Über eine ideale Auslands- und Großwildjagdbüchse streiten sich nicht nur erfahrene Großwildjäger. Und wie sieht es mit der Blaser R93 aus?
Die R93-Kombination für Afrika: Kaliber .416 Remington Magnum und .300 Weatherby Magnum |
Von Roland Zeitler
Für mich stehen Zuverlässigkeit und Präzision an erster Stelle bei meinen Großwildbüchsen. Schließlich möchte ich mich im Gefahrenfall nicht auf einen Berufsjäger verlassen. Es wird aber ein ewiger Streit bleiben, welche Büchse und welches Kaliber oder welche Laborierung die beste Wahl darstellen.
Egal, welche Waffe man wählt, sie hat Stärken und Schwächen, Vor- und Nachteile. Es gibt keine Büchse, die „vollkommen“ ist.
Die Blaser R93 hat etliche Pluspunkte, die sie für den Auslandsjäger interessant machen. Man kann im Ausland und heimischem Revier ein und dieselbe Büchse führen. Somit hat man bei der Großwildjagd eine vertraute Waffe zur Verfügung, die man auch „blind“ handhaben kann. Berufsjäger weisen immer wieder darauf hin, dass Gastjäger eine vertraute Waffe führen sollen. Schließlich ist der treffsichere Schuß entscheidend.
Ein weiterer Vorteil der Blaser R93 ist ihre Zerlegbarkeit und der einfache Lauf-/Kalibertausch. Und nach meinen Erfahrungen ist er der einzige Repetierer, bei dem nach Laufwechsel oder Zerlegen die Treffpunktlage 100prozentig gleich bleibt (nur die Sauer 202 kommt dem Ideal sehr nahe).
Ursächlich dafür ist meines Erachtens der Stollen im Alublockbett, der in eine Ausnehmung am Lauf eingreift (und nicht umgekehrt). Der Laufwechsel beziehungsweise Zusammenbau kann wirklich in Sekundenschnelle erfolgen.
Falls man Kaliber mit unterschiedlichem Bodendurchmesser wechseln möchte, muß noch der Verschlusskopf gewechselt werden, was auch kein Problem darstellt. Das Kunststoffmagazin für drei Patronen kann bei herausgenommenem Verschluss gewechselt werden.
Sicherer Handspanner
Ein weiterer Vorteil ist das Handspannerschloss. Die Blaser R93 kann absolut sicher geführt werden, weil die Schlagbolzenfeder entspannt ist. Vor dem ersten Schuß wird das Schloss per Daumendruck gespannt. Danach funktioniert der Repetierer wie ein Selbstspanner. Zum Entspannen muß man den Entspannschieber wieder zurücknehmen. Das ist in etwa so wie das Sichern herkömmlicher Langwaffen.
Ob der Geradezug und damit die Möglichkeit des blitzschnellen Repetierens jagdpraktisch Vorteile bringt, möchte ich mal dahingestellt sein lassen. Meines Erachtens ist das kein entscheidender Vorteil. Positiv sind aber der sehr gut gleitende Verschluss und die verkantungsfreie Patronenzufuhr. Da die Patronen in einer Linie mit der Laufachse liegen, ergibt sich eine sehr zuverlässige, unproblematische Zuführung.
Erkauft wird das mit einem nur drei Patronen fassenden Magazin. Man kann die Büchse allerdings ruhig mit vier Patronen führen, weil ja die sichere Handspannung jederzeit eine Patrone im Patronenlager zulässt.
Das Magazin steckt in einem Alukasten und kann nur durch Ausrepetieren entladen werden. Es kann so zumindest nicht verlorengehen oder aus der Waffe fallen. Das Ausrepetieren kann gefahrlos ohne Schlossspannung erfolgen.
Verriegelt wird mit einem Radialbundverschluss direkt im Lauf. Bei dem Verschluss werden keinerlei Drehbewegungen ausgeführt. Die Verriegelung erfolgt zwangsgesteuert mit einer Spreizhülse und zwölf Verriegelungsabschnitten.
Beim Auseinanderspreizen treten die Lamellen in Ausfräsungen am Laufende ein und verriegeln. Die Verriegelungsfläche soll etwa 45 Prozent größer sein als bei Zweiwarzenverschlüssen.
Nur bei vollkommen geschlossener Waffe kann die Patrone gezündet werden. Eine Zwangssteuerung bewirkt, dass der Schlagbolzen erst bei 100prozentig geschlossenem Verschluss aus dem Piston tritt und eine Patrone zünden kann. Erst dann reichen Schlagbolzenkraft und -weg aus, das Zündhütchen zu aktivieren.
