Ich war zum Fotografieren im Lande und hatte eigentlich nicht vor, für JAGEN WELTWEIT etwas zu schreiben. Denn normalerweise trete ich bei JWW als Tierfotograf auf. Aber als ich mitten in die Jagdsaison „hineinplatzte“, wollte ich genauer wissen, wie das mit der Elchjagd in diesem Bundesstaat aussieht.
Von Stefan Meyers
Die nordöstliche Region der USA wird von den sechs Neuengland-Staaten Connecticut, Rhode Island, Massachussets, Vermont, New Hampshire und Maine geprägt. Das an Kanada angrenzende Maine ist mit einer Fläche von rund 8.6000 Quadratkilometern ebenso groß wie alle übrigen genannten Nachbarstaaten zusammen. Vor allem der Norden des Landes ist außerordentlich dünn besiedelt und verfügt über eine nahezu unberührte Wildnis. 80 Prozent des Landes sind dicht bewaldet. Hinzu kommen mehr als 2.500 Seen, die sieben Prozent des Landes bedecken, über 5.000 Flüsse und insgesamt 5.600 Kilometer Felsküste mit etwa 1.200 vorgelagerten Inseln.
Diese eindrucksvollen Zahlen lassen unschwer erkennen, dass Maine ein Paradies der Angler, Jäger und Naturfreunde ist. Vor allem im Norden des Staates sind hervorragende Jagdbedingungen vorhanden. So werden zum Beispiel jedes Jahr im November mehr als 600 Weißwedel-Hirsche mit sehr guten Trophäen erlegt. Die Jagd auf Schwarzbären ist hier eine Klasse für sich, immerhin wird der Schwarzbären-Bestand auf mindestens 35.000 Stück geschätzt. Und nicht zuletzt die Elchjagd im Herbst, die hinsichtlich Art und Effizienz wohl einmalig in der Nation ist.
Symboltier Elch
Elche gelten in Maine als Symboltiere. Die Einwohner Maines haben daher eine sehr positive Einstellung zu dieser Wildart. „Moose Watching“ in den Wäldern Maines ist seit Jahren in der Bevölkerung äußerst beliebt. Vor allem im Frühsommer ist es relativ leicht, in den vielen kleineren Seen, Elche beim Äsen von Wasserpflanzen auszumachen. Die schönste Zeit in Maine ist ohne Zweifel Anfang bis Mitte Oktober, wenn die Laubverfärbung des berühmten Indianersommers ihren Höhepunkt erfährt.
Die Fotos der Elche in diesem Artikel stammen aus dem Baxter State Park, einer unberührten 800 Quadratkilometer großen Wildnis im Norden Maines. Die Fotos von der Elchjagd wurden weiter nördlich außerhalb des Schutzgebietes im kleinen Ort Kokadjo aufgenommen.
Elchjagd in Maine im Internet: www.mefishwildlife.com
Fotos: Stefan Meyers
Trophäen
Trophäen
In Maine wird der Elchbestand auf 29.000 Stück geschätzt. Dies ist nach Alaska (Bestand etwa170.000 Stück) der zweithöchste in den USA. Auf den Quadratkilometer gerechnet, ist die Elch-Dichte sogar die höchste in den Vereinigten Staaten.
In Maine lebt eine der beiden kanadischen Unterarten des Elches (Alces alces americana), die ihr Verbreitungsgebiet in Ostkanada, sowie in den östlichen Landesteilen der USA hat. Die Hirsche erreichen zwar hinsichtlich Körpergewicht und Schaufelstärke nicht die Stärke ihrer Vettern in Alaska oder am kanadischen Yukon, können sich aber durchaus sehen lassen. Jedenfalls werden europäische Maßstäbe deutlich übertroffen.
Ein ausgewachsener Hirsch wiegt im Durchschnitt 400 Kilogramm, sehr starke können sogar über 500 Kilogramm erreichen. Der „Rekord“ liegt in Maine bei 615 Kilogramm. Die Schaufel-Auslage variiert bei guten Hirschen zwischen 55 inches (140 cm) und 65 inches (165 cm). Letztere Größenordnung ist allerdings eher die Ausnahme.
Starke Trophäen sind somit in Maine nicht ungewöhnlich. Während der Elchjagd 2.000 wurde zum Beispiel ein Hirsch erlegt, der mit 219 Punkten als landesbester in das Rekordbuch Boone and Crockett (B&C) aufgenommen wurde. Dieser Hirsch hatte die größte Schaufel-Auslage, die ein „Alces alces americana“ je erreicht hat.
In den vergangenen Jahren wurden zehn erlegte Elche mit 190 bis 217 Punkten bewertet und von Boone und Crockett registriert. Nach den Informationen des Ministeriums für Fischerei und Wildtiere werden auf der alljährlichen Herbstjagd in Maine im Durchschnitt drei „B&C-Schaufler“ gestreckt.
