Mit vielen Berichten, Fotos, zwei Jagdvideos, einer Leserreise und Empfehlungen war JAGEN WELTWEIT an der Entwicklung Kasachstans als Jagdland stark beteiligt. Unser Bericht skizziert die Geschichte der jagdlichen Erschließung, nennt die Höhepunkte und bringt einen Ausblick auf die Jagden im Herbst 2002.
Karaganda-Argali aus Kasachstan: Die neue Nummer 1 im Rekordbuch des SCI. |
Von Toma Ivanovic
Kommen und mit eigenen Augen sehen“, das war die Empfehlung von Jesali Barlykbaew, dem Jagdchef der Region Taldy-Kurgan im Osten Kasachstans. Ich habe ihn im Februar 1992 in Moskau getroffen, als er beim damals größten russischen Jagd-Veranstalter zu Besuch war, um die erste Jagd-Saison in Kasachstan vorzubereiten.
Er erzählte mir von den neuen Jagd-Möglichkeiten in Ost-Kasachstan auf Maral und Steinbock, die er im Herbst 1991 mit einer kleinen österreichischen Gruppe getestet hatte. Die Ergebnisse waren fast unglaublich. Jesali versprach Marale mit Geweih-Gewichten zwischen zwölf und 16 Kilogramm, während wir damals in Sibirien kaum zwölf Kilogramm erjagen konnten. Für Steinböcke wurde die Situation ähnlich reizvoll geschildert.
Zu der Zeit wurde die frühere Sowjetunion (also Russland und Zentralasien) für die internationale Jagd geöffnet. Jagd-Journalistisch war das eine fast unlösbare Aufgabe. Die interessanten Jagdgebiete mussten getestet werden, aber die Menge der neuen Jagdländer, Jagden und Wildarten war überwältigend. Man konnte nur selektiv vorgehen.
Damals trauten sich nur wenige deutschsprachige Jäger in die neuen Jagdgründe. Die ersten Test-Jagden wurden also mit amerikanischen Jägern durchgeführt. JAGEN WELTWEIT war natürlich dabei und berichtete darüber.
Auf nach Kasachstan
Jesali hatte alle meine Fragen so genau beantwortet, dass ich am Ende überzeugt war, in Kasachstan außergewöhnlich starke Marale und Steinböcke vorzufinden.
Ich reiste gleich im September 1992 nach Taldy Kurgan und war mehr als überrascht über die einmalige Trophäen-Qualität der Taldy Kurgan-Marale. Die Versprechungen von Jesali haben sich nicht nur erfüllt, sondern wurden von unseren Jagd-Erfolgen übertroffen.
Nur war das damals eine andere Zeit. Logistisch und jagdorganisatorisch waren örtliche kasachische Outfitter völlig überfordert. Deshalb gab es große Unterstützung von russischen Outfittern aus Moskau, von westlichen Jagd-Agenten und von der Jagdpresse. Direktflüge nach Kasachstan wurden damals noch nicht angeboten. Alles war aber billig, auch Hubschrauber-Flugstunden. Deshalb flogen die Jäger vom Zielflughafen ins Jagdgebiet, und alles war im Jagdpreis inbegriffen.
Das Jagen war mehr Abenteuer als professionelles Unternehmen. Trotzdem gab es nicht viele Beschwerden. Alle Jagdgäste wussten, dass es sich um ein neues, aber an Perspektiven reiches Jagdland handelt und waren voller Hoffnung. Sie ließen sich also von den anfänglichen „Kinderkrankheiten“ nicht stören und packten auch selbst mit an. Wenn man die Anfänge des kasachischen Jagdtourismus miterlebt hat, kann man kaum glauben, dass heute dort professionell mit ausgereifter Logistik gejagt wird.
Die größten Jagd-Erfolge
Im Unterschied zu manch anderen asiatischen Jagdländern hat Kasachstan nicht nur eine große Palette von verschiedenen Wildarten, sondern auch bei den meisten Schalenwildarten einen großen Bestand mit einer außergewöhnlich guten Trophäen-Qualität. Daher das große Interesse der amerikanischen Jäger zu Beginn der jagdlichen Erschließung.
