Kleine Leute, große Jäger

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Buschmann
 

1/ 2013

Jagen im Norden Namibias. An sich schon spannend genug, doch so richtig aufregend wird’s, wenn Buschmänner auf einen reifen Kudubullen führen. Und unvergesslich, wenn es als Zugabe noch Keiler und Karakal gibt.

Von Hans Jörg Nagel

 

Grey Lourie
Der Grey Lourie kann die Aussicht auf jagdlichen Erfolg erheblich trüben.
Nun reicht es Andreas, er hat die Faxen dicke. Sein Auge hat das Ziel längst erfasst. Behutsam legt er den Pfeil auf die Sehne. Der Bogen wird ausgerichtet und gespannt. Surrend fliegt das Holz in das Astgewirr des Akazienbaums und erzielt schlagartig Wirkung: Der „Schreihals“ verstummt, ergreift mit heftigem Flügelschlag die Flucht. Der kleine Buschmann hebt die Faust, schaut dem abstreichenden Vogel nach und beendet mit 3 Schnalzern einen kurzen Monolog. Zu diesem Zeitpunkt glaube ich noch in dem kehligen „klack, klack, klack“ einen Fluch oder eine Drohung herauszuhören. 4 Tage später weiß ich es besser.
 
Der „Schreihals“ hatte uns schon den ganzen Tag genervt und die Aussicht auf jagdlichen Erfolg erheblich getrübt. „Wie Specht oder Eichelhäher bei Euch in Deutschland, ist der Grey Lourie, wie er richtig heißt, eine nervende Petze. Wenn der Vogel seinen schrillen Ruf ausstößt, ist das Wild im Umkreis von mehreren hundert Metern in Alarmbereitschaft“, erklärt mir Berufsjäger Frank Friederich. Und weiter: „Andreas hat mit dem stumpfen Pfeil nur in die Nähe des Vogels geschossen. Er will ihn nicht töten, sondern nur vertreiben.“
 
Das wäre also erledigt. Jetzt ist es wieder ruhig und genau 11 Uhr. Wir haben noch eine gute Stunde Zeit, ehe die Mittagssonne so richtig zuschlägt und das Wild die schützenden Schattenplätze aufsucht. Ich bin gespannt, was uns so alles begegnen wird…
 
 

„Weißer San“

 

Frank
Frank Friedrich wuchs mit den San auf und spricht ihre Sprache perfekt.
Gut 600 Kilometer nördlich von Windhoek, knapp oberhalb von Grootfontain, liegt die Game-Ranch der Familie Friederich. Auf zusammen 9.000 Hektar Busch- und Parklandschaft ziehen hier unter anderem Eland, Kudu, Oryx, Duicker und Warzenschwein ihre Fährten. Auch Zebras und Giraffen kommen auf den Flächen der Baobab-Farm vor. Leopard und Gepard machen hier Beute, und gelegentlich überrascht Besuch aus dem nördlichen Angola oder östlichen Sambia: „Fast jedes Jahr fährten wir einzelne Elefanten. Die maschieren aber nur durch“, erklärt mir Farmbesitzer Helmut Friederich.
 
Er und seine Frau Margret betreiben seit 2000 die Game-Ranch, die nach dem Affenbrotbaum benannt ist. Sohn Frank ist nicht nur Jagdführer, er ist lizensierter Berufsjäger. Trotz seiner gerade mal 28 Lenzen ist er ein „alter Hund“ in Sachen Jagd. „Ich wuchs mit den San auf. Von Kindsbeinen an stromerte ich durch Busch und Savanne. Vieles konnte ich über die Jahre von den Ureinwohnern dieser Gegend lernen.“ Perfekt spricht Frank Friederich Haikom, die Sprache der San. So werden die Buschmänner hier genannt. Sie gehören dem Volk der Baumschläfer an.
 
Nicht zuletzt aus diesem Grunde bin ich genau hier im Nordosten Namibias. Das jagdliche Angebot rund um die Baobab-Farm ist so vielfältig wie ursprünglich. Neben Bogenjagd bieten die Friederichs die Jagd zu Pferd, mit dem Eselsgespann und geführt von Buschmännern an. Genau das wollte ich erleben. Mitte September 2012 war es soweit.
 
