Im Wilden Westen

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Wenn man heute vom nicht mehr ganz so „Wilden Westen„ spricht, meint man meist die Rocky Mountain-Staaten Montana, Wyoming, Colorado, Arizona, New Mexico und eventuell noch die beiden Dakota-Staaten

Wapitis
Wapitis: Aufmerksam bewacht der Hirsch sein Brunftrudel. Brunftzeit ist Mitte September bis Mitte Oktober.
Dieses Gebiet ist so riesig, dass Besucher aus dem kleinen und dichtbesiedelten Deutschland immer wieder überrascht sind, insbesondere wenn man auf Überlandfahrten auf die nächste Tankstelle wartet!
Wer heute im Wilden Westen jagen möchte, kann dies auf verschiedene Arten tun. Allein oder mit Führer, auf Farmland oder auf öffentlichem Land, in Wildnisgebieten, im Hoch- oder Mittelgebirge oder in den Prärien. Alle Landschaften haben ihren eigenen Reiz.
Es gibt wahrhaftig atemberaubende Naturschöpfungen auch außerhalb der oft strapazierten und teilweise überlaufenen Nationalparke.
Im Zeitalter der schnellen Verkehrsflugzeuge ist diese einst ferne Welt der Indianer nähergerückt. Wenn man in Frankfurt in eine Maschine steigt, ist man nach etwa zwölf bis vierzehn Stunden in Denver, Billings, Phoenix, Salt Lake City oder Albuquerque. Bevor man jedoch ein Flugticket kauft, sollte man wissen, was man jagen will:
  • Gilt es einer speziellen Wildart?
  • Will man zwei oder mehr Wildarten kombinieren, und wenn ja, welche?
  • Will man Jagd mit einer Sightseeing-Tour verbinden, alleine oder in Begleitung?
  • Möchte man alleine oder mit Führer jagen?
  • Wie fit bin ich, und was kann ich mit zumuten?
  • Welche Möglichkeiten ergibt das Budget?
Wildarten
Die Palette jagdbaren Wildes ist reichhaltig. Nach einem Tiefstand zu Ende der Pionierzeit gibt es heute wieder (fast) überall gute und sehr gute Wildbestände. Die Jagdbehörden und die privaten Landeigentümer haben den Wert des Wildes und der Jagd erkannt.
Die Managementpläne bestehen zum Teil seit Jahrzehnten und werden immer wieder verbessert, verfeinert und angepasst. Auch ausgerottete oder fast ausgerottete Wildarten sind in alle Gebiete zurückgekehrt, teils selbst, manchmal durch Wiederansiedelung. Beispiele sind Präriebison, Pronghornantilope, Bighorn-Schaf, Wapiti, Wolf, Biber.
Im Mittelpunkt des Interesses für deutsche oder europäische Jäger stehen meist die Hirsche, also Wapiti (elk), Maultierhirsch (muledeer), Weißwedelhirsch (whitetail) und die Pronghornantilope (antelope).
Wapitis gibt es mittlerweile wieder in fast allen Gebirgsregionen, in allen größeren Waldgebieten und auf zahlreichen großen Ranches. Es besteht allgemein eine beachtliche Ausbreitungstendenz, die in der Regel von den Game & Fish Departments auch gefördert wird. Die Abschussquoten werden in den einzelnen Bundesstaaten jährlich angepasst.
Wer Wapitis jagen will, sollte sich darauf konzentrieren. Ohne Führer ist es von Europa aus schwierig, gute Gebiete zu finden. Die stärksten Wapitis leben heute wohl in Arizona und Neu Mexiko, wenn auch die anderen Staaten immer wieder Spitztrophäen liefern können.
So kommt der derzeit stärkste Wapiti meines Wissens aus dem Wüstenstaat Nevada! Sehr starke Wapitis finden sich auch im San Carlos Indian Reservat (White Mountains) in Arizona.
Die Hirsche lassen sich die indianischen Behörden entsprechend bezahlen.
Die Jagdzeiten reichen von Ende September bis Dezember (siehe Übersicht). Die Brunft findet Ende September bis Anfang Oktober statt.
Maultierhirsche sind bei amerikanischen Jägern als Jagdwild sehr beliebt, oft allerdings nur des Wildbrets wegen. Im Mittleren Westen sind die „Muledeer“ zusammen mit den „Whitetail“ die häufigste Wildart.