Geschichte und Organisation
Geschichte und Organisation
Die Elchjagd in Maine war 1935 ausgesetzt worden und wurde erst 1980 wieder eingeführt. Damals wurden 700 Abschüsse öffentlich im Bürgerzentrum in Bangor ausgelost und als großes Medienereignis – scherzhaft als „Moose rush“ (Elchrausch) bezeichnet – im Fernsehen und Rundfunk gefeiert.
Die Wiederaufnahme der Elchjagd wurde damals sehr kontrovers diskutiert. Seit nunmehr einem Jahrzehnt wird die Jagd in 18 sogenannten Wildlife Management Districts durchgeführt. Diese Gebiete umfassen eine Fläche von etwa 40.000 Quadratkilometern. Derzeit vergibt der Staat 3.000 Abschüsse, die als sogenannte „Moose Permits“ ausgelost werden.
Es gibt zwei Arten von Moose Permits. Das „Any Moose Permit“ ist umfassend, das heißt, es können wahlweise Hirsche oder Tiere erlegt werden. Verlost werden 2.500 solcher Permits. Die restlichen 500 entfallen auf „Antlerless Moose“, also ausschließlich weibliche Tiere und Kälber. Diese Trennung hat man vor einigen Jahren eingeführt, um auch den Zuwachs an Kahlwild zu reduzieren. Die Erfahrung hat nämlich gezeigt, dass die meisten Jäger einen Hirsch schießen wollen.
Die Permits sind bislang hauptsächlich an Bewohner Maines (Residents) vergeben worden, lediglich 300 Permits (10 Prozent) werden an Einwohnern anderer Staaten (Non Residents) verlost. Die Zahl der Moose Permits wurde in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht (siehe Tabelle Jagdergebnisse).
Die Elch-Saison umfasst traditionsgemäß eine nur sehr kurze Zeitspanne, nämlich knapp zwei Wochen während der Brunftzeit im Herbst. Seit 2001 findet die Elchjagd in zwei Zeitabschnitten in unterschiedlichen Distrikten statt. Im laufenden Jahr war es die Zeit vom 23. bis 28. September und vom 7. bis 12.Oktober. Durch die zeitliche Aufteilung soll unter anderem der Jagddruck gemildert und die Wildbret-Versorgung erleichtert werden.
Jeder Jäger kann sich für einen der beiden Zeiträume entscheiden und das Gebiet, in dem er sein Permit nutzen will, auswählen. Darüber hinaus wird eine geringe Anzahl von Permits (5) im Rahmen einer Auktion versteigert. Die Lotterie und die Auktion findet in der Regel im Juni eines jeden Jahres statt. Permitanträge können von Januar bis April an folgende Adresse gerichtet werden: Maine Dept.of Inland Fisheries & Wildlife, 284 Sate St. 41 SHS Augusta, ME 04333-0041
Das ausgeloste Moose Permit gilt für den Antragsteller und eine weitere ausgewählte Person. Nur einer von beiden darf jedoch einen Elch schießen. Weitere Personen ohne Jagderlaubnis können als Begleitung teilnehmen und bei der Bergung des erlegten Wildes behilflich sein. Der Vorschrift nach muss mindestens eine an der Jagd beteiligte Person eine auffällige gelborangefarbene Jacke tragen. Dies dient der Sicherheit und soll dazu beitragen, dass Jagdunfälle so weit wie möglich vermieden werden.
Wer ein Permit bekommen hat, ist für die nächsten beiden Jahre von der Verlosung ausgeschlossen. In der Vergangenheit hat es sich gezeigt, dass aufgrund der hohen Zahl der Anträge die Erfolgschancen sehr gering sind. Im Jahre 2002 wurden zum Beispiel 109.330 Anträge gestellt, davon entfielen 24 308 Anträge auf Non Residents.
Um die Chancen zu erhöhen, hat man neuerdings ein Bonus-System eingeführt. Danach werden für jeden erfolglosen Antrag Bonuspunkte vergeben, die dazu berechtigen, mehrfach an der jährlichen Verlosung teilzunehmen. Außerdem ist es möglich, bis zu sechs Lose zu erwerben.
Diese kosten für Residents zwischen fünf und 20 US-Dollar. Der Preis für Non Residents liegt zwischen zehn und 30 US -Dollar. Das Lotterie-Ergebnis wird allen erfolgreichen Personen brieflich mitgeteilt und deren Namen zusätzlich im Internet bekannt gegeben. Für den Staat bringt die Lotterie hohe Einnahmen, nämlich rund 1,2 Millionen US-Dollar im Jahr.