Mit dem für viele Urvölker typischen Willkommens-Lächeln hatten mich Andreas und Kassie bei meiner Ankunft begrüßt. Beide von zierlicher Gestalt und höchstens 1.50 Meter groß, aber mit festem Händedruck. Die San leben im Buschmannland, knapp 150 Kilometer westlich der Farm, Richtung Etoscha-Pfanne. In ihrem Dorf werden sie mit richtigem Namen gerufen, der ist für mich unaussprechbar, mehr noch unschreibbar. Zwar gibt es für deren Schnalzlaute mittlerweile Schriftzeichen, aber wer kennt die schon?
 
Das kurze Begrüßungsgespräch übersetzte Frank. Kassie behauptet, er sei 29 Jahre alt, sein Onkel Andreas berichtet, er sei geboren, „als die Regenzeit 2 Wochen früher als sonst einsetzte“. Auf mich wirkt der Jüngere eher wie 15-jährig, sein Onkel dagegen wird wohl um die 60 sein.
Während der Autofahrt ins Revier erklärte mir Frank den Schlachtplan: „Die Buschmänner werden nach Fährten suchen. Entdecken sie Trittsiegel eines starken Kudus, werden die ausgegangen. Das kann dauern.“ Ich fragte nach, wie es dann weitergeht. Der Berufsjäger: „Die San können anhand der Fährten zwar Wildart, Geschlecht und Stärke ansprechen, aber natürlich nicht unterscheiden, ob es sich um einen starken Jungbullen oder schwachen reifen Bullen handelt. Sie sind seit Jahrhunderten reine Fleischjäger.“ An ihm sei es dann, das angepirschte Stück als jagdbar freizugeben.
Kaum war der Pick-Up des Farmers zum Stehen gekommen, sprangen die San von der Ladefläche, um sich auf dem Sandweg einen ersten Überblick zu verschaffen. Noch keine Minute später, ging es rechts ab in dickes Buschwerk. Ein Wechsel sei frisch begangen, die Fährten deuten auf einen starken Kudu hin, erklärte mir mein Jagdführer mehr im Vorbeigehen. Für die Pirsch selbst legte er konsequent eine Reihenfolge fest: „Andreas und Kassie gehen vorneweg, du folgst und ich dahinter.“ Um nachzulegen: „Sei leise, besonders wenn die San geduckt gehen. Bleibe sofort stehen, wenn sie stoppen.“
 

 

San
Andreas hat die Faxen dicke. Mit einem Pfeil vertreibt er den bunten Lärmvogel.
Im Norden Namibias ist es um diese Zeit trocken. Erst Ende September setzt die Regenzeit ein. Dementsprechend krachten Halme und Äste unter den Füßen der Jäger. So richtig leise pirschen war nicht. „Deshalb kommt uns der Wind zugute – er schluckt Geräusche“, belehrte mich der 28-Jährige. Und tatsächlich kamen wir recht bald nahe an einen Oryx-Bullen und einen kleinen Trupp Zebras.
 
Nach rund einer Stunde anstrengender Pirsch bremsten die schwarzen Führer abrupt. Ein kurzes Gespräch untereinander und Handzeichen zu Frank. Kassie habe etwas gesehen, flüsterte mir Frank zu und setzte sich an die Spitze des Trupps. Langsam schob er sich voran. Sein Ziel: ein Dornenbusch, knapp 10 Meter vor uns. Leise setzte der deutschstämmige Afrikaner Fuß vor Fuß. Dann plötzlich: „Kwääääääh“ schrie es vom Baum. Und nochmal: „Kwääääh, Kwääääh“. Ohrenbetäubend. Ein Rumpeln folgte. Keine 30 Meter von uns setzte sich ein Kudubulle in Bewegung, um grußlos im dichten Busch unterzutauchen. Der Grey Lourie hatte ganze Arbeit geleistet. Die San schimpften jetzt ihrerseits wie Rohrspatzen. Frank lachte nur und sagte zu mir: „Darf ich vorstellen: der Schreihals.“
 
Dieser etwa papageiengroße Vogel sollte uns den ganzen Morgen die Tour vermiesen. Ob immer derselbe oder weitere gefiederte Artgenossen, weiß ich nicht. Wir kamen stets ungestört in die Nähe des Wildes, aber im entscheidenden Moment donnerte das „Kwääääh“ durch den Busch. Das ist nun vorbei: Andreas Pfeil-Angriff auf den bunten Lärmvogel zeigte Langzeitwirkung. Ab diesem Moment vermasselte uns der „Kwäää“ kein einziges Mal mehr die Tour.
 
