Namibia – Land des trockenen Wassers

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Als ich die erste Reise in den Süden des afrikanischen Kontinents antrat, ahnte ich noch nicht, dass mich dieses Land so sehr in seinen Bann ziehen sollte: Namibia — Faszination der Weite.

Gamsböcke, wie die Oryx-Antilopen auch genannt werden, sind eine der typischen Wildarten Namibias.

Namibia, im südwestlichen Afrika gelegen, grenzt im Westen an den Atlantik, im Süden an Südafrika, im Norden an Angola und im Osten an Botswana. Eine geschichtliche und geographische Besonderheit stellt der Caprivi an der Nord-Ostgrenze des Landes dar. Er ragt wie ein schmales Handtuch in die Mitte des Kontinents hinein und sollte einmal die Verbindung zu Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania, herstellen.

Seinen Namen bekam das Land von der Namib-Wüste, die sich an der Westküste des Landes erstreckt. Der östliche Teil des Landes wird von der Kalahari begrenzt. Namibia ist in den vergangenen drei Jahrzehnten das Jagdreiseland schlechthin für deutsche Jäger in Afrika geworden. 1968 wurde das südafrikanische Protektorat von der UNO aufgehoben und somit konnte sich Namibia ausländischen Gästen verstärkt öffnen.

Wer als Jagdgast ins Land einreisen möchte, der kann entweder auf einer der vielen Gästefarmen, auf einer Wildfarm im Gebiet einer der großen Conservancies oder in den nördlichen Konzessionsgebieten jagen. In den Konzessionsgebieten des Caprivi, des Kavango und des Buschmannlands gibt es die Möglichkeit, neben Antilopen auf Großwild wie Büffel und Elefant zu bejagen.

 

Farmjagd

 

Otjandaue, so heißt die Farm in der Nähe von Omaruru. Sie ist typisch für die traditionelle Farmjagd im Land. Wo vor einigen Jahren Rindvieh-Haltung das Hauptgeschäft des Farmers war, ist heute die Jagd mit Gästen in den Vordergrund getreten. Als Weiterentwicklung der beginnenden Farmjagd, zu der sich bereits 1962 einige Farmen zusammengeschlossen hatten, wurde Otjandaue als eine der ersten Farmen als Gästefarm eingetragen.

Somit hatte der Eigentümer die Möglichkeit, zwei weitere Berufsjäger einzustellen. Ausgestattet mit fünf Gästezimmern, Toiletten, fließend kaltem und warmem Wasser unterlag die Farm seither den Bestimmungen und der Kontrolle der staatlichen Beherbergungsinspektoren des Ministeriums für Naturschutz und Tourismus.

Als ich das Land zum ersten Mal besuchte, war es um mich geschehen; ich musste einfach immer wieder nach Namibia zurück. Mittlerweile sind es sieben Besuche, aus denen Freundschaften erwachsen sind. Glückliche Zeiten, die ich während des zurückliegenden Studiums der Forstwissenschaften immer wieder zu längeren Aufenthalten nutzen konnte.

Zwar mit wenig Geld ausgestattet, dafür aber mit dem viel wichtigeren Gut der Zeit, dehnte ich so manche Semesterferien aus und verdiente mir mein Essen mit typischer Farmarbeit auf dem geliebten Flecken Erde. Zur Jagd brachen wir natürlich auch das ein oder andere Mal auf, wobei an dieser Stelle nur die ungewöhnlichen, kuriosen Ereignisse erwähnt werden sollen. Die Tatsache, dass zwei Schlangen auftauchen, ist aber reiner Zufall. Es passieren so gut wie keine tödlichen Jagdunfälle mit Schlangen.

Springböcke in traumhafter Abendstimmung.
Fotos: Helmut Pieper und Bernd Kamphuis

Auf Tauchfühlung mit einem Phyton

Es ist Ende November, der Regen ist bislang ausgeblieben. Schon das letzte Jahr war eine Katastrophe. Kaum 150 Millimeter hatte die Regenzeit gebracht. Das Wild sieht mittlerweile schlecht aus. Gerade Blattäser wie die Kudus und Elands verlieren rasant an Kondition.

