Bären-Probleme – Problem-Bären in der Slowakei

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Alle drei Großraubwild-Arten, also Braunbär, Wolf und Luchs sind in den slowakischen Karpaten heimisch und gehören zu den Problem-Arten, weil das Zusammenleben der Menschen mit ihnen wirklich nicht problemlos ist.

Von Dr. Pavel Hell
Nicht nur ökonomische, tierzüchterische und gesundheitliche Gründe spielen bei der Betrachtung der Problem-Arten eine Rolle, sondern die drei Raubwild-Arten beeinflussen auch stark das Management des Schalenwildes oder den Tourismus. Die wenigsten Probleme verursacht in der Slowakei der Luchs. Er führt ein sehr verborgenes und heimliches Leben, weicht dem Menschen von weitem aus, greift ihn nicht an, und auch seine Angriffe auf Haustiere, vor allem Schafe, sind bei uns, ich bin slowakischer Wildbiologe, eher selten.

Ein Luchs reißt jährlich 60 bis 75 Stück Schalenwild, vor allem Rehe, Rotkälber und Schmaltiere. Daher ist sein Einfluss auf die Hege des Schalenwildes nicht unbedeutend. Viel größere Probleme verursachen jedoch Wölfe, die viele Schafe töten, aber uns Menschen nicht angreifen. Es sei denn, dass sie tollwütig sind, was aber nur selten vorkommt. Ein Wolf verbraucht jährlich 500 bis 800 Kilogramm Fleisch, und daher dezimiert dieses Raubwild die Bestände des Rot- und Schwarzwildes, aber auch des Rehwildes, ziemlich stark.

Die weitaus größten Probleme verursacht in den West-Karpaten der Braunbär: im Jahre 2002 töteten Bären 325 Schafe, 15 Rinder, vier Ziegen und vernichteten 233 Bienenstöcke. Außerdem werden von ihnen jährlich vier bis elf Menschen angegriffen und verletzt, manchmal schwer mit dauernden Folgen und Verstümmelungen.

Sie reißen gelegentlich auch Schalenwild, vor allem Jungtiere und kranke Stücke. Aber ihre Nahrung ist hauptsächlich vegetarisch und im Winter ruhen sie in ihren Höhlen, so dass sie für das Schalenwild viel weniger gefährlich sind als Wölfe und Luchse.

Vor 75 Jahren lebten in der Slowakei nur etwa 20 Braunbären, und es drohte ihnen das Aus. Auf Anregen der Jägerschaft wurden sie seit dem Jahre 1933 unter Schutz gestellt, und so ist es bis heute geblieben. Der Bestand erholte sich und begann immer rascher anzusteigen und die verlorenen Gebiete wieder zu besiedeln. Damit vergrößerten sich auch die Schäden an Haustieren und Bienenstöcken.

Deshalb begann seit 1962 ein begrenzter und rigoros überwachter Jagd, der an eine limitierte Zahl von Sonderbewilligungen des Ministeriums für Bodenkultur gebunden war. Es sollten jährlich zehn Prozent des Bestandes aus der Natur entnommen werden, was aber – wenigstens offiziell – meistens nicht erfüllt wurde. Auch diese Tatsache hat zum weiteren Anwachsen des Bestandes beigetragen.

Am Anfang konzentrierte sich der Abschuss vor allem auf alte, männliche Bären mit starken Trophäen, was aber für die Struktur der Population nicht optimal war. Deswegen wurde in den späteren Jahren vorgeschrieben, den Abschuss auf jüngere und auch weibliche Stücke bis 100 oder 150 Kilogramm zu konzentrieren. Die Zahl der zur Jagd freigegebenen älteren und stärkeren Stücke über 150 Kilogramm wurde rigoros beschränkt. Das führte zu einer Verbesserung der Geschlechts- und Altersstruktur der Population, die sich quantitativ auch weiterhin erfreulich entwickelte.