 

Auge in Auge

 

Pirschzeichen
Fast unmerkliche Pirschzeichen führen die Buschmänner zum Wild.
Die plötzlich einsetzende Ruhe tut gut. Andreas hat seinen Pfeil wieder eingesammelt, und wir setzen uns auf einen alten Termitenhügel, um auszuruhen. Nur wenig später schwärmen die Buschleute erneut aus, um sich einen Überblick zu verschaffen. Wechsel werden inspiziert – und tatsächlich meldet Kassie eine weitere Kudufährte.
 
Hochkonzentriert, den Blick fest am Boden, saugen sich die Buschmänner an den Trittsiegeln fest. Immer wieder erklärt mir Frank, was auch er im sandigen Boden sieht. Da ist eben ein Warzenschwein gequert, und das ist der große, schmale Abdruck eines Giraffenhufs. Aber viel wichtiger sind die gut handtellergroßen, fast runden Schalenabdrücke, die am linken Rand des Wechsels stehen. „Ein Kudu. Die tiefen Abdrücke, Schrittlänge und -schränkung lassen auf einen Bullen schließen“, flüstert er mir zu. Auf geht´s.
 
Nach knapp 20 Minuten Vollbremsung. Der Jagdführer schiebt sich an mir und den Buschleuten vorbei. Die norden ihn mit knappen Worten und Handzeichen ein. Etwa 80 Meter schräg links äst das gesuchte Stück. Nur schemenhaft ist es für mich auszumachen, einzig an der Färbung der Decke als Kudu anzusprechen. Die San haben ihren Job getan. Sie gehen in die typische Hockstellung und lassen die weißen Jäger ans Werk. Frank schleicht gebückt von Strauch zu Strauch. Ich im Schlepptau, mit meinem Führer über das Dreibein verbunden. Er hält es vorne, ich knapp dahinter. So haben wir Kontakt zueinander und bilden eine schmale Silhouette. Schritt für Schritt kommen wir näher an das Stück. Den Wind beachtend, müssen wir einen kleinen Bogen schlagen – aber genau der hat es in sich. Für die rund 60 Meter haben wir 5 Minuten gebraucht. Nun steht der Kudu frei vor uns, den Äser hoch im Baum. Dort oben findet er reichlich Grün, während die Vegetation am Boden noch nicht viel hergibt.
 
In Zeitlupentempo baut Frank das Dreibein auf, und ebenso langsam repetiere ich die .300 Win.Mag. und lege an. Ein prächtiger Kerl im Glas. Hoch winden sich die Hörner des Bullen, um oben in 2 helle nach außen stehenden Kerzen zu enden. Alles traumhaft, außer der Stellung der Großantilope. Ich schaue dem Wild direkt ins Weidloch. „Abwarten“, flüstert mir Frank kaum vernehmbar zu.
 
Das Wild erreicht ohne die geringste Bewegung die schmackhaften Blätter in 2,5 Metern Höhe. Kein Geräusch der Jäger und trotzdem: Mit einem Mal schlägt das Haupt des Bullen um, und er starrt uns über seinen Rücken an. Auge in Auge mit ihm vergehen sicherlich 1 bis 2 Minuten. Eine lange Zeit im Voranschlag. Frank Friederich zweifelt an meinem Durchhaltevermögen. Kaum vernehmbar murmelt er: „Der hält diesen Schulterblick nicht mehr lange aus, gleich wird er sich drehen, um genauer und entspannter zu äugen. Dann steht er breit. Schieß sofort!“
 
Doch genau das passiert nicht. Der etwa 8-jährige Kudubulle springt plötzlich ohne jede Vorwarnung ab und ist mit 2, 3 Sätzen im dicken Zeug verschwunden. Ich beginne wieder zu atmen und bin ergriffen von Anblick sowie Spannung der zurückliegenden Minuten.
 