Besonders das alte Wild baut jetzt ab, einige gute Bullen haben wir schon verludert aufgefunden. Wenn jetzt fast das gesamte alte Wild, also auch die schussbaren Bullen, eingehen sollten, dann würde Ecki auf Jahre das jagdbare Wild verlieren.

Es hilft also nichts, es herrscht absolute Notzeit und das Wild muss gefüttert werden. Dementsprechend sieht unser Tagesablauf aus: Morgens wird der uralte Landcruiser mit Luzerneballen und Schoten randvoll beladen. Dann steuern wir die Wasserstellen an, die noch nicht trockengefallen sind. Unser Weg führt uns zuerst zum „Flee“, einer der tiefsten Wasserstellen auf der Farm. Ich schnappe mir einen der schweren Säcke mit Kameldornschoten.

Um den Sack besser leeren zu können, ziehe ich ihn im Rückwärtsgang hinter mir her. In einer langen Bahn will ich die nahrhaften Baumfrüchte verteilen. Ohne es recht zu bemerken, steuere ich auf einen dichten Busch am Rande der Wasserstelle zu. Der Sack hat schon deutlich an Gewicht verloren, so dass ich bereits ansetzen will, den letzten Rest mit einem Wurf breitflächig um den Busch herum zu verteilen.

Bei dieser Arbeit reden wir eigentlich nicht sonderlich viel, sondern achten auf die Fährtenbilder, die rund um das Wasserloch stehen. Um so verwunderter bin ich, als Ecki mich plötzlich anspricht: „Bernd, bitte bleib mal kurz stehen.“ Ich stoppe ein wenig verwundert, will fragen, was denn los ist, als Ecki in ruhigem Ton sagt: „So, und jetzt kommst Du bitte zu mir und lässt den Sack dort liegen.“

Jetzt fühle ich mich schon fast ein wenig auf den Arm genommen, zumal Ecki einen fast väterlich ruhigen, aber bestimmten Ton angeschlagen hat. Trotzdem überzeugt mich irgendetwas doch so sehr, dass ich ohne weitere Fragen das Gewünschte tue.

Mit fragendem Blick gehe ich ein paar Schritte auf der eigenen Fährte zurück und staune nicht schlecht, als ich mich umblicke: Einen guten Meter hinter dem fast leeren Sack liegt ein über vier Meter langer Python! Zusammengezogen liegt die Schlange in der typischen S-Form, bereit zum Zustoßen. Zwei, drei Schritte weiter, und sie hätte mich sehr unsanft darauf aufmerksam gemacht, dass ich ihr zu nahe gekommen bin.

Zwar wäre es mein Verschulden gewesen, das die Abwehrreaktion des Pythons hervorgerufen hätte, aber auf diese schmerzhafte Begegnung habe ich gerne verzichtet. Ich mache einige Fotos und in den folgenden Wochen einen großen Bogen um dichte Büsche an Wasserlöchern.

Nachsuche auf Leopard

August 2002: „Er hat gut gezeichnet. Ich konnte zwar nicht ganz genau erkennen, wie er sich nach dem Schuss verhalten hat, aber ich bin mir meiner Kugel sicher“, sagte Dieter. Zusammen mit dem Berufsjäger hatte Dieter heute zum ersten Mal an den Zebrabergen auf Leopard gesessen.Ganz am anderen Ende der Farm liegen diese Berge, deren schwarze Granitlinien zwischen dem ansonsten rötlichen Gestein zu diesem treffenden Namen führten. Sie wirken wie die Zeichnung der Zebras und sind zugleich Rückzugs- und Ausschauplätze der Leoparden. Von hier aus beginnen die klugen und wunderschönen Katzen ihre Beutezüge.