Derzeit wird der Bärenbestand in der Slowakei auf 600 bis 800 Petze geschätzt, und sie besiedelten auch Gebiete in Polen entlang der Staatsgrenze, wo weitere 90 Exemplare leben. Die herbstliche Bärendichte beträgt bei uns in den besten Lebensräumen ein Bär auf 800 Hektar Wald. Das ist also sehr hoch.

Außerdem wurden in den Jahren 1962 bis 1997 insgesamt 1.154 Bären legal erlegt oder sind im Straßen- und Eisenbahnverkehr umgekommen. Die Verkehrsopfer waren nur Ausnahmefälle. Auch der illegale Abschuss war damals nur gering.

Diese Zahlen zeigen, wie hoch die Reproduktionsrate unserer Bärenpopulation sein muss, was auch unsere Beobachtungen bestätigen. 1992 haben wir 547 Sichtbeobachtungen von Bären und 362 Spuren ausgewertet, vermessen und festgestellt, dass eine führende Bärin durchschnittlich 1,7 Junge bei sich hatte, und zwar waren davon 37 Prozent mit einem, 58 Prozent mit zwei und fünf Prozent mit drei diesjährigen Jungen, wobei selten auch vier Junge im Wurf vorkommen. Die Zahl der diesjährigen Jungen betrug 18 Prozent der sommerlichen Gesamtpopulation. Der Gesamtzuwachs erreichte 21 Prozent des Frühjahrbestandes, was sehr hoch ist. Doch in Kroatien sind es sogar 25 Prozent, wobei bei einer führenden Bärin durchschnittlich 2,15 Junge festgestellt wurden, also mehr als bei uns.

Aber der Winter ist dort kürzer, und die Bären werden während des ganzen Jahres an den Kirrungen „gefüttert“, was bei uns nicht erlaubt ist. In Kroatien haben 15 Prozent der führenden Bärinnen ein, 54 Prozent zwei, 30 Prozent drei und ein Prozent vier Junge.

Wie gesagt, die größten Probleme bereiten uns die direkten Konfrontationen zwischen Bär und Mensch. Wir haben 99 Begegnungen der Menschen mit Bären ausgewertet, von denen 76 Prozent friedlich endeten. In 16 Prozent der Fälle kam es zu Angriffen auf Menschen, die dabei verwundet wurden, die Bären aber keinen Schaden erlitten. In vier Prozent der Fälle wurden die angreifenden Bären getötet, aber kein Mensch verwundet und in weiteren vier Prozent wurden die Bären zwar getötet, aber auch die angegriffenen Menschen verwundet.

In den Jahren 1985 bis 1987 fanden im Durchschnitt jährlich 8,7 direkte Kontroversen zwischen Mensch und Bär statt. Unter den Verwundeten waren viele Touristen, hauptsächlich aus der damaligen DDR, die mit an Menschen gewöhnte Bären zusammentrafen und von diesen „belästigt“ wurden.

Kein Mensch wurde bei uns in den vergangenen 75 Jahren von Bären getötet, doch aus älteren Zeiten sind solche Fälle bekannt und dokumentiert. Es handelte sich meistens um Jäger, aber auch um andere Personen, die mit der Jagd nichts zu tun hatten.

Als ich in Kroatien von den häufigen Angriffen von Bären auf Menschen erzählte, wunderten sich die dortigen Förster und Jäger sehr, weil sich dort solche Vorfälle kaum ereignen. Aber in Kroatien leben die meisten Bären in riesigen Waldkomplexen, weit und breit ohne jegliche menschliche Siedlung. Deshalb machen sie kaum Schaden und haben auch keinen Grund und Gelegenheit sich an Menschen zu vergreifen – mit Ausnahme von wenigen an Menschen gewöhnte Bären, die auch dort manchmal vorkommen. Die Situation ist dort also ganz anders als in den dicht besiedelten West-Karpaten der Slowakei.

