Im Rennsport, Modellbau oder der Raumfahrt-Technik sind die superleichten und hoch beanspruchbaren Bauteile aus Kohlenstoff-Faser nicht mehr wegzudenken. Jetzt hält der Faserverbund-Werkstoff auch im Waffenbau Einzug. Wenn der Geldbeutel mitspielt.
Der Ferrari unter den Schäften: Kohlefaser-Schaft von Pro Fab. |
Von Norbert Klups
Seit den 50er Jahren machen Faserverbund-Kunststoffe (FVK) eine rasante Entwicklung durch, denn sie zeichnen sich nicht nur als Leichtbau-, sondern auch als Funktionswerkstoffe aus. In der Luft- und Raumfahrt spielen sie daher heute eine unverzichtbare Rolle.
Der Werkstoff
Ein Faserverbund-Werkstoff wird durch Zusammenfügen mehrerer Werkstoffe hergestellt, dem sogenannten Laminat. Ein Laminat ist ein flächiges Produkt, das aus einem Verbund von Harz und Faser besteht. Als formgebende Matrix wird dabei Epoxyd- oder Polyester-Harz verwendet und als verstärkende, hochfeste Faser meist Glas, Aramid oder Kohlenstoff.
Die Fasern werden in eine flüssige Reaktionsharzmasse eingebettet und beim Härten des Harzes im so entstehenden festen Formstoff verankert. Auch kompliziert gestaltete und sehr große Teile können somit in einem Arbeitsgang mit verhältnismäßig geringem Aufwand hergestellt werden. Um einen Gewehrschaft zu fertigen, ist der Aufwand allerdings sehr hoch, weil ein hoher Anteil an Handarbeit für die Innenbearbeitung anfällt. Gut zehn Stunden müssen pro Schaft einkalkuliert werden.
Die Vorteile
Gewichtsminderung unter Beibehaltung oder gar Verbesserung der mechanischen Eigenschaften sind die wesentlichen Vorteile des Leichtbaus mit Faserverbund-Werkstoffen.
Kohlenstoff-Fasern sind fester und bedeutend steifer als Glasfasern, und das spezifische Gewicht der Laminate ist etwas niedriger. Daher werden sie vor allem für steife Konstruktionen eingesetzt.
Die Festigkeit übertrifft die der meisten Metalle und anderer Faserverbund-Werkstoffe. Bei gleichem Gewicht hat Kohlenstoff-Faser die fünffache Zugfestigkeit und Steifigkeit von Stahl. Dazu kommt, dass die Dehnung von Kohlenstoff-Fasern vollelastisch ist und auf diese eine hervorragende Ermüdungsbeständigkeit und Vibrationsdämpfung gegeben ist.
Gerade diese dämpfenden Eigenschaften machen dieses Material für die Herstellung von Gewehrschäften sehr interessant. Beim Testschießen zeigte sich sehr schnell, dass sich eine Büchse mit Kohlenstoff-Faserschaft sehr viel angenehmer schießt als mit Holz- oder herkömmlichem Kunststoffschaft.
Das erste Modell von Pro-Fab ist eigentlich für das Mauser System 98 ausgelegt, doch es war kein Problem, den Schaft für ein Sauer 80-System einzurichten. Dies wurde gewünscht, weil hier eine Büchse im Kaliber 8×68 S zur Verfügung stand. Die 8×68 S hat einen deutlich fühlbaren, von vielen Schützen als unangenehm empfundenen Rückstoß und eignet sich daher als Test-Kaliber, bei dem der Rückstoß durch das neue Material gedämpft wird.
Das Outfit
Die Außenform des Schaftes ist klassisch: leichter Schweinsrücken mit kantiger bayerischer Backe und schlankem Vorderschaft mit kleiner Nase, ausgelegt für den Schuss mit Zielfernrohr.
Eine Fischhaut lässt sich bei einem Kohlenstoff-Faserschaft nicht anbringen. Wer den Schaft als zu glatt empfindet, kann mittels Skateboardtape hier leicht Abhilfe schaffen. Jedem Schaft liegen zugeschnittene Stücke für Vorderschaft und Pistolengriff bei. Mit dem Tape ist der Schaft wirklich griffig und lässt sich auch mit nassen Händen sehr sicher halten. Es geht aber auch ohne, denn die Oberfläche ist nicht zu glatt.
Abgeschlossen wird der Schaft mit einer schwarzen, nicht ventilierten Gummikappe. Damit sich die Schaftkappe anbringen lässt, wurde bei der Fertigung des Schaftes innen ein Stück Holz eingesetzt, in das die Schrauben der Schaftkappe gedreht werden.
In der Praxis
Durch den leichten Schaft wird die Sauer mit dem 66 Zentimeter langen Lauf etwas kopflastig, was sich aber beim freihändigen Anschlag positiv bemerkbar macht. Auf dem Schießstand wurden mehrere Serien mit dem Holzschaft und dem Kohlenstoff-Faserschaft geschossen. Obwohl das Waffengewicht mit dem neuen Schaft deutlich geringer ist, schießt sich die Büchse merklich weicher. Der dämpfende Effekt ist hier deutlich spürbar. An der Präzision änderte sich nichts.
Von der Belastbarkeit ist der Schaft einem Holzschaft um Klassen überlegen. Über zwei Stühle legen und draufsetzen, das beeindruckt ihn überhaupt nicht, und mit Verzug bei widrigen Witterungsbedingungen gibt es auch keinen Ärger. Bezüglich der Kratzfestigkeit verhält er sich wie ein Kunststoffschaft, harte Gegenstände hinterlassen leider ihre Spuren.
Für eine Büchse, die bei der Bergjagd unter härtesten Bedingungen eingesetzt wird und bei der das Gewicht eine Rolle spielt, ist ein Schaft aus Kohlenstoff-Faser eine feine Sache. Dazu kommt noch die Rückstoß-Dämpfung. Eine Mündungsbremse ist zwar billiger und noch effektiver, sieht dafür aber nicht gerade elegant aus, erhöht die Waffenlänge und verstärkt den Knall.
Nichts für Sparer
Der Preis ist wohl das Einzige, was der weiten Verbreitung der Kohlenstofffaserschäfte wirklich im Wege stehen wird. Ein Schaft kostet 2.530 Euro, also fast das Vierfache eines wirklich guten Kunststoff-Schaftes. Dafür ist er etwas leichter, sieht gut aus und reduziert den Rückstoß.
Die Kohlenstofffaserschäfte sind für den ambitionierten Auslandsjäger mit gut gefülltem Geldbeutel eine Alternative zu den meist billig aussehenden Kunststoffschäften. Sie machen auch an teuren Custom-Büchsen eine gute Figur.
Die Kohlenstofffaserprodukte für Waffen der Firma Pro Fab werden über die Firma Michael Stukenkämper, Auf dem Borkamp 42, 59302 Oelde vertrieben.
Fotos: Norbert Klups