Sie sind überall anzutreffen und zwar sowohl in den Prärien, dem Antilopenlebensraum, als auch im Wald oder im Gebirge im Lebensraum von Wapitis und Wildschafen. In einigen Gebieten kommen Maultier- und Weißwedelhirsche zusammen vor, in manchen Bereichen nur die eine oder die andere Art.
Wer Spitzentrophäen sucht, muss sich auch über diese Wildart vorher genau informieren und möglichst auf Kombinationen verzichten. Sehr gute Gebiete für Maultierhirsche gibt es in Colorado, Arizona, Utah, Neu Mexiko und in einigen Indianerreservaten.
Wem das Jagderlebnis mehr bedeutet als Spitzentrophäen, kann fast überall „Muledeer“ jagen. Gut kombinierbar ist diese Jagd mit der Jagd auf Pronghorn-Antilopen. Auf Grund der unterschiedlichen Jagdzeiten ist dies derzeit nur in Montana und Wyoming möglich.
Wenn man allerdings den Bundesstaat wechselt, sind weitere Kombinationen möglich wie zum Beispiel Pronghorn in Wyoming, anschließend „Muledeer“ in Colorado oder Pronghorn in Montana, anschließend „Muledeer“ in Neu Mexiko.
Aber immer müssen die Entfernungen beachtet und zusätzliche Jagdscheingebühren einkalkuliert werden.
Eine ideale „Einsteiger“-Jagd wäre eine kombinierte Jagd auf Pronghorn und „Muledeer“ in Wyoming oder Montana. Beim erstenmal aber nur mit Führer. Dabei kann man sich auf die Orts- und Wildkenntnisse des Guides verlassen und sich gut an die ungewohnten Verhältnisse gewöhnen.
Man wird nicht nur mit neuen Schussentfernungen vertraut, sondern auch mit der niedrigsten Gangart“. Darüber hinaus ist der Führer behilflich, wenn es um Bergung und Verwertung des Wildes geht. Die Weißwedelhirsche in diesen Staaten spielen eine untergeordnete Rolle.
Pronghorn-Antilopen, einst fast ausgerottet, bevölkern heute wieder zu Hunderttausenden die Prärien und Vorberge im Mittleren Westen. Allein in Wyoming leben heute wieder etwa 500 000 Stück, das ist mehr als die Einwohnerzahl. In diesem Staat beträgt die Jagdstrecke pro Jahr rund 70 000 Pronghorn.
Das heutige Verbreitungsgebiet reicht von Südkanada bis Nordmexiko. Zoologisch nimmt sie insofern eine Sonderstellung ein, als sie weltweit der einzige Bovidenvertreter ist, der jährlich die Hörner abwirft und neu bildet.
Die stärksten Pronghorn oder Gabelböcke leben heute in Arizona und Neu Mexiko, aber auch in Colorado, Utah, Wyoming und Montana kommen immer wieder beachtliche Böcke zur Strecke.
In Wyoming und Montana sind auch Jagdkombinationen auf Wapiti, Maultierhirsch und Pronghorn möglich. Dies engt jedoch die Jagdgebiete erheblich ein, und man hat weniger Zeit für die Jagd auf reife Trophäenträger.
Jagd- und Lizenzsysteme
In allen Rocky Mountain-Staaten wie auch in den übrigen US-Staaten besteht ein Lizenzsystem. Innerhalb dieses Systems gibt es zwei Möglichkeiten:
  • die Jagd auf öffentlichem Land (State Land, National Forests, BLM [Bureau of Land Management] Land) und
  • die Jagd auf Privatland.
Auf privaten Ländereien kann zwar auch gejagt werden, auch von „nonresidents“, aber es ist immer eine schriftliche Erlaubnis des Eigentümers erforderlich und mitzuführen.
Manche verlangen dafür eine Gebühr, andere gestatten die Jagd kostenlos. Daneben gibt es Farmer, die die Jagdausübung durch Fremde nicht gestatten.
Die großen Ranches mit Teilziel Jagd und geeigneten Wildmanagementkonzepten sind unseren Reviersystemen durchaus ähnlich, wenn man von der Größe der Jagdbezirke absieht.