 

Bulle mit Geschichte

 

Pirschzeichen
Weißer und schwarze Jäger: Die San in der typischen Storchenhaltung.
Nächster Tag, 9.30 Uhr. Seit ein paar Minuten schieben Andreas und Kassie nur noch ihre Füße durch das gelbe staubtrockene Buschgras. Dieses Gleiten statt Schreiten hat 2 Vorteile für die San. 1. es ist leiser, weil Zweige und Halme nicht gebrochen, sondern weggeschoben werden. 2. weil die schuhlosen San so weniger Gefahr laufen, sich einen Dorn in den nackten Fuß zu treten. Ich mit meinen Pirschstiefeln muss zwar nicht um meine Fußsohlen fürchten, mache aber Lärm. Deshalb sind die Buschleute fast 50 Meter vor uns.
 
Rückblick: Etwa eine halbe Stunde zuvor hatten wir ihn entdeckt. Er zog ruhig auf einem freien Streifen in Richtung eines Kameldornhains. Auf gut 200 Meter sprach Frank ihn mit dem Glas an. „Kudu, steinalt. Die Hörner nicht extrem hoch, aber gut gewunden. Die Kerzen weisen nach außen. Interessiert Dich das?“ Was für eine Frage. „Natürlich!“, sagte ich sofort. „Das klingt nach einem Bullen mit Geschichte. Das ist mir mehr wert, als ein paar Zentimeter zusätzlich.“
 
Der frische Wind und die Laufrichtung der Antilope verlangten eine besondere Taktik. In sehr großem Bogen umschlugen wir den Kamelbaum-Bestand, in der Hoffnung, ihm mit Gesichtswind entgegen zu laufen. Das hat geklappt: Etwa 100 Meter vor uns äst der Alte die saftigen Blätter eines Tamboeti-Baumes. „Wie konntest Du nur so genau berechnen, wo der Bulle auftaucht“, frage ich Frank flüsternd. „Weiß nicht, Instinkt oder so“, antwortet mein Jagdführer geistesabwesend und knapp. Er überlegt, wie er mich am sichersten an das Stück heranführen kann. Nur wenig Büsche und Bäume liegen zwischen uns Jägern und dem Wild.
 
Wieder geht es hintereinander in gebückter Haltung, Schritt für Schritt. Die San folgen uns. Das ist das erste Mal, dass sie nach Bestätigung eines Stückes weitermachen. Kein Hinhocken und warten, sondern Verfolgung der weißen Jäger in geringem Abstand. Ein gutes Zeichen?
 
Im Schritt verhoffen wir, bewegen uns nicht. Ich traue mich kaum, den gesenkten Kopf zu heben. Frank wird schon wissen, was er tut. Ich nutze die kurzen Pausen, um mir den Schweiß aus den Augen zu wischen. Dann geht es vorsichtig weiter. Mal leicht nach links, dann wieder nach rechts – nur selten direkt auf den Kudu zu. Erneute Vollbremsung mit Kniefall des Jagdführers und seines pumpenden Anhängers. Auch die San gehen in einigem Abstand runter. Ich schaue direkt in dichtes Zeug. Frank flüstert: „Dieser Busch ist die letzte Deckung zwischen ihm und uns. Wir müssen nun bäuchlings an den Rand der Sträucher kommen und dann weitersehen. Jetzt nur noch Handzeichen!“ Ich habe verstanden.
 
Wir kriechen voran. Nur ein paar Meter, dann stoppt Frank erneut. Ein Wink signalisiert mir aufzustehen. Ungestört äst der Kudu knappe 50 Meter vor uns. Klapprig wirkt er, die Rippen stehen vor. Am Hinterlauf erkenne ich selbst ohne Glas ein handballgroßes Geschwür. Das Gehörn ist mächtig, die Kerzen stumpf. Den will ich unbedingt!
 
