Pumas jagen: Warum?

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20 Jahre reduzierter Beutegreifer-Bejagung haben die Puma-Besätze und ihre Verbreitung steigen lassen. Die Auswirkungen werden spürbar, sowohl für die Hirschbestände als auch für den Menschen

Von Michael Herter

aufgebaumter Puma
Der Puma-Besatz steigt in Nordamerika, so dass Lizenzen auch an Ausländer großzügig vergeben werden.
„Wie können Sie sich selbst als Sportmann bezeichnen, wenn Sie einen Puma aus einem Baum schießen? Noch dazu, wenn er verängstigt ist durch eine Hundemeute? Warum jagen Sie Pumas überhaupt?“
Die vor mir stehende Frau erinnerte mich ihrerseits an eine wilde Katze, wie sie mir diese Sätze entgegenfauchte und ihre verengten Augen dabei herausfordernd funkelten. Ich holte tief Luft, dankte für die Frage und bat sie, sich wieder zu setzen, damit ich mit dem Seminar fortfahren könnte.
Jedes Jahr habe ich die Gelegenheit, Seminare an verschiedenen Plätzen im ganzen Land zu halten. Wenn das Thema Pumas und Puma-Jagd ist, so ist für gewöhnlich jemand unter der Zuhörerschaft, der zornig und beleidigt ist.
Das garantiert lebhafte Diskussionen. Außerdem eröffnet es die Möglichkeit, ein paar Fakten zu vermitteln, die durch Comics bewusst falsch gelehrt wurden.
Wenn Sie ein Gespräch stimulieren oder in Gang setzen wollen, müssen Sie nur den Puma, Berglöwen oder Cougar erwähnen, wie auch immer Sie ihn nennen möchten.
Weniger als ein Promille unserer amerikanischen Bevölkerung hat je auch nur einen Puma in der Wildnis zu Gesicht bekommen, aber so gut wie jeder hat eine Meinung zu dem Thema. Vielleicht liegt es an dem der Katzen-Familie eigenen, unabhängigen Wesen, dass die Leute dem Thema nicht neutral gegenüberstehen.
Genaugenommen tendieren die Menschen dazu, Katzen jeglicher Art entweder zu lieben oder zu hassen.
In der heutigen Welt scheint es mehr Puma-„Liebhaber“ als „Puma-Hasser“ zu geben. Durch die natürliche Lebensweise des Pumas werden Emotionen im Unterbewusstsein geweckt.
Der Puma personifiziert den Wunschtraum der meisten Menschen: Er geht, wohin er will, wann er will. Er kann so ziemlich alles und jeden im nordamerikanischen Tierreich bezwingen, mit Ausnahme der ausgewachsenen Bären.
Sein Territorium kennt keine Grenzen, und auf seinen nächtlichen Wanderungen hinterlässt er regelmäßig seine vierzehige Spur auf dem privaten Grund der Menschen – auf Pferchen, Höfen und in Parks. Er zahlt keine Miete und keine Steuer. Er ist ein freier, unabhängiger „Geist“.
Der Puma hat die weiteste Verbreitung aller großen Tiere in der westlichen Hemisphäre. Daraus ergibt sich, dass er eine breitere Nahrungsgrundlage als jeder andere Beutegreifer besitzt.
Sein Vorkommen erstreckt sich von Argentinien bis Alaska und vom Atlantik bis zum Pazifik. Seine Kost reicht vom Maultierhirsch im nördlichen Britisch-Kolumbien über den Weißwedelhirsch bis zum Pecari in Südamerika.
Kälber, Schafe, Ziegen, Pferde und andere Haustiere dienen nebenbei als Nahrung. Der Fuchs in Arizona wird genauso geschlagen wie das Stinktier in Texas oder der Alligator in Florida.
Aber seine hauptsächliche Nahrung über das gesamte Verbreitungsgebiet sind Hirsche (Weißwedel- und Maultierhirsch). Wo sie vorkommen, sind Wapitis eine wichtige zweite Beute, und wo Weißwedel- und Maultierhirsche rar sind, können Wapitis die primäre Nahrungsgrundlage sein.
In bestimmten vorstädtischen Gebieten im amerikanischen Westen, insbesondere in Colorado, Kalifornien und Montana, ist es nicht unüblich für Pumas, sich von Hunden und Hauskatzen zu ernähren.
