Rösser im Eismeer

3441

Bootsjagd
Mit dem Beiboot wird die Beute zum Strand gebracht.
Im Jahre 1975 wurde auch jede „sportliche“ Jagd auf Walrosse in Rußland verboten, mit Ausnahme der asiatischen Eskimos und Paläosibirier (Küsten-Tschuktschen und -Korjaken).
Im Mai 1992 hat dann zum erstenmal in der modernen Zeit ein Jagdgast auf das Pazifische Walross im russischen Fernen Osten mit den einheimischen Tschuktschen gejagt. In den darauffolgenden Jahren gab es auch weitere Gäste, und diese Jagd ist auch heute noch möglich.
In den 60er und 70er Jahren wurde das Pazifische Walross sehr intensiv und legal von Großwildjägern auch in Alaska gejagt.
Die Trophäenangaben des alaskanischen Walrosses füllen mehrere Seiten im Rekordbuch des SCI. Im Jahre 1979 wurde dann durch den „U.S. Marine Mammal Protection Act“ diese Jagd gestoppt und die Einfuhr von Walrosstrophäen in die USA verboten.
In die USA dürfen heute noch keine Walrosstrophäen eingeführt werden, und solange dieses Einfuhrverbot für die USA gilt, werden im SCI-Rekordbuch keine Trophäenangaben von Walrossen nach 1979 akzeptiert.
Jagdgebiete und Bejagung
Von allen Meeressäugetieren ist das Walross das einzige, das zum Großwild zählt. Aus diesem Grund wird hier von ihm wie von einer anerkannten Wildart gesprochen, denn immer noch gilt die Empfehlung der leidenschaftlichen Großwildjäger: „For the adventurous hunter, a walrus hunt is a must.“
Alle Lizenzen für Gastjäger kommen sowohl in Kanada wie in Rußland aus der Abschußquote der Inuit und Paläosibirier (Küsten-Tschuktschen und -Korjaken), der autochthonen Bevölkerung der arktischen Zone, dessen traditionelles Leben vor allem auf Jagd und Fischfang (Karibu, Meeressäuger, Fische) beruht.
Deshalb finden diese Jagden nur unter Begleitung Einheimischer statt.
Das Atlantische Walross wird nur in Kanada (Northwest Territories) bejagt, in Rußland ist es geschützt.
Nach Auskunft von Ralf Schneider hatte die kanadische Gemeinde Coral Harbour 1997 eine Quote von 60 Walrossen und die Hunters and Trappers Organisation (H.T.O.) acht Lizenzen für Nicht-Inuit zur Verfügung.
Da die Inuit schon einen Großteil ihres Landes zurückbekommen hatten und ab dem 1. April 1999 der östliche Teil der kanadischen Northwest Territories den Namen Nunavut und eine eigene Regierung erhalten soll, ist es durchaus möglich, dass neue Jagdmöglichkeiten entstehen. Nunavut bleibt allerdings ein Bestandteil Kanadas.
Nunavut hat einen enormen Bestand von trophäenmäßig ausgezeichneten Eisbären, Moschusochsen, Karibus, Grizzlies, Wölfen und Walrossen und ist eine der letzten echten Wildnisse der Erde. Dies alles zeichnet es als eines der besten Jagdgebiete im hohen Norden aus.
Nachdem seit kurzem in Nunavut auch die Eisbär- und Walrossjagden für Gastjäger möglich geworden sind, ist man fest davon überzeugt, dass diese Region rasch zu einem beliebten Jagdgebiet werden wird. „Big game hunting“ wird schon heute als ein wichtiger Bestandteil von Nunavuts Tourismusindustrie angesehen.
Auf das Pazifische Walross kann man im russischen Fernen Osten (auf der Tschuktschen-Halbinsel) mit den einheimischen Küsten-Tschuktschen und -Korjaken waidwerken.
Seit 1979 ist die Jagd auf das Pazifische Walross in Alaska für Nicht-Inuit durch „The U.S. Marine Mammal Protection Act“ verboten. Deshalb gibt es heute keine legalen Jagdangebote für Alaska.
Walrosse sind Tiere der fernen Arktis, weshalb der Jäger sowohl im russischen wie im kanadischen Teil ihres Areals eine lange Anreise in Kauf nehmen muß. Je nach kanadischem Zielflughafen (Hall Beach/N.W.T. im Norden der Hudson Bay, Coral Harbour etc.) fliegt man in der Regel über Winnipeg/Manitoba, dann mit Calm Air in zweieinhalb Stunden mit einer zweimotorigen Propellermaschine nach Churchill.
Von hier aus fliegt man zum Beispiel in viereinhalb Stunden nach Coral Harbour, mit Zwischenstopps in Whale Cove und Rankin Inlet.
