Auf der Fährte des Löwen

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Eine Löwenjagd ist einer der Höhepunkte im Leben eines Afrika-begeisterten
Jägers. Bei mir scheiterte es immer am Preis, bis ich dann ein Angebot aus Kamerun bekam…

Löwen
Da steht er breit, der König der Savanne – eine seltene Gelegenheit zu schießen…
Die Raubwildjagd hat mich von Jugend an fasziniert. Ist schon die Fangjagd auf Fuchs und Marder für mich eine reizvolle Sache, so begeistert mich um so mehr die Jagd auf Bär, Wolf oder die beiden afrikanischen Großkatzen. Bei den heutigen Löwenjagden, die im Preis zwischen 15000 und 25000 Dollar liegen, konnte ich mich bisher aber immer noch zurückhalten.
Nach einer sehr erfolgreichen Elefantenjagd im Februar 1998 in Kamerun (siehe JWW 2/98) hatte mich das westafrikanische Land in seinen Bann gezogen. Die Wilddichten in den Savannen Kameruns – lassen wir einmal die grauen Riesen außen vor – sind allerdings nicht vergleichbar mit denen im südlichen oder östlichen Afrika. Aber die Jagd hier ist eine echte Herausforderung, sei es nun auf Großwild oder auf die mittleren und kleinen Wildarten.
Die Konzessionsgebiete in Kamerun sind größtenteils in den Händen von französischstämmigen Berufsjägern. Gute Jagdgebiete außerhalb des Regenwaldes mit besseren Beständen an Riesenelands, Büffeln und anderen Großwildarten werden hauptsächlich von gutbetuchten Franzosen und Amerikanern bejagt. 20 000 Dollar und mehr zahlt man für Jagden auf die genannten Arten, für gut organisierte Jagden im südlichen Regenwald auf Bongo, Waldelefant und Rotbüffel liegen die Preise eher noch höher.
Ich hatte zu wesentlich günstigeren Konditionen eine Jagd in einer Konzession (80 000 Hektar) am Faro-Fluss gebucht, rund 200 Kilometer südlich von Garoua im Norden Kameruns.
Da der Faro ganzjährig Wasser führt, waren wir optimistisch. Der Kurzbesuch 1998 im Jagdgebiet zeigte eine fabelhafte Gebirgslandschaft, die meinen Träumen von Afrika entsprach.
Illusionen über die Wilddichte machte ich mir nicht, aber in den wenigen Tagen, in denen ich mich 1998 dort aufgehalten hatte, schienen mir die Chancen auf Roan gut, auf den mittleren Savannenbüffel, also die Unterart, die in der Stärke zwischen Rot- und Kaffernbüffel liegt, passabel, und mit etwas Glück konnte es auch mit einem Löwen klappen. Die Löwenchance schätzte, das sei fairerweise gesagt, auch der Outfitter auf unter zehn Prozent ein.
Weiterhin bestanden die Möglichkeiten, mittlere und kleine Antilopenarten wie Western Hartebeest, verschiedene Duckerarten, Buschbock, Oribi und ähnliches zu bejagen, und seit einiger Zeit kann man ja wieder Hippo-Trophäen aus Kamerun nach Deutschland einführen (sie stehen auf Anhang II B des Washingtoner Artenschutz-Abkommens und benötigen damit keine Einfuhrgenehmigung für Deutschland, sondern nur eine Ausfuhrgenehmigung aus Kamerun).
Am 14. März starteten wir von Frankfurt über Paris nach Garoua, einen Tag später als ursprünglich geplant, aber so war ein Direktflug Paris – Garoua möglich, und das „Grab des weißen Mannes“, wie es in der Kolonialzeit hieß, Douala, mitten im Regenwald, blieb uns erspart. Das Klima ist mörderisch, die Organisation am Flughafen chaotisch.
Wir flogen also von Paris direkt nach Garoua, zwar mit viereinhalb Stunden Verspätung… aber spätestens in Garoua gehen die Uhren ohnehin anders als in Europa.
Entgegen aller Horrormeldungen klappte die Zollabfertigung mit Hilfe des Berufsjägers ohne Schwierigkeiten, und gegen Mittag machten wir uns auf die Fahrt rund 200 Kilometer nach Süden ins Camp. Dass wir zwischenzeitlich in einem kleinen Dorf an der Straße „mal eben“ die Kupplung reparierten, stört in Schwarzafrika kaum jemanden.
