Die UNESCO hat am 21. Juni ihre Entscheidungsvorschläge für die bevorstehende Konferenz aller Mitgliedsstaaten der Weltkultur- und Weltnaturerbe-Konvention veröffentlicht.
Wegen seines „außergewöhnlichen universellen Wertes“ wurde dem Selous vor 39 Jahren der Weltnaturerbe-Titel verliehen. Jetzt wird dieses einzigartige Naturgebiet nach Meinung der UNESCO durch einen Staudamm „irreversibel“ geschädigt. (Quelle: Rolf D. Baldus)
Dem bislang größten Naturschutzgebiet in Afrika, dem Selous in Tansania, soll der Status des Weltnaturerbes aberkannt werden. Grund ist der Mega-Staudamm, den die tansanische Regierung dort bauen lässt. Die Staumauer ist 130 Meter hoch und der Stausee wird 125.000 Hektar Parkfläche überfluten. Staudämme stehen im Widerspruch zur Konvention. Insofern ist die Aberkennung geboten und konsequent.
Aufgrund seiner weltweiten Bedeutung als Naturerbe der Menschheit hatte das Reservat den Ehrentitel im Jahre 1982 erhalten. 2014 erklärte die UNESCO dann das Gebiet als „Weltnaturerbe in Gefahr“. Grund war die schrankenlose Elefanten-Wilderei, eine Uranmine und ein desaströses Management des Schutzgebiets durch die Regierung.
Im gerade veröffentlichten UNESCO-Bericht wird die tansanische Regierung ungewöhnlich offen getadelt. Sie habe gegen vielerlei Verpflichtungen der Konvention verstoßen, sei den Berichtspflichten nicht nachgekommen und habe in Verlautbarungen sogar gelogen. Der inzwischen bereits zur Hälfte fertiggestellte Staudamm werde das Wildreservat und einen angrenzenden Nationalpark „irreversibel schädigen“.
Ob der von Staatsfirmen aus Ägypten und China gebaute und wahrscheinlich auch finanzierte Staudamm jemals den erhofften Strom wird liefern können, ist ungewiss. Wie der tansanische Rechnungshof gerade verlautbarte, gab es vor Baubeginn keine Machbarkeits- und Feasibility-Studien. Man hat stattdessen auf völlig überholte Planungen aus den frühen 1980er Jahren zurückgegriffen.
Eine Aberkennung, über die das Welterbe-Komitee auf der Konferenz der Unterzeichnerstaaten Ende Juli abstimmt, würde für die tansanische Regierung einen internationalen Ansehensverlust bedeuten. Auf der Konferenz werden letztlich aber politische Entscheidungen getroffen, und es steht keinesfalls fest, ob man dem Votum der UNESCO folgen und gemäß der Konvention entscheiden wird. Ohnehin wird die Streichung des Naturparadieses von der Liste der Weltwunder dem Selous nicht mehr helfen können, sondern nur noch seine Schädigung dokumentieren.
Die Bundesrepublik unterstützt Tansania bei der „Erhaltung des Naturschutzgebiets“ mit 18 Millionen Euro. Im Abkommen zwischen beiden Staaten ist festgeschrieben, dass das Projekt beendet wird, sollte der Selous den Weltnaturerbe-Status verlieren.
In der Vergangenheit finanzierte sich das Wildreservat vor allem aus nachhaltigem Jagdtourismus. Die tansanische Regierung hat zwischenzeitlich die Jagdfläche um 60% verringert. Die UNESCO zieht die offizielle Behauptung, die Elefantenwilderei sei inzwischen gestoppt, in Zweifel. Denn die Zahl der Elefanten stagniert auf niedrigem Niveau (ca. 15.000 Tiere) und steigt nicht an. Im Jahre 2005, beim Ende eines früheren deutschen Projekts im Selous, hatte die Zahl der Elefanten über 70.000 Tiere betragen.
rdb