Tagebuch einer Löwenjagd

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Dass es durchaus auch erfolgreiche Löwenjagden in Burkina Faso gibt, zeigt dieser Bericht vom März 2002.

Von Rainer Friedrich
Durch einen Bekannten bekam ich ein Angebot zur Löwenjagd in Burkina Faso. Büffel und Leopard hatte ich schon in Tansania und Namibia erbeutet. So sollte es jetzt auf Löwenjagd gehen.

Am 21.März ging es mit dem Flieger nach Paris, von da weiter nach Ougadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso. Ziel war das ehemalige Wildreservat Singou. Gegen 21 Uhr Ortszeit landeten wir. Außentemperatur rund 35 Grad. Es sollte aber noch viel heißer werden. Die Abfertigung am Zoll ging sehr flott. Jean, der Berufsjäger, begrüßte meinen Sohn (auch passionierter Jäger, der mich begleitete) und mich vor dem Flughafengebäude.

Von dort ging es in ein kleines sauberes Hotel mit Namen „Avenue“. Wir besprachen mit Jean alle Einzelheiten und Möglichkeiten der Jagd. Es hörte sich alles sehr gut an.

Gegen 14 Uhr brachen wir am nächsten Tag in das Hauptcamp auf, das rund 350 Kilometer von der Hauptstadt entfernt liegt. Wir erreichten es gegen 17.45 Uhr. Die Probeschüsse mit meiner 8 x 68S fielen zufriedenstellend aus. Zum Abschluss des Tages fuhren wir die 40 Kilometer weiter bis in unser Jagdcamp.

Das Jagdgebiet ist etwa 40 x 80 Kilometer (320.000 ha) groß. Unsere Schlafräume sind sauber und mit Toilette, Dusche und Klimaanlage ausgestattet. Die Klimaanlage läuft leider nur solange wie der Generator, nämlich von 20 bis 22 Uhr.

Am ersten Jagdtag ging es um 5.20 Uhr ins Revier. Zu Fuß kontrollierten wir einige Wasserlöcher, wobei wir mehrere leider nur geringe Löwenfährten fanden. Folgendes Wild kam am ersten Jagdtag in Anblick: Warzenschweine, Ducker, Buschbock, Riedbock, Roanantilopen, Krokodil und ein Elefant.

Wir liefen am ersten Tag etwas mehr als 15 Kilometer (mit GPS gemessen). Um 18 Uhr waren wir im Camp zurück. Der Geländewagen war leider in einem desolaten Zustand.

Nach dem Abendessen wurde noch ein bisschen erzählt. Jean wurde nach anfänglicher Zurückhaltung aufgeschlossener und freundlicher. Er hatte wohl negative Erfahrungen mit anderen deutschen Jägern gemacht.

 

24. März

 

 

4.15 Uhr Abfahrt ins Revier, Wasserstellen kontrollieren. Keine neue Fährten. Wechsel in anderen Revierteil. Bis 15 Uhr ist es sehr heiß, rund 50 Grad. Nach eineinhalb Stunden Pirschfahrt sichten wir eine starke Löwenfährte, die wir ausgehen. Dabei finden wir eine frisch gerissene Warzenschwein-Bache, sodass wir beschließen, uns in der Nähe anzusetzen. Gegen 18 Uhr wird der Ansitz erfolglos abgebrochen. Die Einheimischen nehmen die Reste der Bache mit, um sie zu essen. Sie sind nicht dazu zu bewegen, den Riss liegenzulassen, um am nächsten Morgen den Löwen abzupassen. Schade.

25. März

5.20 Uhr, eine halbe Stunde zu spät – die Mannschaft hat verschlafen – starten wir ins Revier. Nach einer halben Stunde Fahrt sehen wir wieder Elefanten, dann Büffel, Hippos, Pukus und vieles mehr. Das Jagdgebiet ist für westafrikanische Verhältnisse sehr wildreich.

An einem Wasserloch finden wir drei Löwenfährten. Wir folgen der stärksten. Nach 40 Minuten sind wir bis auf etwa 20 Meter an den Löwen herangekommen. Dann bekommt er offensichtlich Wind von uns, brüllt Mark erschütternd und zieht sich zurück, ohne dass wir ihn gesehen haben. Nachmittags versuchen wir es in diesem Gebiet noch einmal, allerdings wieder ohne Erfolg.

26. März

4.40 Uhr Abfahrt ins Revier. Nach 15 Kilometern eine frische Löwenfährte! Nach mehr als fünf Kilometern sorgfältigen Trackens verlieren wir die Fährte. Zurück zum Jeep, der kaputt ist. Kein Telefon, kein Funk und das 40 Kilometer vom Camp entfernt. In langsamer Fahrt geht es zurück ins Hauptcamp. Nach dreistündiger Reparatur geht es wieder ins Jagdgebiet (bei 48 Grad).

