.577 Nitro Express Die Lebensversicherung

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Für die Elefantenjagd ist immer noch die Doppelbüchse erste Wahl. Wer es sich leisten kann, lässt eine solche Waffe bei renommierten Herstellern bauen. Eine der ersten Adressen ist hier Westley Richards

Doppelbüchse im Kaliber .577 Nitro von Westley Richards.
Doppelbüchse im Kaliber .577 Nitro von Westley Richards.

Von Norbert Klups
Für einen Test stand eine klassische Doppelbüchse im Elefantenkaliber .577 Nitro Express zur Verfügung.

Komplette Neufertigungen von Elefantenbüchsen sind heute relativ selten, denn aus der „guten alten Zeit“ sind noch guterhaltene Waffen auf dem Markt, wie man an den Auktionskatalogen der einschlägigen Anbieter feststellen kann, und die Kosten für eine solche Waffe gehen in astronomische Höhen, wenn sie vollkommen neu gebaut wird.

Die Überholung eines alten Stückes ist oft günstiger. Die hier vorgestellte Waffe ist jedoch völlig neu bei Westley Richards nach Kundenwünschen gefertigt worden und gehört dem Amberger Großwildjäger Dr. Ulrich Schmid.

Detachable Lock

Eine Westley Richards-Spezialität ist das sogenannte Detachable Lock-System, also von Hand herausnehmbare Schlosse.

Es handelt sich aber keinesfalls um Seitenschlosse, sondern um ein besonderes Anson-System. Die Bodenplatte der mächtigen, 50 Millimeter breiten Basküle läßt sich zum Abzugsbügel hin aufklappen, und die Schlosse können von Hand nach unten herausgenommen werden.

Die Schlosse sind schmale, schlanke Kunstwerke, die mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks gearbeitet sind und auch so zuverlässig funktionieren.

Westley Richards wendet dieses Schlosssystem nicht nur bei Doppelbüchsen, sondern auch bei Flinten an, und es gehört zum Besten, was auf dem Weltmarkt zu bekommen ist.

Gerade bei einer Großwild-Doppelbüchse ist dieses System den herkömmlichen Seitenschlossen vorzuziehen, weil hier der Schaft wesentlich stabiler ausfällt, weil er ja im empfindlichen Bereich vor dem Pistolengriff nicht ausgestochen werden muß.

Für den Jagdreisenden sind solche Schlosse einfach ideal, weil sie sich leicht pflegen lassen und sich ein Defekt in wenigen Sekunden beheben läßt, wenn Reserveschlosse vorhanden sind.

Verriegelt wird die Waffe über die doppelten Laufhaken und einen Dollshead-Verschluss, der von oben in den Kasten eingreift, und durch einen Schieber, der vom Oberhebel in den Eingriff der Schienenverlängerung geschoben wird, noch zusätzlich festgelegt wird.

Dieser Vierfach-Verschluss ist extrem stabil und auf eine lange Lebensdauer ausgelegt.

Die 61,5 Zentimeter langen Läufe im großen Kaliber .577 Nitro Express verleihen der Büchse natürlich eine Menge Gewicht, aber das wird auch gebraucht. Mit einem Gesamtgewicht von 6,57 Kilogramm bei einer Gesamtlänge von 105 Zentimetern ist die Doppelbüchse immer noch führig und keinesfalls zu schwer.

Schließlich muß sie ja auch den ganzen Tag getragen werden, und das in der Gluthitze Afrikas. Leichter dürfte sie aber auf keinen Fall sein, denn die .577 NE entwickelt eine Menge Schub – nach vorn und nach hinten.

Maximal 50 Yards

Die Visierung ist einfach und unkompliziert. Nur ein einziges festes Kimmenblatt für 50 Yards sitzt auf der flachen Visierschiene.

Die typisch weite V-Kimme mit weißem Dreieck wird ergänzt durch ein Messing-Perlkorn, das noch ein im Kornsockel versenktes Dämmerungskorn aus weißem Kunststoff besitzt.

Weiter als 50 Yards schießt man mit einer solchen Elefantenbüchse kaum, und die sonst oft zu findenden Expressvisiere mit drei oder mehr Klappen sind bloße Dekoration, die dem Schützen im schlimmsten Fall noch schaden können, wenn sich mal eine falsche Klappe hochstellt und der Schuß dann viel zu hoch sitzt.

