukon-Gebiet wird vielerorts im klassischen Stil mit Pferden durchgeführt und dauert im Durchschnitt auch drei bis fünf Tage länger als die Jagd in anderen Gegenden.
Wenn man nämlich auf die durchschnittlichen Tagesraten schaut, dann ist der Unterschied schon viel geringer. Man muss also immer mit sich ausmachen, was man von einer Jagdreise erwartet.