Editorial JWW 6/2015
Fakt bleibt: Sobald der Schütze mit im Bild ist, wird dem getöteten Tier der letzte Rest von Würde geraubt. Zu diesem Schluss gelangt der im Rheinland lebende Reinhard Scharnhölz in seinem Essay Jagd. Widersprüchliches kritisch betrachtet. Fakt ist, dass sich im Netz, speziell auf Facebook, Erlegerfotos finden, die dem Image von Auslandsjägern abträglich, ja sogar schädlich sind.
Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich ein Gastjäger rittlings auf einen erlegten Löwen setzt und dabei das Haupt an den Gehören hochhält, wobei auf dem digitalen Bild obendrein der Lecker der Großkatze zu sehen ist und zudem Schweiß aus dem Fang tropft. Unwürdig sind auch Fotos, bei denen der Erleger sich zum Beispiel mit einem erlegten Buschbock ablichten lässt und dabei den rechten oder linken Fuß auf seine Beute stellt.
Dennoch ist Scharnhölz energisch zu widersprechen. Denn ein gekonnt gemachtes Erlegerbild ist nicht nur ästhetisch und eine bleibende Erinnerung für den Schützen, es nimmt dem erlegten Wild auch keinesfalls die Würde. Würde ist Ausdruck des Umgangs mit anderen. Und Würde ist sprachgeschichtlich verwandt mit dem Wort Wert. Das bedeutet: Jeder Gastjäger, der seine Beute wertschätzt, behandelt sie würdevoll, auch beim Fotografieren.
Damit eine möglichst ästhetische Aufnahme des erlegten Bocks, Elchs, Kudus oder Marals gelingt, gibt es einige einfache Grundregeln: 1. Es empfiehlt sich, bei gestrecktem Wild auf Augenhöhe zu fotografieren, sprich in Bauchlage bzw. aus der Froschperspektive. So steht das Stück im Fokus.
2. Die zur Strecke gelegte Beute möglichst nicht frontal ablichten. Eine leicht schräge Fotorichtung bringt Details besser zur Geltung, etwa die Länge der Augsprossen eines Wapitis. 3. Große Ausschüsse und Schweiß wirken abstoßend, ebenso eine Schweißlache neben dem Kudu oder Zebrahengst. Hier gilt es Gegenmaßnahmen zu ergreifen, also zum Beispiel den Schweiß mit Hilfe von Sand überdecken. 4. Nah ran an die Beute und das fokussieren, worauf es ankommt. Und 5. Auf die Tiefenschärfe achten, also Weitwinkel mit kleiner Blende wählen.
Solche Bilder sind vorzeigbar. Doch wie bei Fotos von der Familie unter dem Weihnachtsbaum, Mutters 80. Geburtstag oder dem Sommerurlaub auf Sylt gilt meist: Sie dienen in erster Linie der eigenen Erinnerung. Wenn man sie zudem mit anderen Jägern oder Freunden und Bekannten teilen möchte, können sie natürlich ins Netz gestellt werden. Noch besser: Ab an die Redaktion von JAGEN WELTWEIT, die sie dann im Blickfang veröffentlicht (siehe Seiten 72/73).
Apropos Weihnachtsbaum: Diese Ausgabe von JAGEN WELTWEIT erscheint Ende November, kurz vor dem 1. Advent. Weihnachten und Sylvester stehen also bevor. Deshalb wünsche ich Ihnen im Namen der gesamten Redaktion eine besinnliche Adventszeit, ein gnadenreiches und fröhliches Weihnachtsfest sowie einen guten Rutsch! Für das neue Kalenderjahr vor allem Gesundheit und guten Anblick, sei es nun in heimischen Revieren oder der sengenden Sonne der Wüste Namibs, im schroffen Felsgestein des Altais oder im glitzernden Schnee der alaskanischen Tundra.
Ihr
Dr. Rolf Roosen
Chefredakteur
Dr. Rolf Roosen
Chefredakteur