 

 

Schuss
2 leichte Klopfer auf die Schulter des Berufsjägers und dieser hält sich die Ohren zu.
2 leichte Klopfer des Berufsjägers auf seine rechte Schulter. Dann hält er sich die Ohren zu. Ich verstehe. Sachte bringe ich das Gewehr neben seinem Hals in Stellung. Das Absehen wackelt auf dem Wildkörper hin und her. Das liegt nicht an Franks Schulter, mich hat das Jagdfieber gepackt. Ich zwinge mich, ruhiger zu atmen, bin bereit, vergrößere den Druck auf den Abzug und muss doch wieder locker lassen. Das Absehen ist nicht ruhigzustellen. 2 weitere tiefe Atmer. Diesmal passt es! Die mächtige Antilope quittiert den Schuss deutlich. Vorne steigt der Bulle kurz hoch, um sofort nach hinten auszuschlagen. 2, 3 Gänge macht er noch, dann wirft es ihn auf die Seite. Kurz darauf ist er verendet.
 
Frank hat mir unmittelbar nach dem Schuss einen freudigen Schulterklopfer verpasst. Später wird er mir erklären, dass dieses Nach-hinten-Austreten und Vorne-Hochsteigen des Kudus untrüglich auf Kammerschuss hinweist. Sofort sind die Buschmänner bei mir, lachen und schütteln meine Hand. So macht Jagen Spaß.
 
Per Funk wird der Farm-Chef gerufen. Nach 20 Minuten steht Helmut Friederich vor meinem ersten Kudu. „Jörg, das gefällt mir. Ein alter Bulle mit Charakter“, zeigt sich der Farmer hochzufrieden. Und er hält Ansprache am erlegten Stück: „Wenigstens 9 Jahre alt ist der, eher älter. In Fachbüchern liest man, dass Kudus bis zu 14 Jahre alt werden. Das trifft bestenfalls auf Kühe zu. Tatsächlich gehen Bullen mit 10 bis 11 Jahren ein.“
 
Frank Friederich ist so angetan von der Greisen-Erlegung, dass er mich umgehend fragt: „Willst Du morgen nachlegen?“ Unbedingt. Der Besitzer der Ranch bietet mir an, an einem der Wasserlöcher einen Warzenschweinkeiler zu erlegen.
 
 

Chef und Adjudant

 

Bild
Der Warzenkeiler wurde mit einer Silbermedaille prämiert.
So sitzen Frank und ich am nächsten Tag auf Campingstühlen an einem der vielen Wasserlöcher des Reviers. Im Flüsterton plaudern wir ein wenig und freuen uns an so manchem tierischen Besucher der Tränke.
 
Nach gut 1,5 Stunden kommen sie. 2 Warzenschweinkeiler. Mit dem entspannten Herumfletzen ist es schlagartig vorbei. Langsam gehen die Gläser hoch, und durch den schützenden Busch beobachten wir die Ankömmlinge. „Passt!“, sagt Frank. „Der Keiler rechts ist zu jung – ein Adjudant. Aber der linke ist wirklich gut. Mach‘ dich bereit.“
 
So langsam wie möglich erhebe ich mich aus dem Stuhl. Ein kleiner Schritt nach links, und ich kann an der knorrigen Akazie anstreichen. Rund 40 Meter sind es bis zu den Sauen. Die haben ihren Durst gestillt und nehmen nun ein Schlammbad – abwechselnd. Einer sichert, der andere suhlt. Prima Teamwork. Aber es soll dem Alten nichts nützen. Als er wieder hochkommt und kurz verhofft, kracht mein Schuss. Sofort wirft es ihn auf die Seite. Kurzes Schlegeln, dann ist Schluss.
 
Am erlegten Stück verweile ich einen kurzen Moment, ehe ich die Hauer mit der Hand umschließe. Frank sagt: „Siehst Du? Am Ende Deiner Hand schauen noch gut 3 Zentimeter des Gewaffs heraus. Das ist ein deutliches Zeichen für einen reifen Keiler.“
 
 

Hund findet Katze

 

Morgen Früh geht es wieder nach Hause. Ich habe also noch einen halben Tag. Nach netten Gesprächen und einer kurzen Siesta überrascht mich Helmut am späten Nachmittag: „Du hast doch gesagt, Du würdest auch gerne mal einen Schakal erlegen. Mach das!“ Heia Safari, das gefällt mir. Und so pirschen Frank, Andreas, Kassie und ich gegen 18 Uhr im südlichen Teil des Reviers. Doch die Buschleute finden keine Spur. An einer Sandpiste lassen wir die beiden zurück. Gleich wird es eh dunkel.
 
