Südafrika: Neues aus dem Krüger-Park

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Der Krüger-Nationalpark war immer ein Spiegelbild Südafrikas. Jetzt, im Frühjahr 2002, ist ein grenzübergreifender „Friedenspark“ geplant.

Ein Tor im Grenzzaun zwischen dem Krüger-Nationalpark und dem ehemaligen Jagdblock in Mosambik wird geöffnet.
Vor den ersten freien Wahlen waren nur die untersten Chargen der Wildhüter schwarz. Allerdings war der Park erstklassig verwaltet, was man nicht zuletzt durch eine hohe Subventionierung erreichte.

Inzwischen mussten einige hundert weiße Wildhüter ausscheiden. Dies war mit einem erheblichen Verlust an Know-how verbunden. So kostete im Jahr 2001 ein kontrolliert gelegtes Buschfeuer 23 Menschen das Leben. Die Katastrophe ging im Wesentlichen auf mangelnde Erfahrung und Fehler des Managements zurück. Wirtschaftlich lebt der Park derzeit von der Substanz.

Die Makuleke-Gemeinde

Wer in den letzten 90 Jahren aus einem Nationalpark ausgesiedelt wurde, steht jetzt ein Klagerecht zu. Hunderte von Prozesse stehen an. Die Makuleke-Gemeinde hat ihren Prozess bereits gewonnen und ihr Land im Krüger zurückbekommen. Allerdings dürfen die Leute nicht zurückkehren, sondern ihr zurückgewonnenes Land bleibt Nationalpark. Die Einnahmen stehen ihnen jedoch zu.

Pfiffigerweise haben sich die Makuleke eine Jagdquote gesichert, um mit den Einnahmen den Bau von Touristen-Hotels zu finanzieren. Im Nationalpark wird deshalb derzeit auf Elefanten, Büffel und Antilopen gejagt. Dies wäre auf Dauer wohl auch die finanziell bessere Lösung. Aber Touristen bringen weniger Ärger mit den Tierschützern als Jäger und, so hofft man, auch mehr Arbeitsplätze.

Die Elefanten im Krüger Park

Ohnehin muss man den Eindruck gewinnen, dass amerikanische Tierschutz-Gruppen und ihre südafrikanischen Ableger heutzutage die Naturschutz-Politik in Südafrika bestimmen.

Im Krüger zeigt sich dies am stärksten am Beispiel der Elefanten. Deren Zahl war zwischen 1900 und 1960 von Null auf über 8.500 Stück angestiegen. Der Riesenappetit der Dickhäuter hatte große Auswirkung auf die Vegetation.

Grundsätzlich ist dies ein Teil eines natürlichen Zyklus. Können die Elefanten aber nicht mehr weitläufig wandern, weil sie, wie im Krüger, eingezäunt sind, dann verändern sie die Vegetation zu stark und zerstören sie schließlich.

Im Krüger werden diese Prozesse seit Jahrzehnten intensiv erforscht. Die Wissenschaftler gingen davon aus, dass der Park Lebensraum für 6.000 bis allerhöchstens 8.500 Elefanten bietet. Da die Population mit etwa 7 % wächst, wurden ab 1967 jährlich etwa 500 Elefanten von speziellen Teams geschossen.

In einer parkeigenen Metzgerei wurden die Dickhäuter vollständig verwertet. Nach lautstarken Protesten der Tierschützer stellte man 1990 den Abschuss ein. Stattdessen wurden in Südafrika Millionen Dollar ausgegeben, um ein System zur Geburtenkontrolle von Elefanten zu entwickeln. In einem Land, in dem jeder Dritte arbeitslos ist und jeder Neunte Aids hat. Inzwischen weiß man, dass dies in der Realität für große Populationen nicht funktioniert und eine üble Tierquälerei ist.

Auch die armen schwarzen Anwohner lehnen die Babypille für Elefanten ab. Sie sind der Meinung, so ein Forschungsbericht, dass die Dickhäuter nachhaltig genutzt werden sollen. Nur im Überfluss lebende Phantasten können sich ein Konzept ausdenken, eine natürliche Ressource mit viel Geld am Wachstum zu hindern, anstatt sie sinnvoll zum Wohle der armen Bevölkerung zu nutzen.

Die neue Elefanten Politik

Die Wissenschaftler entwickelten inzwischen eine neue Elefanten-Politik für den Krügerpark. Danach wurde der Park in ökologische Zonen eingeteilt, in denen man unterschiedlich hohe Vegetationsbelastungen toleriert. Werden bestimmte Grenzen überschritten, wird eingegriffen. Das heißt dann Umsiedlung der Elefanten oder „Culling”, also Abschuss.