Gleich im Jahre 1992 wurden etliche Rekord-Trophäen erbeutet. Diese Entwicklung ist bis heute ungebrochen. Im ostkasachischen Dschungarischen Alatau Gebirge (Gebiet Taldy Kurgan) leben mit Abstand die stärksten Marale der Welt. So fiel zu Beginn der Jagd ein Spitzenmaral mit 15,6 Kilogramm, danach folgten mehrere mit 17 und 18 Kilogramm Geweihgewicht. In der letzten Saison sind sogar zwei Marale mit Geweihen über 20 (!) Kilogramm erlegt worden. Deren Stangen sind stellenweise so dick, dass man sie mit beiden Händen nicht umfassen kann.
Anfang der 90er Jahre sah es so aus, dass es in den kasachischen Bergen zwar sehr viele, aber nur mittelstarke Steinböcke gibt. Dann kamen aber mehrere Überraschungen, bis ein Sibirischer Steinbock aus Taldy Kurgan mit 137 Zentimetern Schlauchlänge der neue SCI-Weltrekord wurde.
Den Platz zwei im SCI-Rekordbuch belegte Mitte der 90er Jahre auch ein Ibex aus Kasachstan, bis dann Kirgisien mit einem 152 Zentimeter starken Steinbock wieder auf Platz eins gelangte. In den darauf folgenden Jahren wurden in Taldy Kurgan Böcke mit Schlauchlängen von 144 und 145 Zentimetern geschossen, was die Extraklasse dieser Region unterstreicht.
Bis vor kurzem waren unter den ersten fünf weltstärksten Sibirischen Rehböcken zwei (Plätze zwei und vier der SCI-Rangliste) aus Kasachstan. Jetzt aber stellt dieses Steppenland auch den neuen SCI-Weltrekord, hat also auch die berühmten Kurgan-Böcke aus Westsibirien übertroffen. In den nordkasachischen Gebieten Kustanai und Petropavlovsk sind schon Böcke von Jagdgästen erlegt worden, die zwischen 1.200 und 1.500 (!) Gramm wogen.
Dass alle Top-Ten-Trophäen des SCI bei der Saiga-Antilope und dem Karaganda-Argali aus Kasachstan kommen, liegt auf der Hand. Zum einen wurden sie vorwiegend dort gejagt (Saiga) und zum anderen sind sie eine endemische, nur in Kasachstan vorkommende Wildart (Karaganda-Argali).
Jagen in Kasachstan macht also nicht nur Spaß, weil dort die Wildbestände sehr gut sind, sondern auch weil der Jäger auf die außergewöhnlich gute Trophäen-Qualität zählen kann. Nach zehn Jahren intensiven Jagdtourismus sind erfolgreiche Jagdgebiete kein Zufall mehr, sondern gut bekannt, was die entsprechende Reiseplanung erleichtert.
Im Jagdgebiet der Karaganda-Argalis: Das Gelände ist nicht schwierig zu begehen. |
Fotos: Simon Camastral, Simon Camastral, Toma Ivanovic, Anton Ulmer
Verbesserter Service
Vorbei sind die Zeiten als in Kasachstan für eine Jagdgruppe von drei Jägern nur 1.000 US-Dollar für Servicekosten ausgegeben wurden. Heute unterhält der führende kasachische Outfitter Basiscamps im besten Maral- und Steinbock-Gebiet des Dschungarischen Alatau, die allein zwischen 25.000 und 50.000 US-Dollar kosten. Diese bestehen aus großräumigen Jurten und stabilen Zelten, und sind ausgestattet mit Strom-Aggregaten, Funkgeräten, Geländewagen, Pferden, Duschkabinen, Küchen und entsprechendem Personal.
Trotz dieser Verbesserungen gibt es aber noch einige Missstände. Kasachstan ist ein junger Staat, der sich nach der Unabhängigkeit vor zehn Jahren erst entwickeln muss. Das Land ist riesig, die Straßen sind nicht so perfekt wie in Westeuropa und die Infrastruktur ist für einen gut funktionierenden Tourismus noch nicht genügend ausgereift.
