Nicht in die Röhre gucken

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Die schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland macht auch vor Jagdreise-Veranstaltern nicht halt. Lesen Sie, wie es im Falle einer Insolvenz um das Reiserecht bei der Auslandsjagd bestellt ist. (Stand Herbst 2003)

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Von Rechtsanwalt Markolf Schmidt
 
Dieser Artikel erhebt nicht den Anspruch, das komplette Reisevertragsrecht erschöpfend darzustellen, denn das würde den Rahmen sprengen. Vielmehr sollen einige Grundbegriffe aus den Reisevertragsrecht dargelegt werden.
 
Reisevertrag
 
Zunächst stellt sich die Frage, was überhaupt ein Reisevertrag ist. Ein Reisevertrag ist (gemäß § 651a Abs. 1 BGB) ein Vertrag, den ein „Reisender“ mit einem „Reiseveranstalter“ schließt.
 
Der Reisende ist verpflichtet, dem Reiseveranstalter den vereinbarten Reisepreis zu zahlen, und der Veranstalter ist verpflichtet, „die Reise“ zu leisten.
 
Von ganz wesentlicher Bedeutung ist, was hier unter einer „Reise“ zu verstehen ist, denn davon hängt weiter auch ab, ob der Anbieter als „Reiseveranstalter“ mit der Pflicht zur Insolvenz-Absicherung oder als bloßer „Reisevermittler“ anzusehen ist.
 
Juristisch wird dies anders definiert als im Sprachgebrauch der Jagdreisenanbieter. Hier setzt auch § 651a Abs. 2 BGB eine Grenze, der besagt, dass man sich nicht einfach „Vermittler“ nennen darf, um aus der rechtlichen Position des Veranstalters herauszukommen.
 
Reise
 
Unter einer Reise ist (gemäß dem Wortlaut des § 651a Abs. 1 S. 1 BGB) zunächst zu verstehen, dass mehrere Teilleistungen zu einer „Gesamtheit von Reiseleistungen“ vom Reiseveranstalter als Anbieter zusammengestellt werden. Das sind zum Beispiel Flüge, der eigentliche jagdliche Teil der Angelegenheit, etwaige Transfers von Flughafen zum Jagdgebiet oder Zwischenaufenthalte und Übernachtungen.
Reisevermittler
 
Viele Jagdreise-Anbieter bezeichnen sich selbst als Jagdreise- oder Safari- „Vermittler“. Ein Vermittler im juristischen Sinne ist aber nur jemand, der keine Gesamtheit von Reiseleistungen anbiete, sondern lediglich eine Einzelleistung „vermittelt“. Selbst die Vermittlung von Einzelleistungen kann zudem als Veranstaltertätigkeit anzusehen sein, wie noch zu sehen sein wird.
 
Vermittler ist zum Beispiel derjenige, der ohne Einschaltung eines Reisebüros einen Betriebsausflug oder eine Vereinsreise für Vereinsmitglieder organisiert. Ansonsten kommt es immer auf die Sicht des Kunden an.
 
Selbständige Reisebüros sind demnach als Vermittler anzusehen, wenn sie erkennbar lediglich die Leistung eines Dritten für diesen anbieten. Sie sind dann Agenten, bloße Verkaufsstellen oder Handelsvertreter. Der klassische Fall ist das Anbieten von Pauschalreisen durch Reisebüros. Hier ist für jedermann erkennbar, dass das Reisebüro nicht für sich selbst auftritt. Es tritt im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages für den Veranstalter auf. Anders ist dies dann, wenn das Reisebüro selbst Einzelleistungen in eigener Initiative zusammenstellt und als Paket anbietet.
 
Reiseveranstalter
 
Ein Reiseveranstalter ist derjenige, der – aus Sicht des Interessenten – in eigener Verantwortung die einzelnen Reiseleistungen quasi als Paket zusammenschnürt und dem Reisenden anbietet. Wenn also ein „Jagdreisevermittler“ auch nur lediglich zwei Teilleistungen zusammenfügt und anbietet, ist er nach der eindeutigen Gesetzeslage juristisch als „Reiseveranstalter“ zu bezeichnen.
 