Die Verletzungen von Menschen sind keine leicht zu nehmende Sache, weil sie mit Schreck, Schmerz, Krankenhaus, Arbeitsunfähigkeit und manchmal auch mit akuter Lebensgefahr, Verstümmelungen sowie Impfungen gegen Tetanus und Tollwut verbunden sind. Das alles ist auch sehr kostspielig.

In den vergangenen Jahren hat sich der Naturschutz in das jagdliche Management des Bären eingeschaltet und seine Leitung für sich in Beschlag genommen. Das Umweltministerium ist zwar auch der Meinung, dass vom Bärenbestand jährlich 60 bis 70 Stück zu entnehmen sind und erteilt auch immer seine Zustimmung dazu, und zwar für jedes Revier und jeden Bär einzeln.

Aber es verbindet den Abschuss mit so vielen unsinnigen, bürokratischen und kontraproduktiven Verboten und Hürden, dass der Abschussplan – offiziell – nur zu 30 bis 40 Prozent erfüllt wird.

Es sind hauptsächlich folgende Erschwernisse:

 

  • Es ist verboten, die Bären im Frühjahr zu bejagen, angeblich um nicht führende Bärinnen mit diesjährigen Jungen zu erlegen. Das ist aber Unsinn, weil solche Bärinnen erst in der letzten April- oder ersten Maidekade ihre Höhlen verlassen.
    Gerade im März und April ist die Bärenjagd an der Kirrung am effektivsten, weil sie nach der Winterruhe hungrig sind, in der Natur nur wenig Nahrung vorfinden und die Kirrungen ziemlich regelmäßig besuchen.
  • Erlaubt ist nur die Sommer- und Herbstjagd. Die Bärenjagd im Sommer ist jedoch uninteressant wegen der schlechten Qualität der Decke und auch riskant, weil man im dichten und hohem Bewuchs die Jungen bei der Bärin übersehen könnte. Im Herbst wiederum hat der Bär in der Natur viel Nahrung zur Verfügung: Bucheckern, Eicheln, Obst oder Mais, und er besucht die Kirrung deswegen nur sehr unregelmäßig.
  • Es ist verboten, über 100 Kilogramm schwere Bären zu schießen. Wir dürfen also eigentlich nur junge Stücke erlegen, die sich meistens noch nicht reproduzieren, wir können aber in den Elternteil des Bestandes kaum eingreifen. Das steht im krassen Widerspruch mit der Populationsdynamik jeder Tierart – also auch des Braunbären.
    Außerdem ist das auch mit ökonomischen Verlusten verbunden, weil die Bären bei uns entgeltlich geschossen werden und der Jäger für den Abschuss eines Minibären selbstverständlich viel weniger bezahlt als für ein starkes Exemplar. Wenigstens 15 Prozent der Bärenstrecke sollten Petze über 100 Kilogramm und fünf Prozent über 150 Kilogramm ausmachen.
  • Es ist verboten, mit tierischer Nahrung zu kirren, die hauptsächlich im Frühjahr für den Bär sehr verlockend ist. Das ist ein großer Nachteil. In Slowenien, Kroatien und in anderen Ländern ist das erlaubt, und wenn mit Kadavern von Haustieren, die nicht an einer Seuche eingegangen sind, gekirrt wird, ist grundsätzlich dagegen nichts einzuwenden.
    Die Naturschützer argumentieren, dadurch würden die Bären an tierische Nahrung gewöhnt und würden dann Haustiere angreifen. Das stimmt aber nicht, denn der Bär ist ja ein Raubtier und das Beutemachen ist ihm angeboren. Im Frühjahr findet er ja auch Kadaver von Fallwild, die er ohne menschliche Anleitung vertilgt.
    Der Bär wird bei uns hauptsächlich an Kirrungen bejagt. Die Pirsch auf ihn ist zwar erlaubt, aber wird nur selten ausgeübt. Es ist schwierig, dabei seine Stärke richtig einzuschätzen, um ja nicht ein über 100 Kilogramm wiegendes Exemplar zu erlegen. Für den Gastjäger wird die Pirsch als zu riskant angesehen.
  • Es ist verboten, willkürlich Kirrungen anzulegen, weil der Naturschutz für einen genehmigten Bärenabschuss nur eine, maximal zwei Kirrungen erlaubt und sogar direkt die Lokalitäten bestimmt, wo sie anzulegen sind. Auch das ist ein großer Nachteil für die effektive Bejagung des Bären.
  • In Slowenien muss auf 6.000 Hektar mindestens eine Kirrung während des ganzen Jahres, mit Ausnahme der Winterruhe des Bären, im Betrieb sein, um den Bestand richtig beobachten zu können. Das ermöglicht den Jägern einen sehr guten Überblick über den zahlenmäßigen Bestand und dessen soziale Struktur.

