Die Ziegen-Insel

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North Goulburn Island, eine Insel in der Arafura Sea, etwa 40 Kilometer vor der Nordküste von Australien, ist ein Dorado für den Wildziegenjäger. Die Wild Goats (Catalina Goats) kommen hier in großer Zahl vor, mit einem hohen Anteil reifer und kapitaler Böcke

Von Siegfried Kursch

alter Ziegenbock
Ein alter Ziegenbock mit langem Vlies zieht an uns vorbei.
Von Darwin kommend landen wir auf der rotstaubigen Schotterpiste in Warruwi, einer Eingeborenen-Gemeinde (Aboriginal Community) auf South Goulborn Island.
Es ist geplant, von hier aus mit dem Außenborder-Boot zurück zur Küste zu fahren, um dort in den küstennahen Sümpfen des Arnhemlandes auf Keiler zu jagen.
Simon, mein australischer Jagdfreund, erzählte mir, dass auf der unbewohnten Nachbarinsel North Goulborn wilde Ziegen vorkommen, die vor vielen Jahren dort ausgewildert worden waren. Heute sind sie über Generationen zu echten und scheuen Wildtieren geworden.
Nur junge, möglichst weibliche Stücke werden von den Aborigines erlegt, die dafür extra mit dem Boot die Insel anfahren. Das Fleisch der alten Böcke will aus verständlichen Gründen niemand mehr essen, so dass hier viele alte und kapitale Trophäenträger vorkommen.
Simon hat mich neugierig gemacht. Ich bitte ihn, bevor wir zur Saujagd übersetzen, für zwei Tage die Ziegeninsel zu besuchen.
Nach etwa einstündiger Bootsfahrt haben wir den Strand von North Goulborn erreicht. Etwa zehn mal vier Kilometer Ausdehnung hat die mit Buschwerk, Palmen und Eukalyptushainen bewachsene Insel.
An den höchsten Stellen, die etwa 50 Meter über der See liegen, zeigt sich nackter, rotbrauner Fels. So liegt sie vor uns, die Ziegeninsel, wunderschön in der blauen Arafura-See.
Jetzt, Ende Oktober, ist es sehr heiß und trocken. Die langen Gräser am Inselboden sind braun verfärbt. Am Strand errichten wir für die Nacht schnell unser kleines Zwei-Mann-Zelt, laden das Boot aus und sichern es an einem langen Ankertau.
Die erste Pirsch
Mit einem leichten Repetierer im Kaliber .308, Fernglas und meiner Kamera ausgerüstet, geht es zur ersten Pirsch, denn in circa drei Stunden wird es hier bereits dunkel sein.
Nach einer Stunde Fußpirsch machen wir im lichten Eukalyptusbusch einige Wildziegen aus. Auf etwa 200 Meter Entfernung ist ein Herrenrudel von sechs Böcken durch das Glas gut anzusprechen: fünf weiße und ein schwarzer.
Simon gibt mir zu verstehen, nicht zu schießen, denn es sind Böcke von mittlerer Trophäenqualität. Da wir günstig zum Wind in Deckung der Eukalyptusbäume stehen, ziehen uns die Wildziegen entgegen.
In 50 Meter Entfernung vor uns verhofft das Rudel im Halbschatten. Ich mache schnell ein Foto. Ein etwas abseits stehender Bock hat wohl etwas verdächtiges bemerkt und sichert aufmerksam zu uns herüber. Nach einem undefinierbaren Warnlaut werfen sich die Böcke in Sekundenschnelle herum und flüchten.
Am nächsten Morgen stoßen wir im Busch auf ein größeres Rudel Wildziegen: weiße, schwarze und grauschwarze Ziegen, junge Böcke, Geißen mit ihrem Nachwuchs. Auch ein alter Bock ist dabei: Der wäre passend.
Wieder nehmen uns die Ziegen auf weite Entfernung wahr und werden flüchtig. Wir folgen ihnen mit Abstand. Der alte Bock hält sich nun mitten im Rudel auf, ein ganz schlauer.
Aber wenn Wildziegen erst einmal in Bewegung sind, dann laufen und laufen sie. Etwa eine Stunde folgen wir ihnen, dann geben wir auf.
Starke Hörner
Wir stehen im dichten Eukalyptusbusch. Vor uns eine Lichtung. Uns gegenüber wechseln unverhofft drei Böcke auf die Lichtung; ein mittelalter hat eine besonders starke Trophäe: lang und ausladend mit fast symmetrischen Schläuchen.
Das ist mein Bock. Das schwarze Absehen steht ruhig auf dem weißen Blatt. Fast breit stehend erhält er auf etwa 70 Schritt die Kugel und geht im Knall zu Boden.
Auf dem Rückweg zu unserem Lagerplatz machen wir einen wahrhaft alten „Billy“ aus, der mit seinem jüngeren Adjutanten gemächlich in Strandnähe vermutlich zu seinem schattigen Einstand zieht. Zwischen Palmenbüschen gehen wir in Deckung.
Nichtsahnend ziehen beide etwa 20 Meter entfernt an uns vorbei. Ich „schieße“ nur ein Foto von dem Alten. Sein Glück, dass ich meinen „Billy“ bereits erlegt habe.

Foto: Siegfried Kursch

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