Anders kann dies nur dann sein, wenn eine der beiden Teilleistungen absolut untergeordnete Bedeutung hat. Danach ist eine Veranstaltertätigkeit zum Beispiel schon dann anzunehmen, wenn ein Bootscharter mit einem Hin- und Rückflug verbunden angeboten wird oder ein Musicalbesuch mit der Fahrt zum Ort des Musicals. Schon dann, wenn ein Jagdreiseunternehmen also die Flüge mit anbietet, wird er als Veranstalter anzusehen sein.
 
Grundsätzlich ist das Anbieten einer Einzelleistung keine Tätigkeit als Reiseveranstalter. Wer also als Eigentümer eine Ferienwohnung vermietet und sonst keine Leistungen anbietet, fällt nicht unter § 651a ff BGB. Auch wer lediglich die Einzelleistung eines Dritten vermittelt, ist normalerweise kein Veranstalter.
 
Anders sieht es dann aus, wenn der Kunde nach seiner Sichtweise davon ausgehen darf, dass sein Vertragspartner als Veranstalter anzusehen ist.
Dies wird zum Beispiel schon dann der Fall sein, wenn ein Jagdreise-Unternehmen die Gebühren für Abschüsse vereinnahmt und weiterleitet, was regelmäßig der Fall ist. Denn wenn sich bei objektiver Würdigung der gesamten Umstände aus der Sicht des Reisenden ergibt, dass sein Vertragspartner vertraglich vorgesehene Reiseleistungen in eigener Verantwortung anbietet, muss sich der Vertragspartner daran festhalten lassen und darf sich nicht auf die Rolle des Vertreters für den Veranstalter zurückziehen oder auf die Rolle des bloßen Vermittlers von Einzelleistungen zwischen dem Kunden und dem jeweiligen Leistungsträger.
 
Nicht zu unterschätzen ist das Argument, dass der Kunde in Deutschland sich im Falle von Schwierigkeiten mit seinen Ansprüchen natürlich nicht an irgend ein ausländisches Unternehmen verweisen lassen möchte, weil dort die Möglichkeiten, seine Rechte auch durchzusetzen, mitunter aufgrund der örtlichen Verhältnisse als nichtexistent anzusehen sind. Auch vor Ort angebotene Zusatzleistungen gehören zur Reise und damit zur Tätigkeit eines Reiseveranstalters, wenn sie im Namen des Reiseveranstalters angeboten werden.
 
Damit ist in der Praxis des Angebots von Jagdreisen eigentlich kein Fall denkbar, in dem bei der Tätigkeit eines Jagdreiseveranstalters von einer bloßen Vermittlertätigkeit im juristischen Sinne auszugehen ist. Im Regelfall wird von einer Veranstalter-Tätigkeit auszugehen sein.
 
Grenzfälle mag es geben, wie zum Beispiel die Vermittlung einer „Einzelleistung Gamsjagd“ eines bayrischen Forstamtes an einen Jäger aus Schleswig- Holstein, der in eigener Organisation anreist, sein Hotel bucht, für seine Verpflegung und seine Ausrüstung sorgt und lediglich eine Abschussgebühr an das Forstamt zahlt.
 
Sicherungsscheine
 
Gemäß § 651k BGB hat jeder Reiseveranstalter sicherzustellen, dass dem Reisenden der gezahlte Reisepreis erstattet wird für den Fall, dass Reiseleistungen infolge einer Insolvenz des Reiseveranstalters ausfallen. Dies gilt sowohl dann, wenn der Reisende die Reise bezahlt, aber noch gar nicht angetreten hat wie auch während der Reise. Des weiteren muss der Veranstalter sicherstellen, dass dem Reisenden notwendige Aufwendungen ersetzt werden, die dem Reisenden entstehen, wenn der Veranstalter während der Reise in die Insolvenz geht und der Reisende daraufhin seine Rückreise quasi noch einmal bezahlen muss.
 
