Pinselohr – Biologie und Bejagung

1884


Eine Luchsjagd im tief verschneiten Wald zählt wohl für viele Jäger zu den schönsten Erlebnissen überhaupt. Wer erfolgreich jagen will, muss einige Strapazen auf sich nehmen.

Luchs
Von JAGEN WELTWEIT
Der Luchskuder trug sein Winterkleid, besaß einen langen dichten Backenbart und seidenweiche Pinselchen an den Gehörspitzen. Der tiefe Schnee behinderte den geschmeidigen Räuber in seinen Bewegungen keineswegs. Dessen breite Branken ließen ihn nicht einsinken, es war, als liefe das Wild auf Schneeschuhen: rasch, lautlos schlich es dahin“, so beschrieb der russische Jagdschriftsteller Gontscharow den Hauptakteur des Berichtes, den Luchs.

Systematik

Der Luchs ist sowohl in Europa und Asien als auch in Nordamerika verbreitet. Auf der iberischen Halbinsel kommt der Spanische oder Pardelluchs (Lynx pardinus) vor, im übrigem Europa und Asien der Eurasische Luchs (L. lynx) und in Nordamerika der Kanadische Luchs (L. canadensis) vor. Alle drei verschiedenen Arten gehören der Gattung „Luchse“ (Lynxinae) an. Andere Wissenschaftler fügen alle echten Luchse zur gemeinsamen Art (Lynx lynx) zusammen und halten die kanadischen und Eurasischen Luchse für Unterarten. Der Spanische Luchs ist geschützt und daher für uns hier weniger interessant.

Unter jagdlichem Aspekt wird unter Luchse auch der Wüstenluchs oder Karakal (Caracal (Profelis) caracal) gerechnet, der sowohl in Afrika (der „Afrikanische Luchs“) wie in Asien verbreitet ist. Der Karakal nimmt zwar im Kopfe eines Jägers nicht den hohen Stellenwert wie der Luchs ein, wird hier jedoch der Vollständigkeit halber in die Darstellung mit einbezogen.

Die körperlich stärkste geographische Variante ist der nördliche Tundra-Luchs aus Russland und Sibirien. Er hat ein Lebendgewicht von bis zu 30 Kilogramm, einen weißgrauen Balg, bei dem die sonst übliche Fleckung weniger ausgeprägt ist.

Der Luchs aus Europa (Skandinavien und Osteuropa) hat eine kontrastreiche Färbung mit deutlich ausgeprägten, dunklen bis schwarzen Flecken. Der Kanadische Luchs ist schwächer als der Tundra-Luchs, wiegt nur 15 (maximal bis 20 Kilogramm), obwohl er wegen seines dichten Balges größer wirkt, als er wirklich ist. Sein Balg ist mehr einheitlich grau gefärbt, wirkt silbrig bereift, weil die langen Deckhaare silberweiße Spitzen haben.

Ganz anders als diese Luchse sieht der Karakal (Gewicht acht bis 18 Kilogramm) aus, der nicht weißgrau gefärbt ist, sondern einen rötlich-braunen und nicht gezeichneten Balg trägt.

Verbreitung

Der Eurasische Luchs lebt in Europa heute nur noch in kleineren, isolierten Beständen in den Balkan- und Karpatenländern, in Skandinavien und Osteuropa. Der Luchs ist im Bayerischen Wald, im Harz und in der Schweiz wieder angesiedelt worden. In Asien geht sein Verbreitungsgebiet bis zum Himalaja, bis Vorderasien im Süden sowie bis zur Taigagrenze im Norden.

Der Kanadische Luchs kommt hauptsächlich in Kanada vor, aber auch in Alaska und den nördlichen Teilen von Washington, Idaho und Montana (USA).

Der Wüstenluchs bewohnt die trockeneren Gebiete Afrikas und Asiens und wird, wenn auch viel weniger zahlreich als früher, noch in seinem gesamten ursprünglichen Verbreitungsgebiet angetroffen.

Die Zerstörung der Wälder in Europa und Kanada hat den Luchs seiner besten und natürlichen Lebensstätte beraubt. So ist er, besonders in Zentraleuropa, immer seltener geworden. In Skandinavien, Russland, Polen, Baltikum, Slowakei, dem früheren Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien und Nordgriechenland gibt es jedoch heute wieder gute Bestände, so dass die Zukunft des Luchses in Nord- und Osteuropa gesichert ist.

Auf dem größten Teil seines Areals ist der Luchs Waldbewohner, wo er sehr heimlich lebt, was seine Bejagung so schwierig macht. Er ist in nicht allzu geschlossenen Waldgebieten anzutreffen und in deckungsreichen, felsigen Ödländern vom Flachland bis ins Hochgebirge. Hier lebt er bis 3.200 Meter, in Tibet bis 4.500 Meter über dem Meer.

In den meisten Jagdgebieten in Kanada (zum Beispiel Britisch Kolumbien) lebt der Luchs in höheren Regionen als der etwas kleinere, nah verwandte Rotluchs (Lynx (Felis) rufus, engl. Bob Cat), und zwar im Gebirge an der Baumgrenze oder am Übergang zum Gebirge. Weiter unten findet man den Rotluchs, der auch viel häufiger anzutreffen und leichter zu erlegen ist als der Luchs.

Zur natürlichen Beute des Luchses zählt junges Schalenwild, zuweilen auch ausgewachsene Stücke, dazu Dachse, Füchse, Kaninchen, Eichhörnchen, kleine Nager, Fische, Käfer und Vögel wie Birk- oder Auerwild. Der Schneeschuhhase Nordamerikas ist die hauptsächliche Beute des Kanadischen Luchses. Er frisst auch Aas, zieht aber frisches Fleisch vor.

Ein gerissenes Stück versteckt oder verscharrt der Luchs, kommt zu ihm auch zurück, nur ist das nicht die Regel. Ein erfahrener Luchsjäger macht sich dieses Verhalten zu Nutzen. Wenn er im Wald einen Luchsriss (Reh, Hase, Auerhahn) findet, verbirgt er sich in der Nähe in der Hoffnung, dass der Luchs kein anderes Stück gerissen hat und zur alten Beute zurückkehren wird. Auch der Gastjäger kann auf diese Jagdmethode zurückgreifen. Sie ist aber mit mehr Risiko verbunden als die Jagd mit der Hundemeute.

Wenn genug Beute vorhanden ist, führt der Luchs ein sesshaftes Leben auf einer Fläche von zehn bis 25 Quadratkilometern. Wie den Wolf, „ernähren“ auch den Luchs die Läufe, wie ein russisches Sprichwort sagt. Das bedeutet, dass er täglich fünf bis 15 Kilometer auf Beutesuche unterwegs ist.

Hansgeorg Arndt

Hansgeorg Arndt

Winter in Russland
Nur wenn Schnee liegt, kann Pinselohr in den Wäldern Russlands erfolgreich bejagt werden.
Hansgeorg Arndt


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Fotos: Helmut Pieper, Markus Schmidt, Toma Ivanovic, Keld Hansen, Rudolf Kräling

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