Jagd-Methoden
Jagd-Methoden
Maine ist einer der wenigen Staaten des Landes, in dem die Elchjagd mit Schrotflinte, Faustfeuerwaffe, Büchse oder Pfeil und Bogen zugelassen ist. Die Mehrzahl der Jäger verwendet bei der Elchjagd aber schon aus Erfolgsgründen „vernünftige“ Waffen im Kaliber .308, .30-06 oder ähnlichem.
Die Jagd wird auf zwei Arten durchgeführt. Viele einheimische Jäger nutzen ihre Ortskenntnisse und suchen mit ihren Fahrzeugen (meist Pick-up) Nebenstraßen und Forstwege des zugewiesenen Distriktes ab. Elche – bevorzugt Hirsche – werden bei Sicht vom Fahrzeug aus erlegt (Ausnahme: Antlerless Moose).
Eine gute Trophäe ist somit zwangsläufig mehr oder weniger Glückssache, denn eine Selektion nach Alter und Stärke der Hirsche erfolgt nicht. Es geht den meisten Jägern eher darum, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit zu Schuss zu kommen. Viele von ihnen warten seit vielen Jahren auf dieses Ereignis und sind bestrebt, die vermutlich einmalige Chance, einen Elch zu erlegen, auf jeden Fall zu nutzen.
Das Wildbret des erlegten Stückes wird in der Regel vom Schützen selbst verwertet und unter den Beteiligten (Helfern) aufgeteilt. Diese Jagdmethode ist in Anbetracht der kurzen Geltungsdauer des Permits sehr effizient. Auf diese Weise kann ein großes deckungsreiches Gebiet, in denen Elche nur mit sehr viel Mühe und Ausdauer aufzuspüren sind, erfolgreich abgesucht werden.
Als weitere Jagdmethode wird die Pirsch- und Rufjagd praktiziert. Meist werden kurz vor Beginn der Jagdsaison die bekannten Elch-Einstände überprüft. Sobald ein Brunftrudel oder ein jagdbarer Schaufler ausgemacht ist, wird dieser mit Beginn des Büchsenlichtes im Bestand angegangen und durch das Nachahmen des Rufes eines brunftigen weiblichen Stückes in eine günstige Schussposition gelockt.
Diese Art wird vor allem von nicht in Maine ansässigen Jägern bevorzugt. In der Regel nehmen jene einen ortskundigen Jagdführer (Guide), der die jagdliche Betreuung in der ausgelosten Woche übernimmt. Bei der Rufjagd stehen natürlich die Trophäen und das Erlebnis im Vordergrund. Der Erfolg ist dank der hervorragenden Ortskenntnis und Erfahrung der Guides meist ebenso garantiert wie mit der zuvor beschriebenen Jagdmethode vom Auto aus.
In der Regel kümmert sich der Guide als Outfitter auch um Unterkunft, Verpflegung und Trophäen-Verwertung. Der Preis für eine Woche Elchjagd pauschal liegt durchschnittlich bei 1.500 US-Dollar. Die erlegten Stücke werden im übrigen täglich zu verschiedenen Kontroll-Stationen (tagging station) in den Distrikten gebracht. Dort werden die Abschüsse namentlich registriert, die aufgebrochenen Stücke gewogen und die Trophäen vermessen.
Die Statistik zeigt, dass die Erfolgsquote bei der Elchjagd in den vergangenen drei Jahren im Vergleich zu den 90er Jahren geringfügig zurückgegangen ist. Mit etwa 85 Prozent liegt sie aber – vor allem in Hinblick auf die Kürze der zur Verfügung stehenden Jagdzeit – nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau.
Ob die Zahl der ausgelosten Permits auf dem gegenwärtigen Stand von 3.000 beibehalten oder gar erhöht werden kann, bleibt abzuwarten. Immerhin fallen etwa 600 Stück Elchwild jährlich dem Straßentod zum Opfer. Die geschätzte Anzahl von 29.000 Elchen ist ebenso fraglich, denn eine genauere Bestandsaufnahme liegt bereits Jahre zurück. Vermutlich liegt sie niedriger.
Gleichwohl ist die Elchjagd in Maine eine interessante Variante. Eine Hege ist leider mangels selektiver Abschüsse nur bedingt möglich. Vielfach liegen zu junge Hirsche auf der Strecke. Andererseits ist der Jagddruck auf eine sehr kurze Zeitspanne beschränkt, was wieder dem Elchwild durch vermehrte Ruhe und geringeren Stress zugute kommt. So gesehen hat diese Lotteriejagd in Maine zweifellos Vor-und Nachteile. Die Jagdergebnisse können sich aber auf jeden Fall sowohl hinsichtlich Qualität als auch Quantität sehen lassen.