Alle diese überflüssigen und unsinnigen Erschwernisse der Bejagung des Braunbären in der Slowakei bewirken, dass der Abschussplan offiziell zwar nicht erfüllt wird, aber etliche Stücke gewildert werden. Der illegale Abschuss wird auch dadurch gefördert, dass der Naturschutz den Schaden an Haustieren und Bienenstöcken nur in den Revieren ersetzt, in denen kein Abschuss genehmigt wurde. In Revieren, in denen der Abschuss genehmigt wurde, muss der Eigentümer oder Pächter des Reviers selbst Schadenersatz leisten, und zwar auch dann, wenn es nicht gelungen ist, den Petz zu erlegen.

Das führt dazu, dass manche Revierinhaber lieber keine Abschussbewilligung beantragen, um kein finanzielles Risiko einzugehen, und einige von ihnen dann möglicherweise den Bär illegal erlegen lassen. Eine großzügige und unbürokratische Regelung der Entschädigungen für die durch das Großraubwild verursachten Schäden ist deswegen eine der wichtigsten Maßnahmen für ihren Schutz und Erhaltung.

Der Abschuss eines Bären bis 80 Kilogramm kostet bei der Staatlichen Forstverwaltung 1.950 Euro, bis 100 Kilogramm 2.600 Euro. Wird irrtümlich ein Bär bis 120 Kilogramm erlegt, kostet der Abschuss 3.560 Euro. Das Anschweißen wird mit 1.220 Euro berechnet. Zur Ausfuhr der Trophäe ist eine CITES-Ausfuhrbewilligung notwendig, die der Revierinhaber oder Jagdveranstalter besorgt.

Fotos: Karl-Heinz Volkmar, Adam Klees, Rainer ERI

Menschen sind oft schuld

Menschen sind oft schuld

Vorrangig sollen Problembären geschossen werden, also solche, die sich auf Haustiere und Bienenstöcke spezialisiert haben und großen Schaden anrichten. Und vor allem solche, die sich stark an den Menschen gewöhnt haben und in Touristenzentren und Bergdörfern regelmäßig Abfalldeponien besuchen oder sogar um Futter betteln.

Alle Mülldeponien sollten in Bärengebieten für den Petz unzugänglich gemacht werden, aber bisher fehlt das Geld dafür, weil die Einrichtungen ja sehr stabil und fest sein müssen.

Leider sind oft die Menschen selbst Schuld an dieser Situation , weil sie die Bären dazu direkt anleiten. Sie locken die Bären mit Leckerbissen wie Honig oder Marmelade zu den Hotels, um sich an ihrem Anblick zu freuen. Nach einer kurzen Gewöhnung werden die Bären dann aber sehr zudringlich, ja sogar gefährlich. Oft geht das so weit, dass sich nach der Dämmerung kein Mensch mehr aus dem Hotel ins Freie wagt.