Wer auf der Tschuktschen-Halbinsel im russischen Fernen Osten auf das Walross jagen will, hat die riesige Distanz von fast 10000 Kilometern von Westeuropa bis Tschukotka zu überwinden.
Der Jäger fliegt vom Heimatflughafen bis Moskau (Kosten um 1000 Mark). Wenn er dann von Moskau nach Anadyr (Flugkosten etwa 2000 Dollar) durch zehn Zeitzonen fliegt, hat er volle acht Stunden auf einem engen Platz abzusitzen.
Vom Flughafen Anadyr fährt man 20 Minuten lang mit einer Fähre bis zur eigentlichen Stadt Anadyr, dann fliegt man weiter mit dem Hubschrauber (Flugzeit je nach Revierlage 1,5 bis 2,5 Stunden) oder fährt zehn bis zwölf Stunden mit einem Schiff entlang der Küste ins Jagdgebiet.
Eine andere Möglichkeit ist, von Alaska aus in den russischen Fernen Osten zu fliegen, und zwar über Seattle und Anchorage/Alaska bis Magadan in Russland, und dann von Magadan nach Anadyr. Die Flugzeit von Anchorage nach Magadan mit Alaska-Airline beträgt viereinhalb Stunden, von Magadan nach Anadyr zwei.
Das Walross ist keine gewöhnliche Wildart. Kein Wunder also, dass das Interesse dafür die ganze Spanne der Extreme – von der Ignoranz bis zur Begeisterung – deckt.
Für die alaskanischen, kanadischen und asiatischen Eskimos sowie Paläosibirier (Küsten-Tschuktschen und -Korjaken) ist die Jagd die Grundlage ihrer Existenz. Walross, Seelöwe und die verschiedenen Robbenarten sind für die Küstengruppen dieser Völker das wichtigste Jagdwild.
Die Meeressäuger liefern neben Fleisch und Häuten auch den zum Kochen, Beleuchten und Heizen unentbehrlichen Tran.
Jagdtechniken
In allen Jagdgebieten werden Walrossjagden von den Siedlungen der Ureinwohner (wo die Gastjäger in Hotels oder Eskimohäusern untergebracht sind) und unter deren Führung durchgeführt.
Je nach Region können zwar Jagdtechniken und Ausrüstung der autochthonen Küstenvölker variieren, in der kanadischen und russischen Arktis weisen sie jedoch auch viele Gemeinsamkeiten auf.
Das Walross kann entweder im Wasser, an Land oder auf dem Eis bejagt werden. Mit seinem Führer versucht der Jäger, die auf dem Festland oder Eisschollen dösenden Riesenrobben zu Fuß oder mit dem Boot anzupirschen.
Dabei muß er auf den Wind achten.
Der Jäger muß sich möglichst nahe an den bestätigten Bullen heranschleichen, um einen sicheren Gehirnschuss anbringen zu können.
Dieser soll den Bullen an den Platz bannen und verhindern, dass er ins Wasser stürzt und auf den Grund abtaucht. Damit nichts dem Zufall überlassen wird, springt ein Eskimohelfer oder der Jäger selbst nach dem Schuß zum kranken Walross und harpuniert es.
Dass die Jagden auf die schwimmenden Walrosse in Russland und Kanada ähnlich ablaufen, das bestätigte uns auch Ralf Schneider , der in beiden Gebieten bereits gejagt hat.
Nach seiner Darstellung einer Walrossjagd in der russischen Arktis befinden sich fünf bis sechs Personen in einem Boot. Zwei einheimische Tschuktschen bedienen den Motor und das Ruder (weil der Motor in dem Schacht festsitzt und nicht über den Motor wie üblich gelenkt werden kann), Gastjäger und ein Helfer stehen vorn in der Spitze des Bootes, und ein weiterer Tschuktsche befindet sich mit der Harpune in der Mitte.
Wenn ein Trupp schwimmender Walrosse in Bootsnähe entdeckt wird, schießt ein Helfer mit seinem Gewehr über den nur wenig sichtbaren Rücken des bestätigten Walrosses, um es zum Tauchen zu bewegen.
Beim Abtauchen kommt dann der Rücken des Walrosses weit aus dem Wasser heraus. Genau in diesem Moment muß der Gastjäger versuchen, die Kammer oder die Wirbelsäule zu treffen.
Gleichzeitig beschleunigt das Boot und steuert auf das Walross zu, so dass der kranke Bulle harpuniert werden kann. Wenn er einmal harpuniert ist, beendet ein tödlicher Schuß ins Gehirn die Jagd.
Diese Jagdmethode erfordert ein gut aufeinander abgestimmtes Bootsteam, und obwohl diese Jagd bei den Eskimos eine lange Tradition hat, sind auch bei ihnen die ersten Schüsse nicht immer erfolgreich.