Es ist allerdings so, dass der Verschluss schon etliche Millimeter vor der endgültigen Stellung als „verriegelt“ angesehen und der Abzug durchgezogen werden kann. Es wird dann zwar kein Schuß ausgelöst, aber das Schloss ist abgeschlagen und muß erneut gespannt werden. Sicherlich ist das eine Besonderheit der R93.
Bei nur hülsenhalskalibrierten oder übermassigen Patronen kann es vorkommen, dass sich die Patronen nur stramm ins Patronenlager drücken lassen. Man sollte also den Kammerstengel immer kräftig und zügig nach vorne drücken, damit der Verschluss auch tatsächlich richtig verschlossen ist.
Der Kammerstengel muß senkrecht nach unten stehen. Dann schützt der geschlossene Verschluss auch gut vor dem Eindringen von Nässe und Schmutz, weil er eine geschlossene Form und enge Passungen aufweist.
Es ist viel wahrscheinlicher, dass Schmutz über den Lauf ins Patronenlager oder den Verschlussbereich kommt. Davor schützt ein Abkleben der Mündung. Auch eine Patrone im Lager verhindert ein Verschmutzen des Verschlussbereichs.
Von Vorteil ist außerdem der hervorragende Feinabzug, dessen Widerstand durch austauschbare Federpakete reguliert werden kann. An den Testwaffen standen die Abzüge äußerst trocken und brachen bei 500 beziehungsweise 800 Gramm (5 und 8 N). Wer damit nicht zurechtkommt, der sollte niemals auf wehrhaftes Wild jagen.
Als Testwaffe diente eine Safari-Ausführung der R93 in .416 Remington Magnum mit Wechsellauf und Wechselvorderschaft im Kaliber .300 Weatherby Magnum sowie eine Offroad in 9,3×64. Untergebracht war die Kombination .416 Remington Magnum und .300 Weatherby Magnum im praktischen Blaserkoffer, zusammen mit den montierten Zielfernrohren Zeiss Varipoint VM 1,1-4x24T* und Diavari ZM 1,5-6x42T*.
Montiert waren die Gläser mit der zuverlässigen, schussfesten und nunmehr ausgereiften Blaser Sattelmontage. Nach Abnehmen und Aufsetzen der Zielfernrohre blieb die Treffpunktlage gleich.
Die Sattelmontage auf dem Lauf ermöglicht eine sehr niedrige Zielfernrohrmontage. Ich habe allerdings etliche R 93 „erlebt“, bei denen die Montagen falsch eingestellt waren und die Treffpunktlage nach Abnahme des Zielfernrohrs nicht gleichblieb. Schon mit einem Schraubendreher kann jeder selbst hier Abhilfe schaffen. Die Hebel müssen einigermaßen stramm gehen.
Ungünstiger Schaft
Die Safari ist mit einem kräftigen Hinter- und Vorderschaft aus sehr gutem Nussbaumholz ausgestattet. Der recht steile – für meinen Geschmack zu steile – Pistolengriff mit Plastikkäppchen füllt den Handhohlraum gut aus. Der Hinterschaft hat Schweinsrücken und Bayerische Backe mit Falz.
Er schließt mit nach außen offen ventilierter Wegu-Gummischaftkappe ab. In den Hohlräumen fängt sich aber leicht Schmutz. Eine Old English-Ausführung wäre gelungener. Die gibt es natürlich auch von Blaser.
An eine Großwildbüchse gehört aber ein Schaft mit geradem Rücken. Er macht das Schießen mit dicken Kalibern angenehmer. Blaser hat ihn bei der „American-Ausführung“ im Programm.
Die Fischhaut an Vorderschaft und Pistolengriff ist gebrauchstüchtig und wurde sauber geschnitten. Die auf den Alukasten angebrachten Seitenplatten zeigen kämpfende Kudus und Kaffernbüffel in afrikanischer Landschaft. Die Prägung ist gut gelungen, und die Verschönerung wirkt ansprechend.
Der 62,5 Zentimeter lange .416 Remington Magnum-Lauf ist sehr stark (Mündungsdurchmesser 22 Millimeter, Wandstärke an Mündung 6 Millimeter) und schwer. Auf Sätteln sitzt eine Raetz-Visierung (Option).
Die dachkantförmige Kimme ist mit einem roten Kontrastblatt versehen. Das gelbe Plastikkorn wird von zwei schmalen Ringen gehalten. Das ist zwar ein sehr kontrastreiches und präzises Visier, leider aber zu anfällig.
Solche Korne sind mir schon genug gebrochen, und ohne Ersatz kommt man da nicht aus. Nicht umsonst wollen Großwildjäger ein „Eisenvisier“.