So handelte vor mehreren Jahren auch ein mir bekannter Hotelleiter in der westlichen Tatra. Die – wohlgemerkt vollkommen freilebenden – zweijährigen Bären kamen jeden Abend, um sich ihre Portion Honig abzuholen. Die Bären kamen sogar in die Wohnung hinein und verstanden es auch, die Türklinke selbst zu bedienen. Der Hotelier hat sogar ein Video gefertigt mit dem er seine Gäste amüsierte, die bewundern konnten, wie Bären im Wohnzimmer herumspazierten.

Doch dann wurden die „niedlichen“ Bären älter, größer, zudringlicher und gefährlicher, und einige von ihnen mussten geschossen werden. Ein typischer und leider nicht so seltener Beweis dafür, wie man mit den Bären nicht umgehen sollte.

Sehr gefährlich ist ein angeschossener Bär, hauptsächlich bei der Nachsuche. Dabei muss man sehr vorsichtig sein, und man sollte sie nur mit scharfen Hunden durchführen, die gewillt sind, einer Bärenfährte zu folgen.

Bär im Treiben

Aber auch nur leicht angeschweißte Bären können gefährlich werden, und nicht nur bei der Nachsuche, wie das die folgende Begebenheit beweist: Am 30. Dezember 1972 wurde unweit der Stadt X in der nordöstlichen Slowakei auf Schwarzwild gejagt. Auch der Jäger S. nahm teil. Das erste Treiben dauerte schon zwei Stunden. S. war in Gedanken schon beim warmen Tee in der nahen Jagdhütte, als endlich der erste Schuss fiel. Er wurde aufmerksam und bereitete sich hinter einem starken Buchenstamm auf das Erscheinen des Wildes vor. Bald raschelte es auch schon in seiner Nähe, aber es war nur Rehwild, das bei uns auf Treibjagden nicht bejagt wird.

Nach einer Weile vernahm er lautes Hecheln und dachte an die Jagdhunde im Treiben, doch auf einmal stand ein starker Bär nicht weiter als drei Schritte vor ihm. Er schrie auf: aus Angst und um den Bären zu verscheuchen. Doch dieser stürzte sich sofort auf ihn und warf ihn zu Boden. Er konnte zwar einen Schuss loswerden, aber der ging in die „Botanik“. Der Bär bearbeitete ihn mit seinen Tatzen und Zähnen, und der Jäger versuchte, ihn von sich zu schieben.

Aber je mehr er sich wehrte, um so intensiver bearbeitete ihn der Bär mit seinen Zähnen und den scharfen Krallen. S. merkte, wie seine rechte Hand mit einem Krachen brach und sehr schmerzte. Der Bär bearbeitete ihn weiter mit seinen Pranken, schleuderte und wälzte ihn dabei auf dem Boden herum, wobei der Angegriffene sich durch Äste und scharfe Steine noch weitere Verletzungen zuzog.

Als sich der Bär endlich entfernte, rief der Jäger um Hilfe und schaute auf seine Uhr. Die ganze „Aktion“ hatte nur einige Minuten gedauert, doch für ihn war das eine Ewigkeit. Mit letzten Kräften schleppte er sich in die nahe Jagdhütte. Dort erlitt er einen Schock und fiel in
Ohnmacht. Bald kamen aber seine Kameraden, die die Hilferufe gehört hatten, und transportierten ihn ins Krankenhaus, in dem er drei Monate verbrachte. Einen weiteren Monat lag er noch arbeitsunfähig zu Hause. Es war ein leicht angeschweißter Bär, der – wie es sich nachher zeigte – aus dem Nachbarrevier gekommen und in das Treiben geraten war. Er wurde nicht erlegt.

Grundsätzlich respektieren Jäger den gesetzlichen Schutz des Braunbären und bejagen ihn nur dann, wenn sie vom Ministerium dafür eine Sonderbewilligung bekommen haben. Doch manchmal – vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen oder im dichten Bewuchs – passiert es schon, dass sie, in der Meinung, eine grobe Sau vor sich zu haben, irrtümlich auf den Bären einen Schuss abgeben. Und dann gibt es Probleme.