Die Visierschiene ist auf dem dem Schützen zugewandten Teil vor dem Kimmenblatt fein guillochiert. Der vordere Teil trägt dagegen eine herrliche Ornamentgravur. Eine weitere Westley Richards-Spezialität ist der kantige, abklappbare Kornschutz.

Wird er nicht benötigt, lässt er sich einfach über ein Scharnier zum Schützen hin umklappen. Das ist wesentlich praktischer als die abnehmbaren Röhrchen, die man leicht verliert.

Sicherer Hülsenauswurf

Doppelabzüge sind bei einer Großwild-Doppelbüchse eigentlich selbstverständlich, und auch Ejektoren sind in dieser Preisklasse Standard.

Die Schlaghammer-Ejektoren der Büchse sind außerordentlich kräftig und werfen die nicht gerade leichten .577er Hülsen weit über die Schulter des Schützen aus.
Auf eine automatische Sicherung wurde hier verzichtet.

Darüber kann man geteilter Meinung sein. Die Waffe ist zwar nach jedem Abkippen automatisch gesichert, wenn dieses System installiert ist, doch dafür darf nach dem schnellen Nachladen auch nicht vergessen werden, den Sicherungsschieber wieder nach vorn zu schieben.

In Stresssituationen, wenn mal ein dritter Schuß notwendig ist, kann das fatale Folgen haben.

Die Büchse ist im klassisch englischen Stil mit flachem Pistolengriff, kleiner Backe und gerade verlaufendem Schaftrücken geschäftet.

Der recht kurze, aber breite Vorderschaft wird nicht mit einem Patentschnäpper oder Purdey-Drücker, sondern über einen langen Schwenkhebel befestigt, der zum Stil der schweren Büchse ideal passt.

Pistolengriff und Vorderschaft sind mit feiner Fischhaut verschnitten, die auch einer Betrachtung unter der Lupe standhält.

Als Schaftabschluß dient eine rote Gummikappe, und im Stahl-Pistolengriffkäppchen befindet sich ein kleiner Klappdeckel, unter dem ein Reservekorn Platz findet.

Als Schaftholz wurde ein wunderschön gemasertes Nußbaumholz gewählt, das in der typisch englischen Art auf Hochglanz poliert und geschliffen wurde: wunderschön, aber auch empfindlich.

Gravuren von Meisterhand

Die Seiten des Kastens sind mit der für Westley Richards typischen Scroll-Gravur verziert, die in einer Schleife den Herstellernamen enthält.

Die Bodenplatte schmückt ein Elefant in Frontalansicht, der mit der Genauigkeit und Feinheit eines Fotos graviert wurde. Die Muscheln schmücken nach links und rechts blickende Elefantenköpfe, die sehr plastisch ausgearbeitet sind. Eine Gravur, die nicht überladen wirkt und genau zur Waffe passt.

Die Waffe wurde mit Vollmantelpatronen aus Romey-Produktion geschossen. Wolfgang Romey verwendet für seine Großwildpatronen die bewährten australischen Woodleigh-Geschosse sowohl in der Vollmantel- als auch in der Teilmantel-Laborierung.

Das Schusspaar lag auf 40 Meter keine zwei Finger breit auseinander und genau Fleck. Ein kaltblütiger Schütze kann mit dieser Waffe einen angreifenden Elefanten sicher ins Gehirn schießen und hat noch eine zweite Patrone zur Reserve.

Die .577 Nitro Express 3 Zoll ist mit 750 Grains schweren Geschossen laboriert, die aus der Testwaffe 605 bis 610 m/s erbrachten. Das sind etwa 9450 Joule und damit eine ganze Menge Power.

Das merkt man aber auch am anderen Ende der Waffe. Der Rückstoß ist nicht etwa so brutal hart wie bei modernen Magnumpatronen der Weatherby-Klasse, aber scheint gar nicht mehr aufzuhören. Trotzdem lässt sich die Doppelbüchse noch problemlos schießen und liegt wunderbar ausbalanciert in der Hand.

Eine echte Lebensversicherung: allerdings zu einem Preis von rund 33000 Englischen Pfund nicht gerade eine preiswerte.

Kastenboden
Der Kastenboden ist mit einem Elefanten in meisterlicher Ausführung graviert.

 

Tabellen:
Technik auf einen Blick
Fotos: Norbert Klups

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