Und auch wenn der gelegentliche Angriff auf Menschen selten ist, so ist doch das Potential des Pumas, Menschen zu attackieren und zu töten, insbesondere Kinder, sehr real und im Anstieg begriffen.
Der Mensch breitet sich immer weiter aus und stößt in den Lebensraum des Pumas vor. Auf der anderen Seite nehmen die Puma-Besätze weiter zu. Daraus folgt konsequenterweise, dass der Boden für mehr menschliche Konfrontationen geebnet wird.
Die Antwort auf die Frage „Warum jagen Sie Pumas?“ heißt also: „Weil wir müssen!”
Staatliche Behörden üben die kontrollierende Beutegreifer-Bejagung nicht mehr aus.
Staatliche Jäger und Fallensteller wurden noch bis zu den späten 60ern und frühen 70ern angestellt, speziell um Koyoten, Bären, Luchse und Pumas zu schießen, mit der Falle zu fangen und zu vergiften.
Diese Männer waren effizient, und die Beutegreiferbesätze wurden gering gehalten. Die Hirsche gediehen prächtig und vermehrten sich. Truthähne waren zahlreich.
Die Jäger genossen diese Zeit des Überflusses. Aber sie hinterfragten auch, ob es Sinn mache, staatliche Jäger für eine Tätigkeit zu entlohnen, für die sie selbst bereit waren, Geld auszugeben.
Mit der steigenden Nachfrage nach Freizeit-Jagdmöglichkeiten auf Bären und Pumas machte es Sinn, die staatliche Jagd auslaufen zu lassen.
In den frühen 70ern wurde die staatliche Bejagung auch durch das erwachende Umweltbewusstsein der Bevölkerung in Frage gestellt.
In ihrem Eifer, die Dinge zu korrigieren, erreichten die Umweltschützer in vielen Gebieten einen Totalschutz für den Puma. Die „Liste gefährdeter Arten“ wurde verabschiedet und ein totales Jagdverbot für Habichte, Adler, Raben, Elstern, Geier und andere Vögel erlassen.
Die „Wildlife Manager“ hatten neue Richtlinien, denen sie Folge leisten mussten. Wie dem auch war, die biologischen Fakten sind natürlich dieselben geblieben.
Die Tragzeit für Pumas ist mit 90 bis 93 Tagen relativ kurz. Geschlechtsreif im Alter von zwei Jahren, kann ein weiblicher Puma alle 12 bis 18 Monate drei bis vier Junge zur Welt bringen.
Ohne intensive Bewirtschaftung bleiben Wildtierpopulationen nicht auf einem konstanten Level. Wildbesätze steigen entweder oder sie sinken.
Wenn sie steigen, dann in einer exponentiellen Art und Weise. Heute, 15 bis 20 Jahre nach den radikalen Veränderungen in der Beutegreiferbejagung, sind in einem Großteil der westlichen Staaten die Puma-Besätze hoch und die Hirsch-Bestände niedrig.
Das ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass zwar Gesetze und Angewohnheiten sich verändern können, nicht aber biologische Tatsachen.
Die frühen Siedler und Jäger haben ermittelt, dass ein Puma pro Woche einen Hirsch schlägt oder die vergleichbare Menge an frischem Fleisch anderer Tiere.
Leider reicht diese Menge heute nicht mehr aus. Ein Puma muß heute mehr jagen als früher, um genug zum Leben zu haben.
Mehr Raben, Krähen, Elstern, Koyoten und andere Fleischfresser als je zuvor „helfen“ ihm dabei, seine Beute zu verzehren.
Es ist also nicht unüblich für einen Puma, weniger als halb soviel von einer Beute selbst zu fressen, als er noch in der Zeit von 1940 bis 1970 konnte.
Zur Vereinfachung wollen wir trotzdem davon ausgehen, dass ein Puma pro Woche einen Hirsch (männlich wie weiblich) tötet und das auf 50 Stück pro Jahr aufaddieren.
Nun wollen wir als Beispiel New Mexico annehmen, das einen Puma-Bestand von etwa 2 000 Stück angibt. Diese Zahl mit 50 Hirschen pro Puma und Jahr multipliziert, ergibt einen jährlichen Aderlass von 100 000 Hirschen pro Jahr durch Pumas!
Mit Sicherheit ein Einfluss auf einen Bestand, der pro Jahr an Jagdertrag nur etwa 20 000 bis 25 000 Hirsche abwirft, wobei Jäger nur männliche Stücke entnehmen.