Wurde der Bär illegal getötet, wird der Schütze zur Rechenschaft gezogen. Wenn er nur verletzt wurde, wird der Petz zu einer großen Gefahr auch für unbeteiligte Menschen.

Vorsicht bei führenden Bärinnen

Gefährlich kann das Zusammentreffen mit führenden Bärinnen werden, wenn sie der Mensch auf kurze Entfernung unverhofft überrascht. Hauptsächlich dann, wenn er zwischen die Bärin und ihre Junge gerät, wobei die Jungen nicht nur auf der Erde, sondern auch hoch oben im Baum sein können. Die Bärin hält dann ihre Jungen für gefährdet und wird gegenüber dem Störer sehr aggressiv.

Je jünger der Bärennachwuchs ist, um so intensiver verteidigt ihn die Bärin. Sehr schlimm ist es auch, wenn die Bärin mit ihren Jungen gerade beim Fraß ist und der Mensch ihnen zu nahe gekommen ist. Dann wird die Bärin nicht nur ihren Nachwuchs, sondern auch den Fraß verteidigen. In der Slowakei kommt es oft zu Auseinandersetzungen mit führenden Bärinnen, an denen nicht nur Jäger, sondern auch Waldarbeiter, Beeren-Sammler, Touristen und andere Personen beteiligt sind.

Einen von diesen vielen Vorfällen, der sich am 26. Juli 1987 in der mittleren Slowakei bei der Ortschaft S. L. ereignet hat, will ich hier kurz schildern: Ch. ging abends in Begleitung seines Sohnes und seiner Schwiegertochter ins Revier, um Wildschweine zu jagen. Die beiden – sie waren Nicht-Jäger – ließ er auf einem Hochsitz zur Wildbeobachtung zurück; er selbst wollte sich auf einer einfachen Leiter ansetzen.

Er begab sich also quer über eine Wiese, die wildleer war. Als er sich dem Waldrand auf 20 Meter genähert hatte, erschreckte ihn auf einmal fürchterliches Gebrüll von hinten. Er drehte sich um und erstarrte, denn ein Bär raste brüllend auf ihn zu. Sein Gewehr war gesichert und geschultert, trotzdem schaffte er es, einen Warnschuss abzugeben, auf den der Bär aber nicht reagierte.

In seiner Not feuerte er, ohne zu zielen, aus nächster Nähe einen zweiten Schuss auf den Bären ab, doch dieser stürzte sich schon auf den Jäger. Mit seinen scharfen Krallen fasste er nach seiner Brust, doch sein Ledermantel schützte ihn einigermaßen. Aber es sollte noch viel schlimmer kommen. Der weit geöffnete Rachen des Bären mit seinen großen Zähnen näherte sich seinem Gesicht, um seinen Kopf zu fassen. Der Jäger verspürte noch einen starken Schmerz am Kopf und verlor dann das Bewusstsein.

Als er nach längerer Zeit wieder zur Besinnung kam, lag er blutend auf der Erde. Er blutete nicht nur aus der Brust, sonder auch aus der Hand und dem Gesicht. Er konnte beinahe nichts sehen, auch sein auf der Erde liegendes Gewehr konnte er kaum wahrnehmen. Er schrie zwar um Hilfe, aber vergebens. Sein Sohn konnte die Hilferufe nicht hören. Die Schüsse hatte er zwar gehört, doch er nahm an, dass sein Vater auf Sauen geschossen hätte.

