Innerhalb weniger Tage und ohne nennenswerte Planung hat die Regierung von Tansania entschieden, aus dem bisher 50.000 qkm großen Selous Wildreservat 31.000 qkm herauszuschneiden. Dies wird der Nyerere Nationalpark.
Statt bislang 40 Jagdblocks wird es in Zukunft nur noch 10 in den Sektoren Kingupira und Miguruwe im Osten des bisherigen Selous Reservats geben. Das Parlament hat den Vorschlag einstimmig angenommen. Als Begründung werden besserer Schutz der Wildtiere und höhere erwartete Einnahmen durch Tourismus angegeben. Allerdings könnte dies eine Bauchlandung werden, da der größte Teil des neuen Nationalparks sich nur bedingt für Fototourismus eignet. Es gab bislang schon attraktive Gebiete im Norden des Reservats, die seit 20 Jahren nicht mehr bejagt wurden, in denen sich aber kein Fototourismus entwickelte.
Selous Game Reserve mit den bisherigen Blockeinteilungen. Die braunen Gebiete im Norden wurden schon bislang für Fototourismus genutzt. Die anderen waren Jagdblocks, zum Teil aktuell aber nicht verpachtet. Foto: Mike Shand/Archiv Rolf D. Baldus
Der nach dem „Vater der Nation”, dem früheren Präsidenten Julius Nyerere, benannte Park soll der Organisation „Tanzania National Parks” (TANAPA) unterstellt werden. Von den bislang 19 Nationalparks des Landes erwirtschaften allerdings nur 3 (Kilimandscharo, Serengeti und Tarangire) Überschüsse. Die anderen schreiben rote Zahlen. Der Nyerere Nationalpark wäre der größte des Landes und könnte sich für TANAPA als finanziell untragbare Belastung erweisen. Früher erwirtschaftete Jagdtourismus im Selous hohe Überschüsse. Dies änderte sich, als die USA und andere Länder die Einfuhr bestimmter Jagdtrophäen aus Tansania nicht mehr genehmigten.
Die Motive der tansanischen Regierung sind undurchsichtig. Ohnehin wird im Herzen des Selous Wildreservats gerade ein Mega-Staudamm mit unbekannten ökologischen Konsequenzen gebaut. Die tansanische Armee ist damit beschäftigt, den jahrzehntelang geschützten Wald auf einer Fläche von 1.000 qkm abzuholzen. Dies ist derzeit der größte Kahlschlag weltweit. Gleichzeitig plant die Regierung im Geheimen den Bau eines teils geteerten Straßennetzes und mehrerer Brücken im Selous. Sie können auch als Durchgangsstraßen für den Fernverkehr genutzt werden. Das Gebiet wird damit seinen Wildnischarakter verlieren. Es steht zu befürchten, dass der autokratisch regierende Präsident Magufuli, der die Entwicklung seines Landes durch Großprojekte beschleunigen will und für Umweltschutz wenig übrig hat, das riesengroße Schutzgebiet verkleinern will, um an die vorhandenen Bodenschätze – Gold, Uran, Diamanten, seltene Erden, Erze – heranzukommen. Für den Selous sind, anders als manche jetzt erhoffen, düstere Zeiten angebrochen.
Gleichzeitig hat die Regierung entschieden, dass die erst vor kurzer Zeit eingerichtete „Tanzania Wildlife Authority”, eine Organisation zum Management des Wildschutzes außerhalb der Nationalparks, mit der Verwaltungsbehörde des Ngorongoro Kraters (NCAA) im Norden zusammengelegt wird. Der Sinn dieser Neuorganisation erschließt sich nicht und könnte das Funktionieren beider Behörden auf Jahre lahm legen.
rdb