Die Statistiken in den westlichen Staaten sagen alle das Gleiche aus und tragen zur Dramatisierung dessen bei, was frühere Wildhüter schon wussten: Man kann keinen hohen Bestand an Beutegreifern ohne die adäquate Basis an Beutetieren haben, und man kann keine adäquate Basis an Beutetieren mit einem hohen Bestand an Beutegreifern haben.
Sie wussten, dass sich Pumas mehr von Hirschen als von jeder anderen Art von Beutetieren ernähren. Und dass sie proportional mehr männliche als weibliche Stücke aus einer Population töten.
Der männliche Hirsch (engl.: „buck“) ist durch die Jagdmethoden des Pumas stärker gefährdet. Er lebt für gewöhnlich in dichterer Deckung als die Tiere und Kälber und hat nicht die gesammelte Anzahl von Lichtern, Lauschern und Windfang, um sich selbst vor dem Puma zu schützen wie die Kahlwildrudel.
Die dichte Deckung, die einen Hirsch vor dem jagenden Menschen schützt, erlaubt es dem jagenden Puma gerade, sich nahe genug für den verheerenden Sprung heranzuschleichen.
Für die Natur ist diese Auslese sinnvoll, weil ein Wildbestand die meisten männlichen Tiere entbehren kann, und trotzdem auf konstantem Niveau bleibt. Wenn allerdings die Beutegreifer zu zahlreich werden, wird der Hirschbestand jährlich weiter abnehmen und zwar solange, bis die Beutegreifer reduziert werden.
Deren Zahlen können durch Nahrungsknappheit, Krankheiten, Selbstkontrolle durch Kannibalismus und den Menschen verringert werden.
Pumas sind weniger gesellig als Koyoten und fressen normalerweise nur an ihrem eigenen, frischen Riss. Daher ist es für jegliche Krankheit schwierig, sich unter ihnen auszubreiten.
Sie sind in der Lage, sich von einer so breiten Anzahl von Beutetieren zu ernähren, dass sie von Nahrungsknappheit kaum betroffen sind. Eine Reduktion der Puma-Besätze wird am besten erreicht über die Jagd durch den Menschen.
Die andere Alternative ist das „Natürliche Gleichgewicht der Natur“. Pumas können ihren eigenen Besatz verringern, wenn sie längere Zeit mit Nahrungsknappheit konfrontiert sind.
Das natürliche Gleichgewicht der Natur muß als ein Phänomen betrachtet werden, das sich ständig verändert und Jahre benötigt, um zwischen extremen Grenzen zu schwanken.
Das einzige Gleichgewicht tritt ein, wenn die zwei gegenläufigen „Waagschalen“ einander passieren. Wenn ein wirklich konstantes Gleichgewicht in irgendeinem Ökosystem jemals erreicht und beibehalten werden soll, so kann dies nur durch kontinuierliche Anstrengungen durch den Menschen erfolgen.
Diese „Manager“ müssen alles Wissen und alle verfügbaren Daten von so vielen Interessengruppen wie möglich verwenden, allerdings mit möglichst wenig Einmischung von außen.
Um den Puma zu verstehen, müssen Sie nur durch die Gassen irgendeiner Stadt spazieren. Dort können Sie die freilaufende Hauskatze beobachten, den Puma in Miniatur. Puma, Luchs und freilaufende Hauskatze – sie alle haben prinzipiell dieselben Angewohnheiten.
Sie lieben frisches Fleisch, und fast jede Mahlzeit ist das Ergebnis eines Kampfes auf Leben und Tod zwischen Beutetier und Jäger. Für gewöhnlich gewinnt die Katze.
Mit jedem Riss läuft der Puma Gefahr, einen Tritt an den Schädel zu erhalten oder gegen einen Baum oder Felsen geschleudert zu werden und sich Rippen zu brechen, während der attackierte Hirsch oder Wapiti versucht, sein Schicksal abzuschütteln.
Nur wenige Beutegreifer sterben an Altersschwäche. Ein alternder Puma wird eher an Nahrungsknappheit eingehen, während er eine erlittene Verletzung ausheilt und nicht in der Lage ist, Beute zu machen.