Nun rappelte sich der Jäger irgendwie hoch – seine Beine waren nicht verletzt – und es gelang ihm, sich zum abgestellten Auto zu schleppen. Von dort hörte sein Sohn endlich seine Hilferufe, eilte mit seiner Frau herbei und beide starrten geschockt auf den blutüberströmten Mann. Sie fuhren mit ihm schleunigst ins Krankenhaus, wo er sogleich auf die Intensivstation kam. Dort erfuhr er auch von seinen Verletzungen, die er selbst nicht sehen konnte. Es fehlte ihm ein Stück von seiner Nase, das am nächsten Tag bei der Besichtigung der Unfallstelle zwar gefunden wurde, aber zum Annähen leider nicht mehr tauglich war. Ein Auge war wie ausgeschält und sein Unterkiefer gebrochen.

Er musste viele Operationen überstehen. Drei Monate dauerte sein Krankenhaus-Aufenthalt, und auch nachher musste er mehrmals für kürzere Zeitabschnitte ins Krankenhaus zurückkehren. Ein ganzes Jahr war er arbeitsunfähig, und dann wurde er Invalide.

Den angreifenden Bären hat der Angegriffene mit seinem zweiten Schuss schwer verletzt. Der Bär wurde 300 Meter von der Unfallstelle bei der Nachsuche mit einem Fangschuss erlegt. Es zeigte sich, dass es eine Bärin war. Der Grund ihres Angriffs auf den Jäger blieb aber ungeklärt.

Die Bärin nicht gesehen Der Geschädigte ist der Meinung, das er möglicherweise unbewusst zwischen die Bärin und ihre Jungen geraten war. Eine Überlandleitung war dort kurz zuvor von nachwachsenden Bäumen und Sträuchern freigehauen worden, das Dürrholz war zu großen Haufen gestapelt und wohl deswegen hat er die Bärenfamilie nicht bemerkt.

Dass die Bären ihren Fraß oft auch gegen Menschen verteidigen, beweist auch folgender Vorfall, der sich im September des Jahres 1967 in der Kleinen Fatra ereignet hat: Der Jäger K. pirschte mit gutem Wind auf einen röhrenden Hirsch. Auf einmal registrierte er bei einem dicken Buchenstamm ganz in der Nähe ein Geräusch und verspürte dann einen starken Schmerz unter seinem rechten Schulterblatt. Ein Bär hatte ihn angegriffen und gebissen. Vor Schmerz und Angst schrie er auf, auch der Bär brüllte, aber er ließ ihn los.

Der Jäger nützte den Augenblick und sprang weg, aber der Bär griff erneut an. Der Jäger machte einen zweiten Satz vom Pirschsteig den Hang hinunter, doch er fiel dabei zu Boden und verlor sein Fernglas und seine Waffe. Sofort rappelte er sich auf, doch der Bär griff ihn zum dritten Mal an. Beide Kontrahenten „umarmten“ sich, der Bär brüllte dem Jäger mit weit geöffnetem Rachen direkt ins Gesicht und zerkratzte ihm die Hände und den Rücken.

Auge in Auge mit dem Bären

Auge in Auge mit dem Bären

Als ihn der Bär losließ, wollte der Jäger weglaufen, doch der Bär biss ihn in seine rechte Wade, die zum Glück in einem festen Lederstiefel steckte. Der Jäger wehrte sich mit Fußtritten, der Bär ließ ihn los, und sie schauten sich beide eine Weile in die Augen.

Der Jäger versuchte erneut zu flüchten, doch das ließ der Bär nicht zu. Er stürzte sich erneut auf sein Opfer und zerriss ihm die Hände und den Schenkel. Von seiner Hose blieben nur blutgetränkte Fetzen übrig. Der Bär ließ ihn wieder los, und beide schauten sich wieder in die Augen. Wahrscheinlich dauerte das nur kurze Zeit, aber für den Jäger war das eine Ewigkeit. Doch er begriff endlich, dass es keinen Sinn hätte, wieder aufzustehen und wegzulaufen.