Nun sitzen wir also zusammen am Feuer. Das Bier schmeckt nicht besonders und die Nachsuche für den nächsten Morgen steht an. Dieter wirkt ruhig. Wir hatten uns erst vor kurzem kennen gelernt, aber ich war davon überzeugt, dass er ein besonnener Jäger und versierter Schütze ist. „Willst du mitkommen?“, fragt Ecki. „Du kannst die Flinte nehmen, die alte Sauer.“

Ja, ich will. Natürlich muss ich nicht mitkommen, ich antworte auch nicht übereifrig schnell, aber auf der anderen Seite will ich mir diese Chance nicht nehmen lassen. Ich begriff das Ganze als eine Art „Wesenstest“, den ich an mir selbst vollziehen konnte. Sieben Mal war ich bereits in Namibia und hatte nur zwei Leoparden in freier Wildbahn gesehen. Meine Bewunderung für diesen geschickten Räuber ist riesengroß. Wie oft hatte ich auf der Farm seine Männerfaust großen Pranten-Abdrücke gefunden, wie oft hatte mich der souveräne Jäger dicht an sich vorbeiziehen lassen?

Aus seinen kühlen Sehern heraus hatte er mich sicherlich schon oft beobachtet, meinen Augen jedoch blieb er fast immer verborgen. Seine Kraft, sein Mut und die unglaubliche Eleganz machten ihn zum heimlichen Herrscher der Farm. Die vielen frischen Fährten verrieten überdies, dass er nachhaltig bejagt wurde, die wenigen Lizenzen konnten unbeschwert genutzt werden.

Der Tag beginnt mit der im August üblichen Kühle. Leicht fröstelnd stehe ich auf der Pritsche des Geländewagens. Die Sonne steht noch tief am Himmel und ihre Strahlen vermögen noch keine Wärme zu bringen. Alle schweigen. Ab und an sagt jemand einen kurzen Satz, aber ein Gespräch entwickelt sich nicht. Jeder ist in Gedanken beim Leopard. Ich blicke zu Dieter und zum Berufsjäger und sehe ihre angestrengten Gesichtszüge.

Dann hänge ich wieder meinen eigenen Gedanken nach. Noch gute zwanzig Minuten haben wir zu fahren, bis wir am Anschuss sind. War ich am Vorabend noch fest entschlossen, den Kuder nachzusuchen, so stellen sich jetzt doch leise Zweifel an meiner Entschlossenheit ein. Es gibt aber kein Zurück mehr. Wir sind am Anschuss angekommen. Mittlerweile habe ich, wenn ich ehrlich bin, eine gehörige Portion Angst, aber auf der anderen Seite genieße ich dieses Gefühl über alle Maßen. Reduziert zu sein auf die eigenen Reflexe, zwar mit der Flinte in der Hand, aber andererseits einem übermächtigen Gegner gegenübertreten zu müssen, ist genau das, was ich mir in diesem Moment wünsche. Mein Respekt vorm Leoparden ist immens.

Es geht los: Ecki hat, nach eingehender Untersuchung des Anschusses, tiefe Einrisse gefunden, die die Flucht-Richtung vorgeben und die beiden Foxies angesetzt. Allerdings scheinen die zwei genau zu wissen, mit wem sie es hier unter Umständen aufzunehmen haben. Besonders weit greifen sie nicht vor. Ich bewege mich etwa zehn Meter seitlich zur Fährte, um einen genügend großen Winkel zum Schießen zu haben. Ecki arbeitet konzentriert, buchstabiert die Fährte förmlich. Meine Anspannung ist kaum noch zu steigern. Zehn Meter tasten wir uns voran, zwanzig, dann werden es vierzig und fünfzig. Immer wieder zeigt Ecki kurz auf abgestreifte Schweißtropfen am Gras. Angestrengt blicke ich auf meine nächste Umgebung, hinter jedem Grasbüschel den Kuder erwartend.

Meine Anspannung, obwohl kaum noch möglich, wächst. Sollte sich Dieter getäuscht haben? Wir sind mittlerweile im dichter werdenden Busch, zudem gibt es viele große Felsen. Hier ist nur einer im Vorteil. Soviel steht fest, wir sind es nicht. Plötzlich der erlösende Ruf von Ecki: „Da liegt er! Er ist verendet.“

Mit weichen Knien trete ich an den Kuder heran, die Anspannung fällt nur langsam von mir ab. Erst jetzt bemerke ich, wie sehr ich in dieser Situation gefangen war. Mit Kammerschuss war der „Leo“ noch etwa 70 Meter gegangen. Als wir ihn auf die Seite drehen, ist er noch warm. Sein Fell fühlt sich seidenweich an, seine Reißzähne und die kräftigen Krallen bringen überdeutlich zum Ausdruck, mit wem wir es hätten aufnehmen müssen.