Reinhard, reparaturerfahren, war zwar in der Lage, auch ohne Kupplung mit viel Gefühl die Gänge einzulegen, aber für einen zwölftägigen Jagdausflug war es so doch besser. Gegen 20 Uhr kamen wir im Camp an, und auch das in einem zweiten Wagen mit uns in Garoua gestartete Camppersonal traf mit Ausrüstung und Verpflegung pünktlich ein.
Das Camp, idyllisch am Faro-Fluss gelegen, war wirklich komfortabel: gemauerte Rundhütten mit für Buschcamps ausgezeichneten Nasszellen sowie einer schattenspendenden offenen Hütte für die Mahlzeiten und das gemütliche Beisammensein.
Zahlreiche Grasantilopen (hier Kobs genannt, von dem französischen Namen kursic:Cobe de Buffon) sowie Buschböcke und andere Plains Game-Arten versetzten uns alle in erwartungsvolle Stimmung.
Zum Akklimatisieren ließen wir es am ersten Jagdtag ruhig angehen. Morgens schoß ich einen jungen Grasantilopenbock für die Küche, schließlich wollten wir bei so einer Jagdreise nicht aus Dosen leben. Die „Kobs“ schmecken übrigens exzellent, und der Koch zauberte daraus herrliche Gerichte.
Die Roan-Jagd, mit der wir beginnen wollten, war doch viel schwieriger als ursprünglich gedacht. Selten fanden wir frische Fährten, und das Wild war extrem scheu, so dass wir in den ersten Tagen nur zweimal kurz hochflüchtige Roans entdeckten.
Dazu kam, dass mein Gewehr, vorerst aus unerklärlichen Gründen, plötzlich mehr als 20 Zentimeter Höhenstreuung aufwies. Beim genaueren Kontrollieren im Camp, vom Sandsack aus geschossen, fand ich den Fehler: Der Schaft war am vorderen Systembolzen gerissen. Die Winchesterbüchse im Kaliber .458 war zumindest für diese Jagdreise unbrauchbar.
Zu Hause hatte sie noch eine exzellente Schußleistung gehabt. Ich hatte sie auf Herz und Nieren geprüft, aber das half mir nun auch nichts mehr.
Zur Verfügung stand mir nun nur noch Reinhards R 93 im Kaliber .416 Remington Magnum mit einer Aimpoint-Visierung, die er eigentlich für die Elefantenjagd benutzte und natürlich für eventuelle Nachsuchen. Die Größe des Rotpunktes beim Aimpoint, das bekanntlich ja keine Vergrößerung besitzt, lässt jedoch ein einigermaßen präzises Schießen nur bis 100 Meter zu.
Ein kitzgroßer Rotflankenducker, den ich bei einer Pirsch auf rund 80 Meter erbeutete, verschwand völlig hinter dem Rotpunkt des Aimpoints.
Im nachhinein haben wir aber auch mit dieser Waffe und dieser Zieleinrichtung alles Wild erjagt, das uns die Gelegenheit dazu bot.
Da sich die Roan-Jagd als schwieriger erwies als ursprünglich angenommen, zog es uns mehr in das Gebiet, in dem Reinhard eigentlich fast immer Büffel beobachtet und auch erfolgreich bejagt hatte. Der fünfte Jagdtag war angebrochen, und wir suchten im Büffelgebiet, wenn auch erfolglos, nach frischen Fährten.
Plötzlich wurde Richard, unser Pisteur (Tracker) aufgeregt. Hektisch deutete er in den vor uns liegenden Gegenhang. Einzelne freie Stellen konnte man im fast mannshohen Elefantengras erkennen. Auch ich erhaschte gerade noch eine Bewegung: Löwen! Ich hatte zwar nur noch einen gesehen, aber Richard erklärte uns aufgeregt, dass es drei gewesen seien: ein Mähnenlöwe, ein weiblicher und ein fast ausgewachsenes Junges.
Richard war so außer Rand und Band, dass er am liebsten auf dem direkten Weg hinterhergestürmt wäre. Nur mühsam konnten wir ihn zurückhalten, Reinhard und ich machten ihm klar, dass wir eindeutigen Nackenwind hatten. Wir versuchten, also einen großen Bogen zu schlagen, um aus dem Wind zu kommen und den Löwen den Weg abzuschneiden. Das klappte jedoch nicht. In den riesigen Elefantengrasflächen war die Chance, zufällig auf die Löwen zu stoßen, minimal.
Wir fanden zwar später nochmals die Fährten. Im harten Boden ließen sie sich aber nicht halten. Um das Gebiet nicht über Gebühr zu beunruhigen, brachen wir vorerst ab.