Er zog langsam sein Waidmesser aus der Scheide und wartete. Doch der Bär wandte sich von ihm ab und zog langsam davon, wobei er mehrmals stehen blieb, um sich umzudrehen und nachzuschauen, ob sich sein Opfer nicht mehr rührte. Aber der Jäger bewegte sich nicht mehr, was den Bär beruhigte. Als der Bär weit genug entfernt war, griff der Jäger sein Gewehr und versuchte auf ihn zu schießen. Doch er war dazu nicht mehr fähig, weil er am ganzen Leibe zitterte.

Der Verletzte sammelte alle seine Kräfte und ging langsam herunter zum Forsthaus. Ein hinzugerufener Arzt organisierte den Abtransport des Verletzten in das Krankenhaus organisierte, wo er ärztlich versorgt wurde.

Er war einen Monat lang arbeitsunfähig. Als sich sein Zustand endlich gebessert hatte, ging er mit Freunden zum Ort des Geschehens. Beim erwähnten Buchenstamm fanden sie die Reste eines Achters. Es war die Beute des Bären, die er verteidigte, als sich der Jäger, ohne es zu wissen, ganz still genähert hatte. Das war wohl der Grund seiner Aggressivität.

Auch nach 16 Jahren waren die Narben an Händen und Füßen des Jägers noch deutlich sichtbar. Und trotzdem kann er von Glück sagen, dass es nicht noch viel schlimmer geworden ist. Es handelte sich nur um einen mittelgroßen Bären, der immerhin doch noch ziemlich gutmütig war. Er hätte sein Opfer ja auch viel schlimmer zurichten können.

Oft kommt es auch zwischen Beerensammlern und Braunbären zu direkten Kontakten, vor allem in größeren Schlägen mit dichtem Himbeerbewuchs, wenn sich die Leute dabei still verhalten und den Bär zufällig aus nächster Nähe überraschen.

Bei Drückjagden auf Sauen kommt es nicht selten zu direkten Zusammenstößen mit Bären, die grundlos erscheinen, weil sie nicht angeschossen waren. Mehrere solche Vorfälle ereigneten sich zum Beispiel auch in den Wäldern des Dorfes O. bei Zvolen, in denen sich im Herbst Bären aus dem Gebirge konzentrieren, um von der reichlichen Eichelmast zu profitieren.

Bei Drück- und Treibjagden auf Sauen dürfen Bären selbstverständlich nicht geschossen werden; nur wenn es sich um einen Notfall und akute Lebensgefahr handelt, kann man einen Bären in Selbstverteidigung erschießen. Das wird dann aber sehr rigoros von den Behörden überprüft.

Für den Jäger ist es beim Zusammentreffen mit dem Bären bei so einer Jagd also sehr wichtig, gute Nerven zu behalten, den Bären nicht zu provozieren, aber auf eine Selbstverteidigung in einem Notfall trotzdem immer vorbereitet zu sein.

Wie soll ich reagieren? Aus diesen Begebenheiten ist klar, dass der Karpatenbär den Menschen nur zu seiner Verteidigung angreift, meistens ohne der Absicht, ihn zu töten oder sogar zu fressen. Er begnügt sich damit, ihn bewegungslos, also nach seiner Meinung „ungefährlich“ zu machen.

Also, wenn man niedergeschlagen wurde, auf dem Bauch liegen bleiben, die Hände am Hinterkopf zusammenfalten und sich nicht rühren, bis der Bär endgültig verschwunden ist. Hat der Betroffene einen Rucksack auf dem Rücken, schützt ihn dieser einigermaßen.

Sammelt man Beeren oder wandert man im Bärenbiotop, sollte man das nicht stillschweigend tun. Die Jäger sollten dort, wo sich viele Bären zur Herbstmast konzentrieren oder wo die Winterhöhlen liegen, keine Drück- und Treibjagden veranstalten. Verwechslungen der Bären mit Sauen muss man unter allen Umständen vermeiden, und bei der Nachsuche eines angeschweißten Bären ist größte Vorsicht geboten.

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