Ein halbwüchsiger Puma ist wie eine halbwüchsige Hauskatze: Er hat den impulsiven Drang zu „spielen”. Allerdings, wenn ein 50 bis 80 Pfund schwerer Puma den Drang zum „Spielen“ hat, und zwar mit einem Hund oder einem Kind, das durch einen Wald oder ein vorstädtisches Gebiet spaziert, kann das Ergebnis schrecklich sein. Die darauf folgende Jagd ist keine Sport-Jagd.
Man kann eine trauernde Mutter nicht mit einem Presseaufruf trösten, der Eltern anhält, ihre Kinder im Haus zu lassen.
Heute kommen Pumas in jagdbaren Besätzen in den zwölf westlichen Bundesstaaten und den kanadischen Provinzen Alberta und Britisch-Kolumbien vor. Lizenzen werden im wesentlichen über den Tresen verkauft und sind normalerweise in der Zahl unlimitiert.
Die Gesamtzahl der jährlichen Abschüsse bleibt weiterhin konstant. Dennoch steigt die Zahl der Pumas, und sein Verbreitungsgebiet wächst weiter. Dieser steigende Beutedruck trägt viel zu der Enttäuschung zahlreicher Maultierhirsch-Jäger im Westen bei.
Am effektivsten werden Pumas unter Verwendung trainierter Hunde bejagt. Wie auch bei der Jagd auf Wasserwild und anderes Niederwild geben die Hunde der Jagd eine ganz andere Dimension.
Die Jagd selbst ist eine regelrechte Logistikübung. Die Herausforderung besteht in dem Versuch herauszufinden, wo die Katze gewesen ist und wo sie sein wird. Das Ziel ist dann, zu dem aktuellen Aufenthaltsgebiet zu gelangen.
Die Jagd selbst ist die Belohnung. Während man in seinem Reich seine Spur verfolgt, geht, wo er gegangen ist, nimmt man selbst die Rolle des Beutegreifers an.
Man gewinnt Respekt vor dem Puma, während man etwas über seine Lebensweise lernt. Man findet seine Risse und liest die im Schnee zurückgelassenen Zeichen wie eine Geschichte aus einem aufgeschlagenen Buch.
Der Puma streift weit durch sein Territorium und liebt es, von ein paar fantastischen Aussichtspunkten das gesamte Gebiet zu überblicken.
Die abschließende Belohnung besteht dann darin, seine prächtige Erscheinung zu erblicken, wenn er aufgebaumt oder auf einem Felsen zu Stand gebracht ist. Vielleicht wird er wütend starren und fauchen wie ein in der Sonne gefangener Dämon.
Oder er kann ruhiger sein, als Sie sich das überhaupt nur vorstellen können, kaltblütig das weitere Geschehen abwartend.
Der folgende Schuß ist kein Sport. Aber das Töten irgendeines Tieres soll auch gar kein Sport sein. Wenn heutzutage ein Tier getötet wird, so darf das nur geschehen, wenn der Jäger den Schuß präzise platzieren kann.
Bei der Jagd mit Hunden wird der Puma normalerweise schnell, tierschutzgerecht und praktisch ohne Verluste durch Anschießen zur Strecke gebracht.
Und so ist an der gesetzeskonformen Entnahme aus einem gesunden Bestand nichts Ehrenrühriges. Sie ist sogar eine Notwendigkeit für die nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen.
In den vergangenen Jahren wurde Pumas hauptsächlich unter Zuhilfenahme professioneller Jagdführer nachgestellt, die geeignete Hundemeute zur Verfügung stellten. Heute ist der jährliche Abschuss dagegen ungefähr gleich verteilt zwischen geführten Jägern und Jägern, die mit ihren eigenen Hunden jagen.
Mehr und mehr Hirsch- und Wapiti-Jäger realisieren, dass Pumas verhältnismäßig häufig vorkommen und dass sie die größte Konkurrenz des Hirsch-Jägers sind. So steigt die Zahl der Puma-Jäger, und man kann eine ganz neue Dimension der Jagd erfahren, wenn man sich ein paar Hunde anschafft und mit der Jagd beginnt.
Auch wer nicht im Verbreitungsgebiet des Pumas lebt, kann während einer Woche oder zehn Tagen im Winter in seinem altbekannten, aber jetzt ungestörten Hirsch- oder Wapiti-Jagdgebiet den Höhepunkt des ganzen Jahres erleben.
Einmal dabeigewesen, können Sie dann die Frage beantworten: „Warum jagen Sie Pumas überhaupt?“
Hansgeorg Arndt

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