Das Gelände teilt sich auf. Links von uns dichtes Buschland, rechts offener Savannenbereich. Schlagartig verhofft Frank. „Eland!“, seine knappe Erklärung. Das ist die Lieblingswildart meines Jagdführers, und er beschreibt das Stück als guten, alten Bullen. Der steht rund 50 Meter weit weg, und ich erkenne im dichten Zeug nur Umrisse der bis zu 900 Kilogramm schweren Antilope. Mein Jagdführer ist begeistert und kann den Blick nicht ablassen. Ich dagegen schaue auch mal nach rechts ins freie Gelände und entdecke etwas: „Duiker rechts“, flüstere ich dem Eland-Fan zu. Ohne das Glas abzusetzen schwenkt er in die angegebene Richtung. „Kein Duiker. Karakal!“ Für ihn untypisch sagt er diese Worte recht laut. „Das ist deine Chance. Beeil dich.“
 
 

 

Luchs
Die Vermessung des Wüstenluchses hat eine Goldmedaille ergeben.
Mein Duiker, der nun zu einem Wüstenluchs mutierte, steht etwa 80 Meter entfernt. Den Kopf am Boden, scheint er dort irgendetwas aufzunehmen oder zu bewinden. Ich streiche an einem Baum an. Der Karakal hat schon ein paar Mal den Kopf gehoben. Die Katze dreht leicht nach links ab und setzt sich in Bewegung. Da pfeift es schrill. Das war Frank. Der Karakal verhofft, ich schieße. Der Wüstenluchs macht einen Sprung in die Luft und ist mit wenigen Sätzen im dichten Busch verschwunden.
 
Sofort untersucht Frank die Fluchtfährte. Zu meinem großen Erstaunen finden wir auf gut 50 Meter gerade mal 2 stecknadelkopfgroße rote Bröckchen. Der heiße Sand hat offensichtlich den Schweiß des Räubers sofort kristallisieren lassen. „Hat keinen Zweck“, bilanziert der junge Jäger. „Ich lasse Dascha bringen!“
 
Dascha ist die Weimaraner-Hündin der Friederichs. Eine halbe Stunde später sehen wir die Lichter des Pickups. Im Schein der Lampen „gallopiert“ die Hündin vorneweg. Längst ist sie von der Ladefläche gesprungen, hat schon Schweiß in der Nase. Einen Kreis linksherum, ein weiter Bogen nach rechts. Die Nase fest am Boden. Plötzlich zuckt der Hund zusammen, schlägt scharf nach rechts rum und rast im Sauseschritt davon. Frank hinterher. Und schon kurz darauf kommt das erlösende „Weidmannsheil“.
 
 
 

 

Luchs
„Buschmanndank“: Nach langer Pirsch kam dieser uralte Bulle zur Strecke.
Überglücklich nehme ich den uralten Wüstenluchs im Licht des Autoscheinwerfers genauer unter die Lupe: Stumpfe Zähne, stumpfe Krallen und ein wunderschöner Balg. Während der Fahrt zum Flughafen werde ich per Handy von Frank erfahren, dass die Vermessung der Katze die Bewertung „Goldmedaille“ ergeben hat.
 

Abschied am nächsten Morgen. Die ganze Mannschaft ist angetreten, um mir Lebewohl zu sagen. Zuletzt schüttele ich die Hand von Andreas. Gestenreich und lächelnd redet er in Haikom auf mich ein. Seinen Vortrag beendet er mit einem dreifachen Schnalzer. Das kenne ich doch. Waren das nicht die gleichen Laute, die ich am ersten Tag im Busch für Verwünschungen des abstreichenden „Schreihalses“ hielt? Ich teile Frank meine Befürchtungen mit, dass mich der kleine San mit einem Fluch belegt hat. Da lacht der und übersetzt meine Frage erstmal den Buschmännern. Die lachen nun ebenfalls. Als letzter erfahre ich den Grund der allgemeinen Heiterkeit. Mein junger Jagdführer erklärt mir: „Du hast richtig gehört. Die Schnalzer eben waren tatsächlich dieselben wie im Busch. Aber das sind keine Flüche, sondern gute Wünsche. Sie bedeuten: Gute Jagd und guten Flug. Das gaben sie dem Vogel mit und nun Dir.“

 
 

 

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