In Südafrika gibt es kaum noch Bedarf an Elefanten für die Neuansiedlung. Man exportiert derzeit nach Angola, aber diese Option ist kein Ausweg mehr, um 500 bis 700 Elefanten im Jahr loszuwerden. Die Elefanten-Politik wurde jahrelang an runden Tischen mit den Beteiligten und Interessengruppen diskutiert, bevor sie verabschiedet wurde.

Dennoch laufen die Tierschützer gegen das Culling weiter Sturm. Die Politiker reagieren, wie sie es meistens in einer solchen Situation tun. Sie tun nichts. Die vereinbarte Lösung wird nicht umgesetzt. Das Culling bleibt untersagt.

10.000 Elefanten gibt es inzwischen im Krüger. Mindestens tausend davon müssten jetzt dringend entfernt werden, sonst wird Umwelt und Artenvielfalt leiden. Eine Lehre kann man jedenfalls schon jetzt ziehen: Den Tierrechtlern geht es in Südafrika nicht um die Natur, und sie lassen sich weder von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen noch durch Mehrheitsentscheidungen von ihren Kampagnen abbringen.

Konzept „Friedenspark“

Einen vorübergehenden Ausweg hat man gefunden, indem man den Krügerpark mit einem angrenzenden Jagdblock in Mosambik verbindet. Dort wurde als erstes die Jagd verboten, und zusammen mit dem im Norden angrenzenden Gonarezhou Nationalpark in Simbabwe will man einen Riesenpark von 38.000 km2 Grösse schaffen. Überzählige Elefanten aus dem Krüger sollen die mosambikanische Seite bevölkern. Die ersten 25 Tiere wurden bereits umgesiedelt.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Naturschutz ist eine gute Sache. Die pfiffigen Südafrikaner tauften das Konzept „Friedensparks” und haben damit ein Rezept gefunden, wie man den Gebern von Entwicklungshilfe Millionen aus der Tasche ziehen kann. Der finanziell gebeutelte Daimler-Chrysler-Konzern hilft ebenfalls kräftig, und die Entwicklungshelfer aus Südafrika können deshalb in chromblitzenden Geländewagen durch den mosambikanischen Busch fahren.

Das Konzept bringt aber auch große Probleme mit sich. Ursprünglich hieß es noch, man werde ein Netz von Schutzgebieten unterschiedlicher Art schaffen. Nationalparks und Jagdgebiete würden sich ergänzen, denn bei weitem nicht jedes Gebiet ist für Fototourismus und Totalschutz geeignet.

Inzwischen verbreitet man aber nur noch Nationalparks. Ob etwa der Park in Mosambik ein Erfolg wird, ist noch sehr zweifelhaft. Mit Millionen-Beträgen muss die Infrastruktur, etwa Straßen, geschaffen werden. Und sie rechnen sich nur dann, wenn auch Zehntausende von Besuchern kommen.

Aber wollen Touristen wirklich in ein Gebiet, das noch voller Minen ist und sich von Krüger nur dadurch unterscheidet, dass man kaum Tiere sieht? 20.000 Menschen leben im Nationalpark, die bisher kaum beteiligt wurden. Man diskutiert, ob man sie aussiedelt und damit genau das tut, was Südafrika gerade rückgängig zu machen versucht. Alternativ will man die Dörfer einzäunen. Zur Abwechslung würden also nicht die Tiere, sondern die Bewohner eingesperrt. Dagegen werden Menschenrechts-Gruppen zweifellos bald Sturm laufen.

Der Gewinner Südafrika

Ein Gewinner steht bei dieser grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen einem starken und einem schwachen Partner jedenfalls schon fest: Südafrika. Man wird vorübergehend die überzähligen Elefanten los, südafrikanische Firmen bekommen die Aufträge und aus südafrikanischen Lodges werden in Zukunft Touristen einen Tagestrip ins abenteuerliche Mosambik machen.

Und noch etwas exportiert Südafrika – arbeitslose Wildschutz-Experten: Die qualifizierten Jobs in Mosambik werden derzeit vor allem von Wildhütern aus dem Nachbarland besetzt, die im Krügerpark ihre Arbeit verloren haben.

Nicht nur in Mosambik, sondern auch in anderen Nachbarstaaten wächst die Furcht vor der Übermacht des „großen Bruders” am Kap. Südafrika ist der große Gewinner der Friedensparks. Ob langfristig auch die armen Nachbarn profitieren, muss sich erst noch erweisen.

Hansgeorg Arndt

Hansgeorg Arndt

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