Es gibt nur zwei Möglichkeiten für den Reiseveranstalter, diese Verpflichtung zu erfüllen: Er muß entweder (gemäß § 651k Abs. 2 Nr. 1) eine Versicherung bei einem in Deutschland zugelassenen Versicherungsunternehmen abschließen oder (gemäß § 651k Abs. 2 Nr. 2 BGB) ein Zahlungsversprechen eines in Deutschland zugelassenen Kreditinstituts, also einer Bank mit einer Vollbanklizenz, beibringen.
 
In der Praxis haben sich vor allem Gruppen-Versicherungsverträge bei Gruppen-Versicherern herausgebildet, die ihrerseits Vereinbarungen mit Versicherungsgesellschaften eingegangen sind.
 
Der Kundengeldabsicherer, also das Versicherungsunternehmen oder die Bank, können die jährlich insgesamt zu ersetzenden Beträge auf 110 Millionen Euro begrenzen.
 
Der Reiseveranstalter muss auch dafür sorgen, dass sein Kunde im Falle eines Falles einen unmittelbaren Anspruch gegen den Kundengeldabsicherer hat und muss dies durch Übergabe einer Bestätigung dokumentieren, die vom Kundengeldabsicherer oder auf dessen Veranlassung hin ausgestellt ist. Dabei handelt es sich um den „Sicherungsschein“.
 
Einwendungsmöglichkeiten hat der Kundengeldabsicherer nicht. Wenn er dem Reisenden Ersatz leistet, gehen dessen Ansprüche gegen den Reiseveranstalter auf den Kundengeldabsicherer über. Ob diese in der Insolvenz realisiert werden können, ist allerdings stark zu bezweifeln. Ein Reisevermittler ist gegenüber dem Kunden verpflichtet, den Sicherungsschein auf seine Gültigkeit zu prüfen.
Abschließend ist in § 651m BGB geregelt, dass von den Vorschriften der §§ 651a bis 651l BGB nicht zum Nachteil des Reisenden abgewichen werden darf.
Es gibt also keine Möglichkeit von Anbietern, die als Reiseveranstalter einzustufen sind, von den Normen des Reisevertragsrechts abzuweichen, wenn der Kunde Nachteile dadurch hat.
 
Allgemeine Geschäftsbedingungen
 
Das gilt auch für die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Wenn ein Reiseveranstalter also in seinen AGBs Bedingungen hat, die zum Nachteil des Kunden von den vorgenannten Normen Ausnahmen machen, ist dies ungültig.
 
Die Normen des alten Gesetzes zur Regelung allgemeiner Geschäftsbedingungen sind mittlerweile ins BGB übernommen worden. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB besagt, dass eine Regelung in AGBs wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden unwirksam ist, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar ist, von der abgewichen wurde. Das ist zweifelsohne der Fall, wenn in AGB´s der gesetzliche Insolvenzschutz ausgeschlossen wird.
 
Fazit
 
Im Regelfall wird ein Anbieter von Jagdreisen im Ausland als Reiseveranstalter anzusehen sein, auch wenn er sich „Vermittler“ nennt. Dann muss er zwingend für einen Schutz der Reisenden für den Fall seiner Insolvenz sorgen. Dies kann durch eine Versicherung oder den Eintritt einer Vollbank geschehen. Andere Möglichkeiten gibt es nicht.
 
Sollten Safari- Anbieter über einen solchen Insolvenzschutz nicht verfügen, wären sie gut beraten, sich hierum entsprechend zu kümmern. Möglicherweise gibt es die Möglichkeit, einen Gruppen-Versicherungsvertrag abzuschließen.
 
Foto: Dr. Gerd Ruisinger
Hansgeorg Arndt

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