Millenium-Doppelbüchse von Heym

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Dass eine klassische Doppelbüchse für die Großwildjagd auch aus Deutschland kommen kann, sieht man an der Heym Millenium im Kaliber .470 N.E. mit Wechsellauf-Bündel .375 H&H Magnum. Eine außerordentliche Waffe, die deutsche Büchsenmacher- und Graveurkunst verkörpert.

Heym

Von Roland Zeitler
Die Doppelbüchse basiert auf dem seit über 20 Jahren von Heym gefertigten Modell 88 B mit modifizierten Anson und Deeley-Schlossen. Die in der Basküle integrierten Schlosse arbeiten mit Blattfedern, was eine schnelle und sichere Zündung gewährleistet. Die Schlosse haben oben liegende Stangen und eine doppelte Stangen-Sicherung. Anson und Deeley-Schlosse gelten als unkompliziert und robust. Sie sind weder schmutzempfindlich noch stark bruchgefährdet.

In der von Heym gebauten, leicht modifizierten Art sind die Schlagbolzen von den Schlagstücken getrennt. Im Stoßboden werden die federbelasteten Schlagbolzen von vorn verschraubt. Bei Bedarf kann man sie also leicht wechseln. Die Stahlbasküle ist besonders geschmackvoll muscheliert. Sanfte Bögen und Ausschnitte verkörpern die graziöse Linienführung. Nahezu zierlich die verstärkenden Seitenbande. Die Basküle ist eher schlank gehalten. Sie ist gerade einmal 38 Millimeter (ohne Muscheln) breit und nur 52 Millimeter hoch.

Die Büchse hat lange (blinde) Seitenplatten, um Gravurflächen zu bekommen. Auf der Scheibe sind Signalstifte, die den Schloss-Zustand anzeigen, und eine Schiebe-Sicherung, die auf Abzüge und Abzugsstangen wirkt. Der Stahlabzugsbügel ist gerade groß genug. Der vordere Abzug besitzt ein Rückgelenk. Die Abzugszüngel sind vergoldet. Der Abzugsbügel reicht bis zum Stahlkäppchen des Pistolengriffs fort. Leider ist die Scheibe nicht bis zur Schaftnase verlängert.

Das 61 Zentimeter lange Laufbündel wurde klassisch im Demibloc-Verfahren mit Reifen zusammengelötet. Das heißt, an beiden Läufen befinden sich die hälftigen Laufhaken. Die Laufkontur wählte man nicht zu stark, eher etwas zu dünn. Die Drittelvisierschiene und der Kornsattel sind aufgelötet. Auf der Visierschiene liegt ein klassisches Expressvisier mit Standkimme (50 Meter) in flacher Schmetterlingsform und goldfarbenen Mittelstrich. Die drei folgenden Klappen für 50, 100 und 150 Meter haben einen goldenen Mittelstrich sowie feine Rundausschnitte für den präzisen Schuss. Alle Kimmen sind mit feinen Rillen versehen, um Lichtreflexe zu vermeiden. Als Korn wählte man ein feines, zwei Millimeter starkes, buntmetallhinterlegtes Rundkorn.

In die Visierschiene integrierte man formschön die Fußplatten der Suhler-Einhak-Montage. Die erlaubt eine sehr tiefe Montage. Der größte Vorteil besteht aber in der einfachen, unkomplizierten und schnellen Handhabung. Das Zielfernrohr kann bei gleichbleibender Treffpunktlage schnell abgenommen und auch schnell wieder aufgesetzt werden. Auf dem .470er Lauf wurde ein Swarovski PV-I 1,25-4×24 mit dem beleuchtbaren Großwildjagd-Leuchtabsehen mit Kreis und Punkt montiert. Die verwendete High Grit-Technologie sorgt für ein extrem scharf abbildendes Leuchtabsehen. Die Beleuchtungseinheit ist abnehmbar. Auf dem .375er Lauf montierte man ein Swarovski PV-I 2,5-10×42.

Das Laufbündel wird mit den zwei Laufhaken (konisch, daher selbständig nachregulierend) sowie dem Greener-Verschluss (Schienen-Fortsetzung am Laufbündel in die der Querriegel greift) verriegelt. Der Scharnierbolzen ist mit acht Millimeter Stärke gerade ausreichend dimensioniert. Der Abstand vom Stoßboden zum Scharnierbolzen beträgt sichere 55 Millimeter: Ein vollkommen ausreichender Verschluss, der auch eine lange Lebensdauer verspricht. Er geht saugend und die Pass-Arbeiten wurden hervorragend ausgeführt.

Die Büchse ist mit Schlag-Ejektoren nach dem Southgate-Prinzip ausgestattet. Die Ejektoren aus Schlagstück und Blattfedern befinden sich im Eisen-Vorderschaft. Sie werden über die in der Basküle verlaufenden Spannstangen gesteuert. Die kräftigen Auswerfer warfen die Hülsen anstandslos aus. Die Schäftung wurde klassisch nach englischem Vorbild ausgeführt. Allerdings mit eher schlankem Hinterschaft. Der Hinterschaft mit geradem Rücken hat einen langgezogenen Pistolengriff mit rechtsseitiger Aufbauchung für den Handhohlraum. Die formschöne Monte-Carlo-Backe weist einen Falz auf. Den Abschluss bildet eine mit Glattleder überzogene Gummischaftkappe.