Ferner bereitet die verbreitete Korruption noch einige Schwierigkeiten. Alles Probleme, die zukünftig von der kasachischen Politik gelöst werden müssen. Wer also dort auf einmalige Trophäen und in einer faszinierenden Landschaft jagen will, muss so manche Unbequemlichkeit in Kauf nehmen.
Zu Beginn des Jagdtourismus vor zehn Jahren war keine Erfahrung beim Service vorhanden. Deshalb haben die meisten kasachischen Outfitter in den letzten Jahren die größte Aufmerksamkeit der Entwicklung und Verbesserung des Services gewidmet. Sie waren nicht allein, die Hilfe kam auch aus dem Ausland, sogar von konkurrierenden Jagdländern.
Erfahrene Outfitter standen mit Rat und Tat zur Seite. Mit ihrem privaten Geld und großen Investitionen aus dem Jagdgeschäft selbst haben kasachische Outfitter neue Fahrzeuge gekauft, mit schweren Bulldozern sogar neue Wege in Jagdgebiete geschoben und Seminare zur Schulung von Jagdführern organisiert.
Und der Aufwand hat sich gelohnt: Vor zehn Jahren kamen nur etwa 100 Jagdgäste nach Kasachstan. Heute sind es mindesten 500, wenn nicht mehr. Die Verteilung der Jäger nach bejagten Wildarten sieht etwa so aus: 20 jagen auf Wildschafe, 50 auf Maral, 200 bis 250 auf Steinbock, 50 auf Sibirischen Rehbock, 50 auf Wolf und die restlichen auf andere Wildarten.
Im Jagdgebiet der starken Marale: urwüchsige Berglandschaft. |
Jagd-Möglichkeiten heute
Kasachische Outfitter haben schnell gelernt, dass sie nicht nur gute Qualität, sondern auch günstige Preise anbieten müssen, wenn sie auf dem Weltmarkt konkurrieren wollen. Deshalb ist Kasachstan aufgrund des Preis-Leistungs-Verhältnisses nach wie vor eine Reise wert und besticht mit teilweise einmaligen Jagdmöglichkeiten auf viele verschiedene Wildarten.
Steinbock: Zu Beginn der 90er Jahre galt nur Kirgisien als Land der starken Steinböcke, während man in Kasachstan damals nur mittelstarke Trophäen vermutete. Heute ist die Situation ganz anders. Mit 50.000 Stück hat Kasachstan zur Zeit die größte Steinwild-Population in ganz Zentralasien, und die Trophäenqualität ist unübertroffen.
Interessant ist auch der günstige Preis für eine Steinbockjagd in Kasachstan. Für nur 2.500 US-Dollar bekommt man eine spannende Bergjagd inklusive einer Steinbock-Trophäe bis 110 Zentimeter. Auch Böcke zwischen 100 und 110 Zentimeter Schlauchlänge können über zehn Jahre alt sein und somit eine beeindruckende Trophäe darstellen.
Natürlich sind in allen Jagdgebieten auch stärkere Böcke vorhanden, so dass man mit einem Preisaufschlag von 500 bis 2.500 US-Dollar auch auf die Steinböcke mit Trophäen zwischen 110 und 130 Zentimeter jagen kann.
Eine kasachische Spezialität sind Garantie-Jagden auf Böcke über 120 Zentimeter Schlauchlänge. In keinem anderen Land Asiens können derartige Jagden gebucht werden. Diese werden in den besten Jagdgebieten Kasachstans veranstaltet und für die Hornlängen von 120, 125, 130, und 135 Zentimeter zu einem deutlich höheren Preis angeboten.
Maral: Zu Beginn der 90er Jahre zählte der bei den Hirschjägern sehr populäre asiatische Maral zur Hauptwildart Kasachstans. In den letzten Jahren ist sein Bestand aufgrund der verstärkten Wilderei gesunken, so dass die Zahl der Lizenzen in den besten Gebieten verringert, der Preis aber angehoben wurde.
Schon in der Jagdsaison 2.000 hat man bemerkt, dass die Maraldichte geringer geworden ist als in den Jahren zuvor. Ein Jagdverbot wie einst in der Mongolei wird es trotzdem nicht geben.
