Bäume stoppen Wildtierzählung im Selous-Mikumi-Ökosystem

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Eine Wildtierzählung im Selous-Mikumi-Ökosystem in Tansania wurde wegen ungewöhnlicher Bedingungen vor Ort abgebrochen. Dies gaben das tansanische Wildforschungsinstitut, die deutsche Botschaft und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt in einer gemeinsamen Erklärung in Dar es Salaam bekannt.

Der unerwartet frühe Austrieb von Bäumen reduziert die Sichtbarkeit der Tiere aus der Luft. Die Zählung hatte am 20. September begonnen und sollte große Säugetiere im Selous Game Reserve, Mikumi-Nationalpark, im Selous-Niassa-Korridor und den umliegenden Pufferzonen erfassen. Nach Erfassung eines Viertels des über 110.000 Quadratkilometer großen Gebietes entschied das Team, die Zählung zu stoppen. Die dichte Laubbedeckung verfälschte die Daten. Die Zählung soll im nächsten Jahr in der Trockenzeit wiederholt werden.

Zebras, Impalas und Gnus in Tansania im Wasser
Eigentlich sollten die Tiere im Selous-Mikumi-Ökosystem gezählt werden. Doch die Sicht war zu schlecht

Die Miombo-Bäume schlagen in diesem Jahr aufgrund der ungewöhnlich langen Regenfälle besonders früh aus“, sagt Edward Kohi, leitender Wissenschaftler des Umfrageteams vom tansanischen Wildtierforschungsinstitut. Die Zählungen werden seit 1976 regelmäßig in der Trockenzeit durchgeführt, wenn das Kronendach der Miombowälder relativ licht ist. „Aber in diesem Jahr sind die Bedingungen anders, so dass wir aufgrund der schlechten Sichtbarkeit der Tiere Schwierigkeiten hätten, verlässliche Aussagen zu treffen und unsere Ergebnisse mit denen aus früheren Jahren zu vergleichen“, sagt Kohi. Die Entscheidung beruht auf den Ergebnissen von Aufklärungsflügen, Beobachterberichten und Tausenden von Fotos. Wetterdaten zeigen, dass in diesem Jahr Regenfälle etwa einen Monat länger anhielten als normalerweise. Darüber hinaus gab es auch ungewöhnlich viel Niederschlag in höheren Lagen. Vor allem im Westen des Ökosystems und in den südlichen Teilen des Selous Game Reserve ist die Blätterbedeckung ungewöhnlich dicht und das Gras besonders hoch. Auch im Gebiet des Selous-Niassa-Korridors ist das Kronendach für diese Zeit des Jahres ungewöhnlich dicht. Unter diesen Bedingungen ist nur ein vergleichsweise kleiner Anteil der Tiere aus der Luft sichtbar.

Die Zählung wäre wichtig gewesen, um festzustellen, wie sich die Zahl der Elefanten entwickelt hat. Eine Zählung im Jahr 2013 hatte ergeben, dass Wilderei die Elefanten von über 70.000 (2005) auf nur noch 13.000 verringert hatte. Die tansanische Regierung wollte diese Ergebnisse im Februar 2018 dem UNESCO-Weltkulturerbe-Komitee vorlegen. Die Zählung wurde im Rahmen des „Selous Ecosystem Conservation and Development Program“ umgesetzt, das von der deutschen Entwicklungsbank KfW im Auftrag der deutschen Bundesregierung finanziert wird.

Luft-Zählungen im Selous-Ökosystem werden seit 1976 regelmäßig, in der Regel alle 3 bis 4 Jahre durchgeführt. Große Säugetiere ab der Größe von Impalas können zuverlässig gezählt werden. Die Beobachter zeichnen auch Spuren menschlicher Aktivitäten wie Beweidung und Landwirtschaft auf. Die Zählungen sind ein wichtiger Bestandteil des Managements von großen Schutzgebieten, da sie Trends in der Entwicklung großer Säugetierarten aufzeigen, sodass der Erfolg des Schutzes oder anderer Maßnahmen bewertet werden kann.

Das Selous Game Reserve ist mit rund 50.000 Quadratkilometern, vergleichbar mit der Fläche der Schweiz, eines der größten Schutzgebiete Afrikas. In ausgewiesenen Bereichen sind Fototourismus oder Jagd zugelassen. 1982 wurde das Selous-Schutzgebiet aufgrund seiner globalen Bedeutung in die Liste der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen. Aufgrund deutlicher Rückgänge der Elefanten- und Nashornpopulationen sowie Bedrohungen durch Bauprojekte und der Erteilung zahlreicher Bergbaulizenzen wurde das Selous-Schutzgebiet 2014 vom UNESCO-Welterbekomitee als „gefährdete“ Welterbestätte eingestuft.

Das Selous-Schutzgebiet ist ein Miombo-Waldgebiet mit hoher Dichte und Vielfalt von Arten. Es beheimatet große Wildhund- und Löwenpopulationen. Auch bedeutende Populationen von Huftieren, darunter Flusspferd, Büffel, Großer Kudu, Njassa-Gnu, Rappen-, Lichtenstein-, und Elenantilope kommen hier vor sowie eine große Anzahl von Nil-Krokodilen und mehr als 430 Vogelarten.

rdb 

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