An einem ausgetrockneten Flussbett pirschen wir zwei Stunden. Diese schattigen Plätze werden von den Löwen bevorzugt aufgesucht, weil es dort wesentlich kühler ist. Das können wir gut nachvollziehen. Es kommt viel Wild vor, aber keine Löwen. Bei Einbruch der Dunkelheit geht es zurück zum Camp. Ein Löwe springt im Scheinwerferlicht über die Piste. Keine Chance zu erkennen, was es war, Löwe oder Löwin.

Aufbruch zur Löwenjagd. Fährtensuche soweit die Füsse tragen.
Fotos: Heinz Lehmann, Rainer Friedrich

27. März

Abfahrt in einen neuen Revierteil um 4.30 Uhr. Die Eingeborenen wollen nicht so wie unser Berufsjäger. Sie machen einen Umweg, weil sie glauben, einen guten Löwen zu kennen. Mit einer Stunde Verspätung kommen wir an unser Ziel.

Viele Elefanten haben wir auf diesem Weg gesehen. Und es sollen noch mehr werden. Ein Wasserloch ist unser Ziel. Es liegt etwa 60 Kilometer Luftlinie vom Camp entfernt. Jean hatte von einem anderen Pisteur erfahren, dass hier ein alter starker Löwe seine Fährten zieht.

Angekommen an unserem Ausgangspunkt, erläutert unser Chefpisteur Abdullai, wir hätten vier Kilometer zu pirschen. Um in den richtigen Wind zu kommen, laufen wir dreieinhalb Kilometer. Unsere Wasservorräte sind für vier bis fünf Kilometer ausgelegt. (Pro Person haben wir sieben bis acht Liter am Tag getrunken. Die eineinhalb Liter Flasche kostet zwei Euro, das bedeutet pro Tag zehn Euro für Wasser. Zwei Euro kostet übrigens auch eine Dose Cola.)

2 Auf dem Weg zum Wasserloch sehen wir viele Pukus und Warzenschweine. Nach acht Kilometern kommen wir an ein Flussbett. Die Temperatur ist mittlerweile auf 45 Grad gestiegen, und wir freuen uns auf ein schattiges Plätzchen. Erstaunlich mit wie wenig man in Afrika zufrieden ist. Aber auch die Elefanten finden diese Plätze schön, so dass wir mehrmals Reißaus nehmen müssen.

Es ist recht schwierig und gefährlich, diese kühlen Flussbetten nach Löwen abzusuchen. Einmal finden wir ein Löwenlager, das noch sehr frisch aussieht. Die Spannung steigt bei uns allen. Wenn unser Pisteur fast auf dem Boden liegt, um unter die Büsche und tief beasteten Bäume zu schauen, ist unser Adrenalinspiegel ziemlich hoch.

Endlich machen wir an einem schattigen Plätzchen Pause, die jäh unterbrochen wird von angreifenden Elefantenmüttern, die uns verjagen wollen. Mit Erfolg. Nach siebenmaligen Ausweich- und Fluchtmanövern, wir haben knapp 50 Grad im Schatten, brauche ich eine erneute Pause. Wir sind über drei Stunden gelaufen, meine Kraftreserven sind aufgebraucht, und wir haben nur noch wenig Wasser.

Schließlich finden wir einen großen Schattenbaum an einem Flussufer. Dort ist es angenehm. Mein Sohn gibt mir Wasser aus seiner Feldflasche. Nach kurzer Pause pirscht Abdullai am Flussbett entlang. Ich vermute, er will Perlhühner für das Mittagessen schießen. Aber er kommt schnell zurück und flüstert aufgeregt: „Lion, Lion!“ Abdullai hatte zwischen dem lauten Vogelgezwitscher einen Löwen fressen hören.

Jean und ich versuchen, den Löwen im Flussbett auszumachen, was aber trotz Fernglas nicht gelingt. Alle Anstrengungen und der Durst sind verflogen. Jean, Abdullai und ich schlagen einen großen Bogen, um den Löwen zu entdecken. Dazu müssen wir auf die andere Seite des Flussbettes. Nach 500 Metern erreichen wir eine Position, von der Abdullai und Jean den Löwen sehen können. Mir gelingt das nicht, bis Jean mir erklärt, dass vor uns im Flussbett unter einem Busch ein großer Baum quer auf dem Boden liegt. Dahinter frisst die Großkatze im Liegen. Nach kurzer Zeit sehe auch ich durch das Fernglas die Gehöre des Löwen, die sich beim Kauen bewegen. Man kann etwas Mähne unterhalb der Gehöre sehen. Das spricht für einen reifen männlichen Löwen.

Jean flüstert: „Such dir einen günstigen Platz, so dass du ihn durch den Hals schießen kannst, ohne dass Äste oder Gräser das H-Mantelgeschoss ablenken!“

Leichter gesagt als getan. Abdullai kniet sich hin, so dass ich auf seinem Rücken auflegen kann. Die Schussbahn ist frei, „nur“ der Baumstamm im Weg. Als ich das Kommando: „Ready“ gebe, pfeift Jean. Beim ersten Pfiff nimmt der Löwe das Haupt hoch. Wir erkennen, dass er etwas Mähne hat, die in Westafrika nur männliche Löwen im Alter ab etwa acht Jahren haben.