Gegen elf Uhr beendeten wir meist unsere Morgenpirsch. Die Temperaturen bewegten sich dann in Richtung 40 Grad Celsius im Schatten, so dass Siesta bis etwa halbvier Uhr nachmittags angesagt war.
Die mittägliche Siesta nutzten wir für „Kriegsrat“. Nachmittags wollten wir das Löwengebiet in Ruhe lassen und in einem anderen Revierteil auf Roan jagen, um es am nächsten Morgen nochmals auf die Löwen zu versuchen. In der Nähe, wo wir die Großkatzen gesehen hatten, verlief ein mit Schilf- und Papyruswildnis bewachsener Trockenfluss.
Bis vor kurzem hatte er noch Wasser geführt und zahlreiche Tümpel zogen das Wild an. Es war zu erwarten, dass die Löwen nachts das Wild an diesen Wasserstellen bejagen würden. Vielleicht gelang morgens ein Zusammentreffen.
Manch einer wird hier fragen, weshalb wir kein Bait angelegt haben. Die Antwort ist einfach: Es ist in Kamerun verboten.
Mit dem ersten Büchsenlicht waren wir an Ort und Stelle und pirschten vorsichtig gegen den Wind den stark mäandernden Flusslauf ab. Zahlreiche Antilopenfährten belegten den Wildreichtum, auch wenn die Büffel, wohl wegen der Löwen, sich hier rar machten.
Frische Fährten
Nach etwa einer halben Stunde riss es uns alle fast gleichzeitig. Selbst für mich unübersehbar standen nagelfrisch im Flusssand, direkt neben einem kleinen Wasserloch, Löwenfährten. In der Fährte des männlichen erkannten wir eine Schleppspur mit frischem, noch nicht angetrocknetem Schweiß.
Die Löwen hatten also vor kurzem hier in der Nähe Beute gemacht, die sie nun versuchten, in die Deckung zu ziehen. Die Schleppspur, der Größe nach vermutlich von einem Kob, war simpel zu halten. Selbst ich wäre hier ohne Fährtensucher zurecht gekommen. So leise wie möglich folgten wir voll konzentriert mit schussbereiten Waffen den Fährten.
Ich führte die R 93, Reinhard für den eventuellen „Nahkampf“ eine Pumpflinte, mit Brenneke vollgestopft.
Rund 300 Meter konnten wir die Fährten leicht halten. Das Gelände war recht offen. Doch dann kamen wir wieder zum Fluss in eine Wildnis aus Weidenbüschen, Schilf und Papyrus. Die Sichtweite betrug nun nur noch fünf bis zehn Meter, und alle spürten, die Löwen mussten ganz in der Nähe sein.
Auf der anderen Flussseite erstreckte sich ein großes Schilfgebiet mit einigen wenigen offenen Stellen. Auf einer entdeckten wir plötzlich einen Löwen. Ruhig äugte er uns direkt an. Ein herrliches Bild.
Leider war es das dreiviertelwüchsige Junge. Langsam schoben wir uns auf der immer noch gut erkennbaren Schleppspur voran… und dann hörten wir sie vor uns im Schilf ziehen, zehn, maximal 15 Meter vor uns. Wir waren jetzt zwischen den beiden Alten und dem Jungen, die Nerven zum Zerreißen gespannt. Zentimeterweise schoben wir uns vor, der Bewuchs wurde immer dichter.
Plötzlich winkte Richard aufgeregt, wir hatten gerade die Uferböschung erklommen. Schemenhaft hatte der Pisteur gerade noch erkannt, wie die beiden alten, erwachsenen Löwen ruhig und würdevoll zehn, zwölf Meter vor uns im dichtesten Weidegestrüpp verschwunden waren. Dahinter undurchdringliches Dickicht… aus.
Langsam glitt die Spannung an uns ab. Ich entspannte die R 93, Reinhard sicherte die Flinte. In der Wildnis vor uns hatten wir keine Chance, nochmals an die Löwen heranzukommen. Wir mussten sie vorerst ziehen lassen. Zwischen Kelch und Lippesrand war es gewesen. Ein einmaliges Jagderlebnis, auch wenn uns der Erfolg im letzten Moment versagt geblieben war.
Unsere Hoffnung, dass man an einem der nächsten Tage vielleicht noch einmal an die Löwen herankommen könnte, erwies sich als Illusion. Offensichtlich waren wir den Großkatzen allzu sehr „auf die Pelle gerückt“. Wir haben sie jedenfalls nicht mehr wiedergefunden.