Sollte das Walross unverletzt abtauchen, warten die Jäger, bis es wieder zum Luftholen auftaucht und starten einen neuen Versuch. Die Schwierigkeit dieser Jagd liegt für einen Nicht-Eskimo vornehmlich darin, dass er die Jagdmethode nicht kennt und oft nicht in der Lage ist, von einem fahrenden Boot treffsicher zu schießen.
Ralf Schneider berichtete weiter, dass vor allem die ostasiatischen Eskimos und Tschuktschen ungern auf einen einzelnen Walrossbullen jagen, weil seine Fluchtrichtung sehr schwer vorhersehbar ist.
Sie bevorzugen deshalb, auf eine Gruppe zu jagen, weil die Walrosse die einmal eingeschlagene Fluchtrichtung beibehalten und es für das Boot einfacher ist, an sie heranzukommen. Manchmal kommt es auch vor, dass ein einzelnes Tier der Gruppe sich regelrecht opfert, indem es bewusst das Boot umkreist und somit den anderen die Flucht ermöglicht.
Ausrüstung
Europäische Seefahrer und Jäger bewunderten schon immer die mit Leder überzogenen Boote (Kajak und Umiak) der Eskimos, aber auch ihre Harpune, die eine raffinierte Waffe darstellen.
Im Unterschied zu den anderen autochthonen Kulturen haben sich sowohl nordamerikanische wie nordostsibirische Eskimos viel mehr an die westliche Kultur angepasst.
Aus diesem Grund wird ihre Lebensweise heute nur teilweise von ihrer traditionellen materiellen Kultur bestimmt. Ob in Alaska, Kanada oder Russland – der Walrossjäger wird beobachten können, dass Schneemobile und Motorboote inzwischen genauso zum Alltag der arktischen Ureinwohner gehören wie Container-Häuser, Feuerwaffen und westliche Kleidung.
Neben dem Gewehr benutzen sowohl Eskimo- wie Gastjäger immer noch die Harpune für die See- und speziell für die Walrossjagd.
Sie besteht aus verschiedenen Teilen (Schaft, Vorschaft, Spitze, Leine und Boje), die flexibel miteinander verbunden sind und nach Bedarf auch mehrmals benutzt werden können.
Nach dem Wurf der Harpune löst sich ihre Spitze, die mit einer fünf bis 15 Meter langen Leine an einem Schwimmer (Boje) befestigt ist.
Der Schaft aber treibt auf dem Wasser. Der Schwimmer bremst die Flucht der Beute und verhindert, dass ein krankgeschossenes und dann harpuniertes Walross abtaucht oder sinkt.
Die Boje zeigt außerdem den Aufenthaltsort des Tieres an, das beim Auftauchen leicht gefunden und mit einem Fangschuss erlegt werden kann.
Für den Büchsenschuss kommen alle starken Kaliber in der Klasse zwischen .300 Winchester Magnum, .300 Weatherby Magnum, 8 x 68 S, .338 Winchester Magnum bis 9,3 x 64 und die .375 Holland&Holland Magnum in Frage, mit Vollmantel- oder harten Teilmantelgeschossen geladen.
Dabei müssen auch die gesetzlichen Vorschriften beachtet werden, weil es Jagdgebiete gibt, die Mindestkaliber (in der Regel .300 Winchester Magnum) vorschreiben oder Vollmantelgeschosse verbieten.
Da das Salzwasser die Kipplaufwaffen auf den Seejagden stärker angreift und es dadurch zu Funktionsstörungen kommen kann, empfehlen erfahrene Walrossjäger nur robuste Repetierbüchsen.
Fleisch und Elfenbein
Noch heute wird ein großer Teil des Fleischbedarfes der arktischen Ureinwohner und ihrer Hunde durch Walrosse gedeckt. Aus der Walrosshaut werden Riemen für Harpunen und Boote sowie Hüllen für Kajaks gemacht.
Die Stoßzähne der Walrosse werden beschnitzt und verhelfen zu einem zusätzlichen Einkommen. Leider ist auch dabei eine moderne Tendenz wie beim Indianerschmuck zu beobachten.
Viele dieser Schnitzereien werden geradezu fabrikmäßig hergestellt. Als Andenken für Touristen haben diese dann ihre künstlerische Originalität verloren.
Einen dicken Fleischklops auf dem Eis schießen? Wie man sieht, ist die Walrossjagd sicherlich mehr als das.
Immerhin hat dieser „Fleischklops“ einen ganzen Meter vom wertvollsten Elfenbein und wiegt fast eineinhalb Tonnen.
Für diese ungewöhnliche Jagd in der unwirtlichsten Ecke der Erde gilt, was erfahrene amerikanische Walrossjäger schon immer behauptet haben: „The challenge of walrus hunting is being there.“ Die Herausforderung einer Walrossjagd ist, dagewesen zu sein.

[zurück]

ANZEIGEAboangebot