Nach wie vor gilt Kasachstan und das berühmte Dschungarische Alatau Gebirge als das weltbeste Maralgebiet. Dort liegt schon das Durchschnittsgewicht der Maralgeweihe zwischen elf und 13 Kilogramm, während starke Hirsche auch 14 bis 16 Kilogramm haben können, in der Spitzenklasse aber auch zwischen 17 und 20 Kilogramm. Eine so herausragende Trophäen-Qualität hat ihren Preis.
Die Jagdkosten für eine zweiwöchige Maraljagd betragen 3.000 US-Dollar. Dazu kommen noch Abschusskosten je nach Trophäenstärke zwischen 3.700 und 9.000 US-Dollar. Absolut gesehen ist das kein zu hoher Preis, besonders wenn man bedenkt, dass man in den USA für einen Wapiti (der in jeder Beziehung dem Maralhirsch ähnlich ist) der gleichen Trophäenklasse einen sehr viel höheren Preis zahlen muss.
Sibirischer Rehbock: Heute gilt das westsibirische Kurgangebiet nicht mehr als das beste Jagdgebiet für den Sibirischen Rehbock, denn es ist seit ein paar Jahren vom nordkasachischen Kustanaigebiet übertroffen worden. Auch in Kustanai, wie einst in Kurgan, werden jedes Jahr Böcke mit Gehörngewichten zwischen 900 und 1.500 Gramm von Jagdgästen erlegt, so dass die meisten Jäger heute nicht mehr nach Westsibirien, sondern nach Kasachstan zur Bockjagd reisen.
Preislich liegt Kasachstan etwa auf dem gleichen Niveau wie Kurgan, mit Jagdkosten um 1.600 US-Dollar und Trophäen-Gebühren je nach Gehörngewicht zwischen 850 und 2.000 US-Dollar. Ein neues Bockjagd-Programm wird seit ein paar Jahren in den Vorbergen des Dschungarischen Alataus entwickelt, als Kombination im Anschluss an Maral- oder Steinbockjagden.
Mit einem durchschnittlichen Gehörngewicht von 700 bis 900 Gramm sind diese Böcke allerdings im Schnitt etwas schwächer als die aus Kustanai.
Andere Wildarten: Neben diesen Haupt-Wildarten gibt es in Kasachstan noch eine ganze Reihe anderen Wildarten, die in einem kleineren Rahmen und teilweise nur dort bejagt werden können. Bis zu diesem Jahr konnte zu einem Preis von 22.000 US-Dollar das populäre Karaganda-Argali in Zentralkasachstan bejagt werden. Der Bestand ist aber in den letzten Jahren merklich gesunken, so dass nicht nur weniger Lizenzen ausgestellt werden, sondern auch schon ab dem kommenden Jahr ein Jagdverbot verhängt werden kann.
Noch schwieriger ist die Situation bei der Saiga-Antilope, für die seit 1999 ein allgemeines Jagdverbot gilt. Ein Kilogramm Saigahörner kostet auf dem schwarzen Markt bis 50 US-Dollar, so dass die Wilderei ernsthaft den Bestand gefährdet. Zwar hat das bestehende Jagdverbot gewisse Erfolge gebracht, aber auch für 2002 werden keine Saiga-Lizenzen erwartet.
Bei winterlichen Wolfsjagden wurden bisher auch Saigas im kleineren Rahmen mitbejagt, und für einen solchen Fall können Sonderlizenzen für Saiga-Antilopen beantragt werden.
Für eine ausschließliche Flugwildjagd auf Stein- oder Birkhühner fliegen zwar sehr wenige Jäger nach Kasachstan, diese Jagden können aber im Anschluss an andere Jagden veranstaltet werden. Besonders bei den Steinhühnern sind die Tagesstrecken sehr hoch, vorausgesetzt, dass die Jäger geübte Flintenschützen sind.
Die Wildarten-Vielfalt bringt es mit sich, dass in den meisten Jagdgebieten Kasachstans sehr erfolgreiche Kombinationsjagden organisiert werden können. Eine klassische Kombination ist die Maral- und Steinbockjagd, bei der im Anschluss auch auf sibirische Rehböcke gejagt werden kann.
Heute ist es nicht anders als damals zu Beginn des Jagdtourismus in Kasachstan: „Kommen und mit eigenen Augen sehen“ ist die Devise.