Mit Warzen und Pinseln

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In einem solchen Sauenrevier hatte ich einst selbst eine Sau für die Campküche zu erlegen.
Es war heiß, ich war müde, und wir hatten eine Autopanne. Ich legte mich unter einen Baum und bat den Fahrer vor dem Einschlafen, mich doch aufzuwecken, wenn eine Sau vorbeikäme.
Es dauerte eine halbe Stunde, bis er mich weckte. Ich schoß einen ‹Überläufer aus einer vorbeiziehenden Rotte und setzte danach meinen unterbrochenen Mittagsschlaf fort.
Schießen kann man Warzenschweine mit allen Waffen, mit denen man auch bei uns Sauen bejagt, das heißt, ab etwa 7mm. Wenn die Jagd in erster Linie den Büffeln gilt und deshalb ein entsprechendes Kaliber ab 9,5mm geführt wird, muß man nicht eine spezielle Sauwaffe dabei haben.
Denn die afrikanische Universalpatrone .375 Holland&Holland Magnum oder ähnliche Großwildpatronen sind natürlich ebenfalls geeignete Sauenkaliber, wenn auch etwas überdimensioniert.
Nach Möglichkeit sollte man dann keine zu harten Teilmantelgeschosse verwenden, die den Wildkörper ohne viel Zerlegung durchschlagen.
Die Vollmantelgeschosse sind ganz problematisch, wenn auch beim plötzlichen Auftauchen einer Sau auf der Büffeljagd besser als nichts. Das Geschoss muß dann aber unbedingt entsprechend platziert werden.
Wie alles afrikanisches Wild sind auch die Sauen relativ schusshart. Man sollte sie auf das Blatt und nicht – wie deutsche Jäger es gerne tun – dahinter beschießen.
Waidwundschüsse sind ganz schlecht (auch mit Großkalibern), und nur mit guten Fährtensuchern – Hunde gibt es ja mit der Ausnahme von manchen Farmjagden in Südafrika oder Namibia nirgendwo – sind solche Sauen noch zu finden.
Dass man ein Warzenschwein allerdings auch ganz unkonventionell und ohne Waffeneinsatz erbeuten kann, erlebte ich einst, als wir auf der Pürsch an einem Termitenhügel vorbeikamen, in dessen Schatten eine ganze Schweinesippe ruhte. Von uns aufgeschreckt gaben sie Fersengeld.
Ein paar Bachen mit antennengleich aufgestellten Pürzeln vorneweg, danach die ganze Schar der kaum zehn Kilo schweren Frischlinge. Alle verschwanden im hohen Gras.
Plötzlich tat es einen dumpfen Schlag, und die Spitzen einiger Gräser vor uns vibrierten stark.
Ein Frischling war frontal gegen den aufrechten Ast eines umliegenden, abgestorbenen Baumes gelaufen. Tropisches Hartholz wird beim Verwittern hart wie Eisen. Ich fing den Kujel ab, doch das wäre gar nicht mehr nötig gewesen. Auf jeden Fall gab er einen köstlichen Braten ab.
Pinselschwein
Die zweite afrikanische Sauenart, das Pinselschwein, wird auch Pinselohrschwein oder Buschschwein genannt. Sie kommt sowohl im Aussehen als auch in der Lebensweise unserem heimischen Wildschwein näher als das Warzenschwein.
Die „bushpigs“ sind mit „unseren“ Wildschweinen auch recht nahe verwandt, haben im Gegensatz zu diesen jedoch 42 und nicht 44 Zähne. Die vorderen unteren Prämolare fehlen.
Gewehre und Haderer sind kurz und deshalb von außen kaum zu sehen. Nur bei kapitalen Keilern werden die Waffen sichtbar. Sie reiben stark gegeneinander und werden auf diese Weise scharf, aber auch kurz gehalten.