Die Löwen waren also weg. Frische Büffelfährten fanden wir nicht, und die wenigen Roan zeigten sich extrem scheu. Was war los? Die Erklärung war bald gefunden. Am Faro-Fluss tummelten sich verbotenerweise, aber was half uns das, an die hundert Goldsucher, und auch die zahlreichen Schlingen bewiesen uns, dass eifrig gewildert wurde.
Hippo-Jagd
Natürlich war ich nicht nach Kamerun gereist, um Buschböcke, Ducker und Kobs zu jagen, so dass ich mich entschloss, es auf ein Hippo zu versuchen. An mehreren Stellen im Faro lagen Flusspferdherden. Die Jagd selber ist eigentlich nicht besonders aufregend, aber das ganze Drum und Dran doch recht spannend.
Man klettert in einer abenteuerlichen Flusslandschaft herum, watet bis zu den Hüften im Wasser, und hofft, dass keine Krokodile in der Nähe sind. Der Schuß selbst muß das sehr kleine Gehirn treffen. Seitlich gesehen liegt es zwischen Auge und Ohr, sehr hoch, spitz von vorn zwischen den Augen.
Da die Hippos im Wasser kein Fluchtverhalten zeigen, muß man eigentlich nur präzise schießen, besonders sportlich ist das Ganze eigentlich nicht. Wird das Gehirn getroffen, sinkt das Hippo zunächst bis zum Boden des Gewässers, um dann nach circa einer Stunde durch die sich bildenden Gase im Magen- und Darmtrakt wieder aufzutauchen.
Den Einheimischen kann man keinen größeren Gefallen tun, als ein Hippo zu erlegen. Immer wieder kommt es zu tödlichen Unfällen, meist mit Fischern, so dass in der Statistik das Hippo an der Spitze der Verursacher von tödlichen Unfällen mit Wildtieren in Afrika steht.
Darüber hinaus stellt so ein Hippo natürlich einen riesigen Fleischberg dar, eine Nahrungsquelle, die in kürzester Zeit, in unserem Falle 50 Einheimische, um Beute versammelte.
Ansonsten geriet die Jagd am Faro zu einer typischen Plains-Game-Jagd mit einer doch recht breiten Beutepalette: So erlegte ich neben den zahlreich vorhandenen Kobs einen Rotflanken- und einen Kronenducker, einen Buschbock sowie einen mittleren Warzenkeiler.
Die letzten beiden Jagdtage wechselten wir in ein staatliches Jagdcamp (zwei aneinander grenzende Jagdgebiete von rund 50 000 und 40 000 Hektar), direkt an den Benue-Nationalpark (180 000 Hektar) angrenzend. Als besondere Wildart kommt hier Rieseneland vor. In der nun bald endenden Jagdsaison hatte man immerhin sechs der begehrten Großantilopen erbeutet.
In dieser Jagdzone erpirschte ich ein passables Western Hartebeest, das dem im südlichen Afrika vorkommenden Red Hartebeest sehr ähnlich ist, aber eine eigene Unterart bildet.
Zu guter Letzt gelang es noch, eine halbe Stunde nach dem Erlegen des Hartebeests, einen Warzenkeiler mit 30,5 Zentimeter Waffenlänge zu erbeuten, für Kamerun eine Spitzentrophäe.
Am letzten Jagdtag fanden wir zwar noch frische Büffelfährten, aber leider zu spät. Zwei, drei weitere Jagdtage hätten vielleicht den Büffelerfolg gebracht, aber hinterher ist man immer schlauer.
Resümee: Auch wenn der Erfolg auf die „großen Drei“, Roan, Büffel und Löwe, ausgeblieben war, so hat allein schon das einmalige Erlebnis, auf der Löwenfährte hautnah an die Großkatzen herangekommen zu sein, die Reise gelohnt.
Man mag mich belächeln, aber dieser Morgen wird mir unvergessen bleiben.
Savannenjagd auf Plains Game oder Großwild kann ich in Kamerun nur wirklich sportlichen Jägern empfehlen, auch wenn die Jagderfolge in den teueren Konzessionen besser sein mögen.
Wir sind bei großer Hitze im Schnitt pro Tag 15 Kilometer gelaufen. Oft stundenlang ohne Wildanblick und oft deprimiert. In solchen Situationen freut man sich auch über einen Ducker als Beute. Aber die große Überraschung ist möglich, wie unsere Löwenjagd zeigt. Misserfolge muß man allerdings in Kamerun verkraften können, sonst sollte man besser ins südliche oder östliche Afrika reisen.
Die Jagden im Regenwald sollen noch härter sein und noch mehr an den Nerven zerren. Aber, ehrlich gesagt, reizen sie mich sehr.

Foto: PPZV

Hansgeorg Arndt

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