Die Erfahrung zeigte, dass dieses recht dünne Leder meist schnell im afrikanischen Dornbusch ausfranst. Besser geeignet wäre da dickeres, genarbtes Schweinsleder. Beim Vorderschaft wählte man eine Halbbiber-Schwanzform mit recht flacher Unterseite und an den Laufseiten hochgezogenem Holz. An Vorderschaft und Pistolengriff wurde sehr sauber eine mittelfeine Fischhaut angeschnitten.

An der gelungenen Waffengravur kann man sich gar nicht genug satt sehen. Man fühlt sich in den afrikanischen Busch hineinversetzt. Die aufwändige Reliefgravur ist einfach bildschön, keinesfalls überladen. Sie fügt sich in das gesamte Waffenbild harmonisch ein. Ein gelungenes Werk des hauseigenen Graveurs Andreas Schulz.

Der Öffnungshebel wurde auf der Oberseite als Elefantenhaupt mit gefächerten Ohren, Rüssel und Stoßzähnen ausgebildet. Im durchbrochenen Flügel des Öffnungshebels befindet sich ein Nashorn-Haupt. Es schiebt sich aus Blättern hervor. Abzugsbügel, Scheibe, Muscheln, Laufwurzeln und Patentschnäpper sind mit feinen Arabesken verziert. Genauso werden sie zu den Bildumrahmungen auf Basküle und Seitenplatten verwendet. Man kann die aufwändige Gravurarbeit der feinen, sehr sauber gestochenen Arabesken nur bewundern, die für sich schon ein Meisterwerk darstellen.

Auf dem Baskülen-Boden und dem kaum sichtbar eingesetzten Abzugsblech befindet sich ein im afrikanischen Mopanewald heranspringender Leopard. Das Bild ist in geschwungenen Goldfäden und Arabesken eingerahmt. Eine äußerst realistische Gravur mit Liebe zum Detail, was man an den Muskeln und Gesichtsausdruck sowie den Augen und Schnurrhaaren des Leoparden erkennt.
Die rechte Seitenplatte wurde den Löwen gewidmet. Eine Löwin schöpft im Fluss, während sich Mähnenlöwe und Löwin an einem geschlagenen Zebra gütlich tun. Eingerahmt in geschwungenen, sehr dezenten Goldlinien und natürlich mit afrikanischer Landschaft im Hintergrund.

Die linke Seitenplatte ist den Büffeln zugedacht: drei alte Burschen im afrikanischen Busch. Aus einem Fluss im Vordergrund hebt ein Krokodil sein Haupt: mit einer Antilope im Fang. Auch hier bestehen die Einrahmung aus Goldfaden und Arabesken. Auf dem Pistolengriffkäppchen ist in Gold das Monogramm des Besitzers eingraviert.

Die Laufwurzel ist mit Goldlinien und Arabesken verziert. Auf der Visierschiene sind die Waffennummer sowie das Kaliber und die Aufschrift „The Heym Millenium 2000 Rifle“ in Goldschrift eingelegt.

An Laufbündel und Hinterschaft sind die Ösen für abnehmbare Riemenbügel angebracht. Leider ist die Öse im Hinterschaft nicht eingelassen (inletted). Basküle, Seitenplatten, Abzugsbügel und Pistolengriffkäppchen sind hell belassen und nitriert. Das glatt polierte Laufbündel wurde tiefschwarz brüniert. Der sehr glatt geschliffene Schaft erhielt ein mattes Ölfinish und weicht von den glänzenden englischen Ölschäften ab.

Die Verarbeitung ist erstklassig. Die Pass- und Polier-Arbeiten wurden hervorragend ausgeführt. Auch die Innenseiten des Vorderschaftes sind spiegelblank. Die Schrauben stehen korrekt auf Strich, und die Metall- und Holzpassung des Vorderschaftes zum Laufbündel ist einfach hervorragend. Auch die anderen Metall-/ Holzpassungen sind exzellent.

Die Doppelbüchse im Kaliber .470 N.E. ist ausgewogen und liegt ruhig im Anschlag. Der Schwerpunkt liegt knapp vor dem Scharnierbolzen (ohne Zielfernrohr). Sie lässt sich sehr gut führen. Sowohl mit als auch ohne Zielfernrohr spürt man aber den Rückstoß deutlich. Dank guter Schäftung lässt sich die Büchse dennoch problemlos schießen. Auch im .375er Kaliber liegt die Waffe sehr gut und macht beim Schuss keine Probleme. Die beiden Laufbündel wurden auf 80 Meter einreguliert. Sie schießen mit und ohne Zielfernrohr sehr gut zusammen.

Geschossen wurde auf 80 Meter mit drei Schusspaaren (Zielfernrohr, Federal-Patronen des Einschießloses). Der Streukreis der .470 N.E. betrug hervorragende fünf Zentimeter und der mit der .375 H&H Mag. 6,5 Zentimeter.
Weniger gefallen konnten dabei die hohen Abzugsgewichte. Beide Abzüge haben einen sehr kurzen leichten Vorzug, ehe sie sehr trocken stehen. Sie brechen bei 3,1 und 3,7 Kilogramm Widerstand. Sicherlich ist das ein Zugeständnis an Zuverlässigkeit und Sicherheit. Schließlich soll es kein Doppeln geben. An die harten Abzüge muss man sich gewöhnen und üben, um sie in Jagdsituationen voll zu beherrschen.

Gravuren von Andreas Schulz
Gravuren von Andreas Schulz

 

Bilder:

Millenium-Doppelbüchse Ein Kunstwerk: Öffnungshebel als Elefantenhaupt

Tabellen:
Vorteile & Nachteile
Technik auf einen Blick
Fotos: Roland Zeitler

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