Die Hauer sind etwa doppelt so lang wie die Haderer, bleiben dennoch meist unter zehn Zentimeter Länge. Sie sind auch nicht besonders dick. Der Umfang an der stärksten Stelle beträgt meist um die fünf Zentimeter. Für Rowland Ward gelten alle Trophäen über fünf Inch (13,9 Zentimeter) als Rekord.
Von außen kann man den Keilern die Stärke der Waffen nicht ansehen. Höchstens die Körpergröße gibt einen Hinweis. Allerdings korreliert sie nicht unbedingt mit der Waffenstärke.
Da man den Buschschweinen wegen ihrer heimlichen Lebensweise nur selten begegnet, sollte der Auslandsjäger auf seiner Safari jedes nicht führende Buschschwein im Rahmen der Jagdzeiten und gelösten Lizenzen erlegen, sobald er eine Chance dazu hat. Gibt es die Möglichkeit der Auswahl, wird man das vom Gewicht stärkste nehmen.
So wird also viel Glück dazugehören, ein wirkliches Hauptschwein zu erlegen. In guten Sauengebieten wird es immer wieder einmal gelingen, einen Keiler bis 15 Zentimeter zu erlegen. Darüber wird die Luft dünn.
Aber dennoch werden immer wieder grobe Keiler über 20 Zentimeter erlegt. Die stärksten Waffen messen schier unglaubliche 30 Zentimeter. Es handelt sich um eine Trophäe, die vor gut drei Jahrzehnten am Save Fluss in Mosambik gefunden wurde.
Ausgewachsene Pinselschweine entsprechen im Gewicht meist einem starken Überläufer unserer heimischen Schwarzkittel.
Keiler können aber je nach Nahrungsverhältnissen auch deutlich stärker werden. In der Literatur spricht man von bis zu 130 Kilogramm. In Westafrika sind die Sauen schwächer als im Osten des Kontinents.
Sie haben einen langen Wurf. Die Färbung variiert stark von braun bis rot. Es gibt aber auch graue und sehr dunkle Sauen.
Manche haben weiße Gesichtsmasken und – vor allem die ost- und südafrikanischen Sauen – lange helle bis weiße Haarbüschel am Hals und an den Tellern.
Lebensweise und Verbreitung
Buschschweine haben meistens eine nächtliche Lebensweise, die durch Jagddruck sicherlich mitverursacht wird.
Allerdings sprechen ausgeprägtere Tagesaktivitäten in kühlen Gebieten Südafrikas dafür, dass die Sauen möglicherweise vor allem zur Regulierung der Körpertemperatur am Tage inaktiv sind.
Tagsüber verbergen sie sich sehr häufig ich in dichter Vegetation.
Sie sind Allesfresser und nehmen Wurzeln, Blätter, Samen, Früchte, Pilze und tierische Nahrung auf. In landwirtschaftlichen Gegenden können sie ganz erhebliche Schäden an Feldfrüchten verursachen.
Obgleich die Zerstörungen zum Beispiel durch Elefanten mehr ins Auge fallen, sind doch die Pinselschweine in den meisten Gebieten – neben Nagern – die Hauptverursacher von Wildschäden. Natürlich gibt es in Afrika keine Entschädigung für die Bauern.
Die Rotten bestehen typischerweise aus fünf bis zehn Sauen, obwohl in Ausnahmefällen auch größere Rotten vorkommen können. Gefrischt wird am Ende der Trockenzeit oder zu Beginn der Regenzeit.
Die Tragezeit beträgt 120 Tage, und eine Bache frischt bis zu sechs, im Schnitt drei Junge. Die Sterblichkeit bei den Frischlingen ist hoch und vor allem vom Wetter und Raubwild abhängig.
Buschschweine kommen praktisch in allen klassischen Jagdländern in West-, Zentral und Ostafrika vor, sowohl in der Wildnis als auch in bewohnten und landwirtschaftlich genutzten Gebieten.
Auch im Regenwald sind sie weit verbreitet. Gute Trophäen kommen auch aus Simbabwe, Sambia und Mosambik. Pinselschweine fehlen hingegen am Horn von Afrika, in Nordafrika sowie im Sahel, ebenso in Namibia mit Ausnahme des Caprivi-Streifens.