Beim zweiten Pfiff kommt der Hals des Löwen höher, um nach dem dritten Pfiff für mich genug Ziel zu bieten. Ich schieße. Der Löwe quittiert die Kugel mit einem mächtigen Satz nach vorn, um dann nach fünf Metern umzukehren und aus unserem Blickfeld zu verschwinden.

Doch dann tut er mir den Gefallen und kommt auf 80 Schritt quer im Hochwald an uns vorbei. So kann ich dem flüchtenden Löwen noch drei weitere Schüsse antragen. Beim dritten sehe ich im Zielfernrohr einen fünf Zentimeter großen Schweißfleck auf dem rechten Blatt. Für mich die Garantie, dass ich die Großkatze tödlich getroffen habe.

Der flüchtende Löwe hat bei keinem Schuss gezeichnet, obwohl – wie sich später herausstellte – alle vier Geschosse gut getroffen haben. Kurz darauf kommt der Rest der Mannschaft und fragt aufgeregt nach dem Verbleib des Löwen. Jetzt haben wir das, was wir vermeiden wollten: Nachsuche! Ich mache Jean den Vorschlag, eine Stunde zu warten, dann sei der Löwe sicherlich verendet. Jean entgegnet, dass ich gut geschossen hätte und, wenn ich meinen Löwen nicht verlieren wolle, wir sofort nachsuchen müssten.

Schweiß ist reichlich vorhanden. Jean achtet auf die linke Seite und nach vorn, ich auf die rechte und ebenfalls nach vorn. Abdullai arbeitet die Schweißfährte, ausgerüstet mit seiner einläufigen Baikalflinte, geladen mit 8mm-Posten.

Die Schweißfährte ist leicht zu halten. Nach Jeans Angaben brüllt ein Löwe, bevor er angreift. Mich beruhigt das nicht sehr. Schließlich ist auch mein Sohn dabei, und um ihn sorge ich mich besonders. Er muss mit seiner Videokamera immer hinter uns bleiben, egal was passiert. Nach 200 Metern durch dick und dünn entdecken wir den Löwen vor uns. Durch eine Lücke im Buschwerk erkenne ich die braune Decke. Ich gebe einen weiteren Schuss ab, was der Löwe mit einem finsteren Brüllen quittiert. Nach einer letzten kurzen Flucht verendet er unter einen Baum.

Jean gibt ihm zur Sicherheit noch zwei Fangschüsse. Er hat schlechte Erfahrungen mit kranken Löwen gemacht, so dass Sicherheit für ihn an erster Stelle steht. Alle sind unendlich glücklich über den erfolgreichen Ausgang dieser Jagd. Nach den obligatorischen Fotos wird die ersehnte und verdiente Mittagspause gemacht. Anschließend verladen wir die Katze und decken sie mit Zweigen ab, damit die Hitze der Decke nicht schadet.

Auf der Fahrt ins Camp wird jeder mit lautem Hupen über den Erfolg der Löwenjagd informiert. Jean erzählt mir, dass Abdullai in der vorherigen Nacht zum Medizinmann gegangen sei, um sich Löwensalbe für eine erfolgreiche Jagd zu besorgen. Er war unglücklich, dass er mir nach vier Tagen noch keinen Löwen schussgerecht zeigen konnte. Er ist jetzt fest davon überzeugt, dass die Salbe geholfen hat. Mir soll es nur recht sein. Glaube versetzt Berge.

Im Camp angekommen begrüßen und beglückwünschen mich alle herzlich. Nach kurzer Pause und Dusche geht es weiter ins Hauptcamp zum Feiern. Dort wird der Löwe sofort versorgt. Nach dem Essen kommt ein LKW voll Einheimischer, und es beginnt die große Löwenparty mit Trommeln und Tänzen unter dem sternklaren Vollmondhimmel. Diese Nacht werden wir nie vergessen.

Am nächsten Tag geht es um zehn Uhr zurück nach Ouagadougou, um unserem Rückflug umzubuchen. Noch in der folgenden Nacht fliegen wir über Paris zurück nach Hannover.

Mein Löwe ist der zweitstärkste, der je in diesem Gebiet erbeutet worden ist. Von der Nasen- zur Rutenspitze hat er eine Länge von 288 Zentimetern. Das Gewicht haben wir auf 230 Kilogramm geschätzt. Mit Jean, ich kenne keinen besseren Berufsjäger, habe ich ausgemacht, in Kamerun auf Elefanten zu jagen. Wir sind als Freunde auseinander gegangen.

Vielen Dank an alle, die mir diese erlebnisreiche Jagd ermöglicht haben. Besonderer Dank gebürt Ivan de Klasz aus Nizza, der mich mit sehr vielen Informationen versorgt und den Kontakt zu Jean hergestellt hat. Es war ein wundervolles Gefühl, als Jean am verendeten Löwe sagte: „Das war wirklich tolle afrikanische Löwenjagd!“

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