Die jährliche Lizenzvergabe für „nonresidents“ erfolgt für die meisten Wildarten über eine Computer-Lotterie (public drawing). Die Antragsfristen (siehe Übersicht) liegen meist zwischen Januar und Juni und variieren stark von Staat zu Staat, teilweise auch von Wildart zu Wildart.
Für den Einsteiger, der seine Reise selbst zusammenstellt, ist das zunächst eine schwierige und undurchschaubare Vielfalt, aber durchaus reizvoll und die Vorfreude steigernd. Die Sache wird sehr viel leichter, wenn man sich erst einmal für seine Wildarten und „seinen“ Staat entschieden hat.
Danach gilt es nur noch, den richtigen Jagdbezirk (unit) auszuwählen. In einigen Fällen gibt es auch Lizenzen, die für mehrere Regionen gelten. Wer sich einem Veranstalter oder Outfitter anvertraut, hat all diese Probleme nicht.
Die Ergebnisse der Lotterie werden nach einigen Monaten, spätestens etwa im Juli, mitgeteilt. Flüge sollten vorher nicht gebucht werden.
Für einige Staaten und Wildarten gilt ein Bonus-System: Bei einer Antragsablehnung werden Bonuspunkte gutgeschrieben, welche die Antrags- oder Lotteriechancen im nächsten Jahr erhöhen.
Für seltenere, aber begehrte Wildarten wie zum Beispiel Shiras-Elch, Bighorn-Schaf oder Schneeziege kommt man ohne Bonuspunkte praktisch nicht zu einer Lizenz. Bei Wapitis gibt es Engpässe in bevorzugten Gebieten um den Yellowstone Nationalpark.
Maultierhirsch- und Pronghornlizenzen sind normalerweise ohne Bonuspunkte, zumindest mit höherer Gebühr (special application) zu bekommen, von einigen hochkarätigen Gebieten abgesehen.
Wer ist „nonresident“?
Die Einwohner eines Staates sind „residents“. In der Regel müssen sie mindestens sechs Monate dort gemeldet sein.
Alle anderen, hier werden dann zum Beispiel Texaner oder New Yorker mit Deutschen oder Schweizern gleichbehandelt, sind „nonresidents“.
Die Gebühren für die beiden Gruppen sind unterschiedlich hoch, manchmal müssen die „nonresidents“ das Zehnfache zahlen.
Allein oder mit Führer?
Dies ist nicht nur eine Frage von Ortskenntnis und Wissen über die zu bejagenden Wildarten. Es berührt auch die eigene Fitness und nicht zuletzt das Jagd-Budget.
Im Gegensatz zu Kanada ist mit Ausnahme von Alaska die Jagd auf alles Groß- und Schalenwild in allen US-Staaten für „nonresidents“ ohne Führer möglich. Ausnahme: ausgewiesene Wildnis-Gebiete (wilderness areas). Dort darf nur mit lizenzierten Führern gejagt werden.
Bei Amerikanern recht beliebt sind die halbbetreuten Jagden (semiguided hunts). Hierbei werden von meist ortsansässigen Outfittern Jagdcamps eingerichtet. Die eigentliche Jagd geschieht dann auf eigene Faust.
Der Outfitter oder ein Beauftragter schauen alle paar Tage vorbei oder helfen, falls erforderlich, beim Bergen und Verwerten des Wildes.
Zunehmend häufiger werden Jagden, geführt oder allein, auf großen Ranches angeboten. Dabei wohnt man im Farm- oder Gästehaus oder auch im mitgebrachten Wohnmobil.
Für Do-it-yourself-Jagden gelten ein paar Sicherheits- und Verhaltensregeln:
  • Jagdroute sorgfältig vorausplanen mit Hilfe guter Karten
  • Topografische Karte: U.S. Geological Survey, Box 25286, Bldg. 41, Denver Distribution Center, Denver, CO 80225
  • Karten 1:100 000: Bureau of Land Management, P.O. Box 1828, Cheyenne, WY 82003
  • National Forest Karten: U.S. Forest Service, Rocky Mountain Region, 111 77W 8th Avenue, P.O. Box 25127, Lakewood, CO 80225
Folgendes sollte man beachten:
 
  • Die geplante Route mit dem Jagdgebiet einschließlich Rückkehrzeit, Autokennzeichen, Marke, Farbe, bei Freunden, Bekannten oder bei der nächstgelegenen Polizeistation hinterlassen.