Natürlich montiert Blaser auf Wunsch auch andere Visiere. Als Standard findet man auf dem .300er Lauf eine Rechteckkimme und höhenverstellbares Balkenkorn: eine sehr brauchbare Visierung für den präzisen Schuß.
Der Kimmensattel fällt schlank aus und passt weniger zum breiten Kimmenbett, was die Ästhetik stört.
Der .416er Lauf war mit einer Magna-Port-Mündungsbremse versehen. Diese Zusatzausstattung ist ein vollkommen überflüssiges Detail bei dieser Waffe. Sie schießt sich auch so sehr angenehm. Ich bin ein Gegner von Magna-Port. Die Präzision wird nie besser. Wenn man Pech hat, sogar schlechter. Es gibt allerdings Magna-Port-Fans, die auf die Hochschlagminderung nicht mehr verzichten möchten.
Zum Laufwechsel kann man wegen der schmaleren Laufkontur des .300er Laufes auch den Vorderschaft wechseln. Das funktioniert mit dem beiliegenden Inbusschraubendreher sehr schnell und einfach.
Die Stahlteile von Lauf und Verschluss sind sandgestrahlt und erscheinen mattschwarz. Sie wurden mit einem speziellen Glasplasmaverfahren korrosionsgeschützt. Das hat sich als sehr effektiv erwiesen.
Sehr gute Schussleistung
Die .300 Weatherby Magnum (Weatherby Patronen 14,3 Gramm TM) brachte es auf nur 1,8 Zentimeter Streukreis. Bei der .416 Remington Magnum waren es mit Remington Patronen (25,9 Gramm Swift-A-Frame) 4,8 Zentimeter und mit Romey Patronen (26,6 Gramm TM) 2,6 Zentimeter und mit Vollmantel 2,9 Zentimeter jeweils bei fünf Schuß auf 100 Meter.
Beide Romey-Laborierungen schossen jagdlich brauchbar zusammen. Die Schussleistung ist also stets hervorragend, ja weit überdurchschnittlich gewesen.
Die Praxis
Als ich vor kurzem Elefanten jagte, führte der Professional Hunter eine Blaser R93,die er auch beim „Culling“ zum Schutze der Bevölkerung einsetzt. Er hatte ein Aimpoint und wechselweise ein kleines Zielfernrohr montiert.
Mit seiner Waffe war er sehr zufrieden und bemängelte nur das Rosten einiger für die Funktion unbedeutender Schrauben. Eine größere Magazinkapazität würde er sich wünschen.
Vor jedem Einsatz prüfte er aber die Waffenfunktion, blies das Patronenlager beziehungsweise die Verschlusskulisse mit dem Mund aus und überprüfte sie mit dem Finger auf Fremdkörper.
Eine Selbstverständlichkeit sollte es sein, den Verschluss peinlichst sauber zu halten. Sand und Schmutz behindern die Funktion.
Natürlich ist die Hebelwirkung am drehbaren Zylinderverschluss höher, doch bei sorgfältigem, bewusstem Umgang gibt es auch mit dem Verschluss der Blaser R93 keine Probleme.
Vor einer Großwildjagd sollte man die Patronen auf sichere Funktion überprüfen. Blaser fertigt keine Patronenlager mit Minimaltoleranzen, obwohl das für die Präzision noch vorteilhafter wäre, nicht aber für die Zuverlässigkeit.
Denn besonders bei diesem Geradezugverschluss muß die Sicherheit bestehen, dass eine Schussauslösung nur bei 100prozentig geschlossenem Verschluss erfolgen darf.
Es kommt hier also auf größte Sorgfalt bei der Abstimmung an. Trotzdem hat man man eine äußerst sichere Büchse geschaffen, die in dieser Hinsicht ihrer traditionellen Konkurrenz nicht nachsteht.
Für zu tief gesetzte Zündhütchen oder maßlosen Gasüberdruck von Patronen kann man keine Waffe verantwortlich machen.
Blaser will auch in Zukunft die leidigen Riemenbügel durch abnehmbare ersetzen.
Übrigens gibt es einen Schrotwechsellauf in 28/70, der auf Jagdreisen zum gelegentlichen Schießen von Niederwild für die Küche benutzt werden kann. Er lässt sich nur einzeln laden.
Die Kaliberkombination der Testwaffe (.416 Remington Magnum und .300 Wetherby Magnum) deckt die Afrikajagd ideal ab. Die .416 reicht selbst für Elefanten und Büffel vollkommen aus, und die .300 ist ideal für Plains Game und Leopard.
Aber auch für Jagden in Nordamerika ist sie prädestiniert: etwa auf Elch und Grizzly die „Dicke“ und auf Dallschaf und Billy die „Dünne“.
Fotos: Roland Zeitler