Zu unserer Überraschung und fast wie zum Hohn stecken zwei Stacheln eines Stachelschweins in der Nase des Kuders. Vielleicht hatte er in seiner Todesflucht das verdutzte Tier angeflohen und sich die schmerzhaften Stacheln in die Nase gerammt.

Wir freuen uns mit Dieter über seine Beute und wünschen ihm ein herzliches Waidmannsheil. Ein Zweig der nächsten Akazie dient als Bruch und lässt die Gesichter strahlen. Ein wunderbarer Tag!

Und noch eine Schlange

Im Jahre 1997 begleite ich mit Berufsjäger Ecki ein Ehepaar aus Deutschland zur Jagd. Wir fahren mit dem Land Cruiser langsam in Richtung einer Gelände-Erhebung, von wo aus wir die Gegend abglasen wollen. Rainer und Sieglinde sitzen auf der Pritsche, ich halte Ausschau nach Wild.Wir sehen viele Oryx, hier und da trollen Warzenschweine mit hochgestelltem Pürzel an uns vorbei, eine Giraffe nimmt träge den langen Hals aus der Krone einer Akazie. Kleinere Rudel weiblicher Kudus flüchten aufgeschreckt nur wenige Meter, um dann dem sich entfernenden Auto nachzuäugen. Alles ist sehr idyllisch. Mein Blick wandert zur anderen Seite des Wagens, als ich plötzlich eine graue Schlange sehe.

Ich traue meinen Augen kaum, als die Schlange sich im rechten Winkel flott auf den fahrenden Jagdwagen zubewegt. „Ecki, halt an“, rufe ich noch, als auch er die Schlange wahrnimmt. Allerdings etwas zu spät, denn schon verschwindet sie genau zwischen Vorder- und Hinterachse des stoppenden Autos. Ich sehe noch, wie sich das Schwanzende unter den Wagen schlängelt und schon ist sie unseren Blicken entschwunden. Noch sind wir nicht sonderlich beunruhigt, die Schlange ist zwar zwei bis drei Meter lang, aber gleich sollten wir sie ja genauer in Augenschein nehmen können.

Der Wagen setzt zurück, aber vom – vielleicht giftigen – Getier ist nichts zu sehen, außer, ja außer dem Ende der Kriechspur, die sich im losen Sand recht deutlich abzeichnet. Diese endet genau in der Mitte der Pad und hört dann auf. Schlagartig wird allen bewusst, was das zu bedeuten hat: Es gibt einen weiteren Passagier an Bord!

Was nun folgen musste, war klar: Nichts wie raus aus dem Auto und dabei bloß nicht in die Nähe der Schlange geraten. Ein stiller Beobachter von außen hätte das Fluchtverhalten einiger Insassen sicher mit Bestleistungen von Hürdenläufern oder Hochspringern beschreiben können, denn die vollführten Sprünge haben teilweise sicher Bestmarken aufgestellt. Auch der nachfolgende kurze Sprint vom Wagen weg zeugte von enormer Spritzigkeit.

Als ruhender Pol erwies sich natürlich Ecki, der ohne Angst den Unterboden des Jeeps untersuchte. Tatsächlich, die Schlange hatte sich bereits in den Motorblock gewunden und saß unter der Haube. Mit spitzen Fingern öffneten wir die Haube, was die Schlange aber nur dazu brachte, sich in den Bereich des Fahrersitzes zu bewegen. Wir konnten sie auch mit Stöcken nicht dazu bringen, den Wagen zu verlassen.

Also entfernten wir uns zwanzig Meter und nach einer halben Stunde schlängelte sie sich aus dem Radkasten der Freiheit entgegen. Blieb nur die Frage nach der Art. „Sah mir ganz wie eine Schwarze Mamba aus“, sagte Ecki. „Kann aber auch nur eine harmlose Maulwurfschlange gewesen sein“, Sein verschmitztes Lächeln schien auszudrücken, dass er aber sehr wohl wusste, wer uns da ein Stück begleitet hatte…

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