  • Gehe niemals alleine, nimm einen oder mehrere Partner oder auch nichtjagende Begleiter mit.
  • Prüfe das Wetter und erkundige dich über Besonderheiten im Jagdgebiet.
  • Gehe ausreichend gekleidet und gut ausgerüstet. Rasche Wetterwechsel sind in den Rokkys immer einzukalkulieren.
  • Nimm Überlebensausrüstung mit: Wasser, zusätzliche Kleidung, zusätzliche Lebensmittel, Erste-Hilfe-Ausrüstung, Streichhölzer, Feueranzünder, Kompass, Karten, Messer, Sonnenbrille.
Andere Wildarten
Neben den beschriebenen Hauptwildarten ist es grundsätzlich möglich, auch die anderen Wildarten allein oder mit Führer zu bejagen.
Wegen der unterschiedlichen Vorkommen und Bestimmungen sind sie hier nur aufgelistet: Bison, Bighorn-Schaf, Schneeziege, Kanada-Elch, Schwarzbär, Puma, Luchs, Rotluchs, Pekari. Gemeint sind nur Bestände in freier Wildbahn.
Eine Sonderstellung nimmt der Kojote (Präriewolf) ein, der, wie bei uns der Fuchs, überall praktisch ohne Einschränkung bejagt werden kann.
Kosten
Wer allein jagt, hat natürlich nur die Jagdschein- und Permitkosten sowie die Kosten für Leihwagen, Übernachtung, Verpflegung zu bezahlen.
Auf privaten Ländereien kommen oft noch entgeltliche Erlaubnisscheine hinzu, die je nach Vorkommen und Trophäenqualität stark schwanken können. Hier einige Beispiele mit Spannen:
  • Pronghorn (Bock): 50 bis 300 US-Dollar
  • Maultierhirsch: 50 bis 300 US-Dollar
  • Wapiti: 1 000 bis 3 000 US-Dollar (1998)
    Die Jagden mit Outfitter und Guide sind je nach Staat, Region, Trophäenstärke so vielfältig, dass hier nur einige Beispiele genannt werden können.
  • Pronghorn, 2 bis 3 Tage: 600 bis 1 200 US-Dollar (auch bis 1 500 Us-Dollar)
  • Muledeer, 3 bis 5 Tage: 1 000 bis 2 000 US-Dollar (auch bis 3 500 US-Dollar)
  • Whitetail, 5 Tage: 1 500 bis 2 500 US-Dollar (auch bis 3 000 US-Dollar)
  • Wapiti, 5 bis 6 Tage: 3 000 bis 4 000 US-Dollar (auch bis 8 000 US-Dollar) (1998)
Kombinationen sind je nach Wildart und Staat möglich. Beispiele:
  • Pronghorn/Muledeer, 5 bis 7 Tage: 1 700 bis 2 700 US-Dollar
  • Muledeer/Wapiti, 5 bis 7 Tage: 2 000 bis 3 000 US-Dollar
  • Pronghorn/Muledeer/Wapiti, 7 Tage: 2 800 bis 3 500 US-Dollar (1998)
Die Preise für „halbgeführte“ (semiguided) Jagden liegen jeweils um einige hundert Dollar niedriger.
In den beschriebenen fünf Staaten sind die September und Oktober in der Regel trocken, manchmal herrscht sogar T-Shirt-Wetter. Mit radikalen Wetterwechseln wie Kälteeinbruch und Schneefall ist jederzeit zu rechnen.
In den höheren Lagen ist ab Mitte bis Ende Oktober meist mit Schnee zu rechnen. Regen ist eher selten.
Für die Jagd auf Pronghorn bedarf es keiner besonderen Ausrüstung. Die Waffe sollte so eingeschossen sein, dass 300-Meter-Schüsse möglich sind.
Dazu gehört, dass man zu Hause derartige Schüsse, üblicherweise liegend, übt. Kontrollschüsse bei Ankunft sollten selbstverständlich sein. Möglicherweise ergeben sich Abweichungen allein auf Grund der Höhenlage.
Für die Jagden auf Maultierhirsch und Wapiti, meist in Berg- und Waldregionen, ist die Ausrüstung entsprechend etwa unseren Gams- oder Rothirschjagden zu empfehlen.
Hansgeorg Arndt

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