In Botswana findet man sie nur im Norden und Osten, in Südafrika in Transval, im Zululand sowie am Kap mit einigen isolierten Vorkommen.
Jagdarten
Am erfolgreichsten bejagt man das Buschschwein auf der Pirsch in den frühen Morgen- und späten Abendstunden.
Der ortskundige Jagdführer kennt die Flächen, wo die Sauen regelmäßig im Gebräch stehen oder wo sie auf dem Weg zur Deckung abgepasst werden können. Auch die Pürsch im dichten Unterholz, wo die Sauen tagsüber stecken, kann erfolgreich sein. Ich habe dort schon Pinselschweine im Kessel angetroffen.
Mit Hilfe eines ortskundigen einheimischen Dorfjägers habe ich in guten Saubiotopen gelegentlich systematisch die Kessel abgesucht.
In einem Fall zogen die Sauen frühmorgens aus einem großen Sumpfgebiet in verbuschtes Grasland und schoben sich dort in Kuhlen und Höhlen am Fuße von Termitenhügeln ein.
Wir fanden schließlich einen Keiler tief schlafend am Fuße eines solchen Hügels. Ich ließ mir die mit Posten geladene Flinte reichen, weil ich einen solchen Schuß schon lange einmal ausprobieren wollte und mir die Gelegenheit günstig erschien.
Ich zog die Schuhe aus, schlich mich auf Strümpfen bis auf 15 Schritt an die Sau und schoss sie auf´s Haupt. Mehr als unsanft geweckt, ansonsten aber unverletzt, verschwand sie hochflüchtig, nur eine Staubwolke zurücklassend. Offensichtlich hatte ich mein Ziel überschossen.
Auf 30 Schritt verhoffte der Keiler noch einmal und gab mir eine zweite Chance, die ich erneut wirkungslos nutzte. Im Laufschritt folgten wir der Sau, die nicht übermäßig beunruhigt schien, sich aber in stetigem Troll davonmachte.
Ich hatte inzwischen die Flinte gegen den Repetierer vertauscht. Nach fünf Minuten schob sich die Sau erneut auf einem Termitenhügel ein.
Auf meinen Schuß ruckte sie zusammen, rollte blitzartig auf die Seite und schlegelte heftig. Wie wir später sahen, saßen dem recht kapitalen Keiler nur zwei Bleikörner in der Schwarte des Hauptes.
Zufälle
Diese ohnehin schon ungewöhnliche Jagd wird dadurch noch unglaubwürdiger, dass wir unter der Sau einen noch gänzlich warmen, ebenfalls verendeten Madenhacker fanden.
Der Vogel hatte sich offensichtlich schon vor dem Schuß auf seinem Wirt niedergelassen, um dessen bevorstehende Ruhe zur Nahrungssuche zu nutzen und war dann totgequetscht worden.
Meistens schießt man die Buschschweine jedoch mit weniger jagdlichem Einsatz, eher zufällig auf der Pirsch. Wenn man Glück hat, sieht man sie von weitem im Gebrech und kann sich heranpirschen.
Häufiger sind sie jedoch der gewitztere Teil, und man kann nur noch auf bereits flüchtige Sauen einen Schuß abgeben. Groß ist die Freude, wenn dann eine über Kopf geht.
Vom Auto sahen wir einmal, wie ein Keiler in der offenen Steppe flüchtig wurde und sich in einer kleinen inselartigen Buschgruppe drückte. Ich umschlug die Büsche in weitem Abstand unter Wind, stand vor und schickte dann mit Handzeichen den Fahrer in den Wind.
Wie eine Rakete kam der Keiler auf meiner Seite hervorgeschossen und rollierte.
In Südafrika werden in landwirtschaftlich genutzten Gebieten auch regelrechte Treibjagden auf Buschschweine veranstaltet. Dabei werden dann neben einer Unzahl von Treibern meist auch Hunde eingesetzt.

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