Die .376 Steyr ist eine Gemeinschaftsentwicklung der österreichischen Waffenfirma Steyr Mannlicher und des amerikanischen Munitionsherstellers Hornady. Von Norbert Klups
(Foto: Norbert Klups)
Die neue Kurzpatrone war für die Scout Rifle gedacht, eine von Jeff Cooper entwickelte Repetierbüchse, die für die Patrone .308 Winchester ausgelegt ist und in den USA ein begehrtes Modell für Liebhaber handlicher, kurzer Waffen ist. Parallel zur Scout-Entwicklung lief auch das Projekt „Lion-Scout“. Hier sollte eine handliche Repetierbüchse für stärkeres Wild entwickelt werden. Das Geschoss dieser Patrone sollte einen Durchmesser von .375 haben, um in allen afrikanischen Ländern die legale Bejagung derGroßwildarten zu erlauben.
Zweite Vorgabe war die Kompatibilität mit einem normal langen Büchsensystem. Dritte Prämisse: eine hohe Leistung aus kurzen Läufen. Das war keine einfache Aufgabe, aber mit den heute zur Verfügung stehenden innenballistischen Erkenntnissen und Treibladungsmitteln auch nicht unmöglich, wie das Ergebnis zeigt.
Die .376 Steyr benutzt als Basishülse die 9,3 x 64 Brenneke. Die Hülse wird unter annähernder Beibehaltung des Schulterwinkels um vier Millimeter gekürzt und auf den Durchmesser .375 aufgeweitet. Damit ergibt sich eine maximale Patronenlänge von 79 Millimetern, und die .376 Steyr passt problemlos in das Steyr-Standardsystem. Auch wenn die neue Patrone .376 heißt, es werden doch die herkömmlichen .375er Geschosse geladen.
Im Jahr 2000 wurde die Patrone vorgestellt. Die Werte sind beeindruckend. Trotz der kurzen Hülse kratzt die .376 Steyr an der Leistung der .375 Holland & Holland Magnum. Das geht natürlich nur mit reichlich Druck, denn Wunder vollbringen auch die neuen Pulver nicht. Der Höchstgasdruck der .376 Steyr nach CIP wurde auf 4 600 bar festgelegt.
Durch die kurze Hülse ist die Steyr erstaunlich flexibel, was reduzierte Ladungen angeht. Es ist kein Problem, leichte Laborierungen auf dem Niveau der 9,3×62 herzustellen oder sogar noch darunter zu bleiben. Der Leistungsverlust aus kurzen Läufen ist sehr gering. Ein Vergleich von zwei Repetierbüchsen, der Steyr-Scout mit 48 Zentimeter kurzem Lauf und einer Custom-Büchse auf 98er Basis mit 60-Zentimeter-Lauf, zeigte, dass ein 270 Grains schweres Geschoss aus dem Kurzlauf nur 15 m/s langsamer ist.
Um eine großwildtaugliche, handliche Repetierbüchse zu bauen, ist die .376 Steyr somit ideal. Die Hülsenbeschaffung ist bei diesem Kaliber sehr eingeschränkt. Wer seinen Hülsenvorrat nicht unbedingt durch das Verschießen von Fabrikpatronen anlegen will, kann auch 9,3 x64 Brenneke-Hülsen umformen. Das erfordert aber den versierten Wiederlader. Leere Hülsen sind bei Johannsen, Neumünster, zu bekommen. 50 Stück von Hornady kosten 64,90 Euro.
Das dürfte der beste Weg sein, um an einen Grundstock Hülsen zu gelangen. Bei den Geschossen sieht es sehr gut aus. Der Geschossdurchmesser von .375 ist recht beliebt, und es besteht eine reiche Auswahl. Die Geschosspalette reicht von 200 bis 350 Grains. Bei vielenGeschossen ist aber zu bedenken, dass sie oft für wesentlich schwächere Patronen gedacht sind und für die .376 Steyr, wenn die volle Leistung gewünscht wird, nicht geeignet sind. Beim Einsatz auf Wild ist dann mit völlig unzureichender Tiefenwirkung zu rechnen.
Bei den Treibladungsmitteln sind die mittelschnellen bis langsam abbrennenden Pulver, wie Hodgdon Varget, Alliant RL 7 oder Hodgdon 4895, einsetzbar; für reduzierte Ladungen auch Pulver wie Kemira N 135. Die beste Präzision wurde mit Hodgdon Benchmark erreicht, einem Pulver, das speziell für kurze Läufe entwickelt wurde. Die mit Benchmark geladenen Patronen haben auch ein sehr geringes Mündungsfeuer.
Für die mittelschnellen Pulver reichen Standardzündhütchen, bei den langsamen Sorten wurden Magnumzünder verwendet. Matrizensätze sind von den großen Herstellern zu bekommen und gehören sogar zu der preisgünstigsten Standardklasse. Der für die Laborierungsarbeiten verwendete RCBS-Satz kostet lediglich 42,90 Euro.
Zur Ermittlung der Ladedaten wurde eine Repetierbüchse Mauser 98 mit 60 Zentimeter Lauflänge benutzt. Die Geschwindigkeit wurde drei Meter vor der Laufmündung gemessen.
Tabellen:
Geschosspalette .376 Steyr.pdf