Ave Maria, Hundegeläut & viel Wild

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monteria
 

6/ 2012

Andere Jagdländer, fremde Jagdmethoden. Die traditionelle Art der Spanier, gemeinschaftlich auf Schalenwild zu weidwerken, ist die Monteria. Sie ist ein gesellschaftliches Ereignis und urtümliches Jagen.

Von Dr. Rolf Roosen

 

Ende Januar und trotzdem 15 Grad warm. In der Ferne Hundegeläut. Vor mir felsiges Gelände, bewachsen mit Macchia und einzelnen Steineichen. Ich höre es rumpeln. Und plötzlich flüchten 2 Muffelwidder und 2 Schafe mit ihren Lämmern an mir vorbei. Entfernung etwa 60 Schritt.
 
Der rote Punkt sucht das Blatt des 2. Widders, dann fährt er vor das Wild. Rums, die Kugel ist raus. Das Wildschaf zeichnet nicht, flüchtet einfach weiter, und zwar deutlich schneller als zuvor. Ich werfe einen 2. Schuss hinterher…
 
 
 

Vor der Monteria

 

Monteria
Kurz vor der Verlosung der Stände steigt die Spannung unter den Schützen. Foto: Dr. R. Roosen
Eine typische Szene für eine Monteria, bei der auch Muffelwidder frei sind. Doch der Reihe nach. Alles beginnt völlig entspannt, nämlich mit einer gemeinsamen Mahlzeit, in der Regel gegen 9 Uhr. Das Frühstück ist für die iberische Halbinsel typisch: Es wird aus gewürfeltem und in Olivenöl gebratenem Weißbrot zubereitet und mit Spiegelei, Speck und gebratener Hartwurst serviert. Dazu wird Kaffee, Rotwein sowie Wasser gereicht. Migas heißt dieses zünftige Mahl.
 
Anschließend werden die Stände verlost. Da braucht es dann ein wenig Glück. Denn man unterscheidet zwischen Armadas und Traviesas, zwischen Ständen, die sich an den Flanken oder in der Mitte des Treibens befinden. Und mittendrin zu sein, ist besser.
 
Dann gibt der Jagdleiter bekannt, was an diesem Tage frei ist. Er beendet seine Ansprache mit einem Gebet an die Gottesmutter Maria, damit der bevorstehende Jagdtag ohne Unglück verlaufe.
 
Die Freigaben sind sehr unterschiedlich: In einigen Spitzenrevieren darf kein weibliches Wild erlegt werden, sondern nur eine begrenzte Zahl an Trophäenträgern (Rot-, Dam- und Muffelwild) und meist alles Schwarzwild. Prinzipiell aber hängt die Freigabe, wie bei uns, vom Revierinhaber ab. Und – wie überall auf der Welt – sind Monterias auf kapitale Trophäenträger deutlich teurer als andere.
 
 
 

Während der Monteria

 

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Rehalero (Meuteführer) mit seinen Bodengos, die alle Glocken tragen. Foto: N. Klups
Der Ansteller oder Postor bringt seine Schützen zu ihren jeweiligen Ständen. Diese sind nach meiner Erfahrung so gelegen, dass man seine Nachbarn nicht gefährden kann. Nur einmal habe ich es erlebt, dass die Schützen wie bei der Hasenjagd dicht an dicht standen.
 
Zunächst werden die Schützen angestellt, die die Armadas verteidigen, zeitlich versetzt folgen die, welche die Traviesas bestücken. Häufig teilt der Gastjäger seinen Stand mit einem sogenannten Secretario, einer Art unbewaffnetem Adjutanten. Der hilft beim Ansprechen, aber auch schon beim Ausmachen des Wildes. Da der Jäger bei Monterias seinen Stand vielfach rundum verteidigen muss, ist der Secretario eine prima Hilfe.
 
Gegen Mittag werden die Hundemeuten geschnallt. Je nach Reviergröße bemisst sich die Zahl der Rehaleros (Meuteführer). Jeder von ihnen geht gemeinsam mit seiner Rehala (Meute) durchs Treiben. Eine Rehala besteht aus etwa 20 Hunden.
 

 

Muffel
Jetzt oder nie: Junger Muffelwidder flüchtet dicht am Stand vorbei. Foto: F. Rakow
Die spanischen Stöberhunde heißen Bodengos. Es sind meist weißbraune bis graue Hunde mit einem Stockmaß von rund 60 Zentimetern. Jeder Bodengo ist mit einer Glocke am Hals ausgestattet. So kündigt er sich dem Jäger bestens an, und der Führer weiß, wo seine Hunde arbeiten. Übrigens: Entgegen aller Geschichten, die über die spanische Art der Hundehaltung kursieren, ist sowohl an der Führerbindung als auch am Zustand der Bodengos nichts auszusetzen.
 
Freilich ist es für den deutschen Jäger gewöhnungsbedürftig, dass die spanischen Meutehunde Wild anschneiden, oft sogar regelrecht ausweiden. Der Spanier vertritt die Auffassung, dass nur der hungrige Hund ein guter Jagdhund ist. Das ist zumindest insoweit nachvollziehbar, als wir ja unsere vierläufigen Begleiter am Morgen vor einer Stöberjagd ebenfalls nicht füttern. So kenne ich es jedenfalls von zu Hause. Das Jagdareal wird vielfach als ein einziges weitläufiges Scherentreiben genommen. Alternativ wird es durch- und dann wieder zurückgetrieben. Es dauert ungefähr 4 Stunden. Wild kommt jedem Schützen quasi garantiert in Anblick, jedenfalls bei den guten Fincas, die hervorragend besetzte und sehr gepflegte Jagdgebiete haben. Freilich sind dies meist Gatter.
 
Wer das nicht mag, lasse es bleiben. Aber trotz der Zäune bleibt die Monteria Jagd pur, und zwar ohne Abstriche. Denn die Treiben sind weitläufig, das Wild hat gute Chancen, zu entkommen. Das ist für mich entscheidend.
 
Wer den flüchtigen Schuss nicht aus dem FF beherrscht, wird keine Freude an einer Monteria haben: Schon ein austrollendes Stück Rotwild erreicht eine Geschwindigkeit von mehr als 30 Kilometer pro Stunde.
 

 

Monteria
Typisch: Brand- und zugleich Schussschneise. Hier muss der Schütze flott sein. Foto: Dr. R. Roosen
Bei der Wahl der Waffe ist ein schnelles Kaliber ratsam. Viele Spanier führen eine .300 Winchester Magnum oder eine .300 Weatherby Magnum, um auch für weite Schüsse gerüstet zu sein. Unentbehrlich ist ein Zielstock, besser ein Dreibein. Nützlich ist ein Fernglas mit integriertem Entfernungsmesser. Es hilft, in unvertrauter Umgebung vor Jagdbeginn die machbaren Schussentfernungen mit Hilfe markanter Geländepunkte auszuloten. Auf den Monterias, die ich mitgemacht habe, war üblicherweise sämtliches Schwarzwild frei. Führende Bachen waren tabu. Bei kapitalen Trophäenträgern habe ich keinerlei Beschränkungen erlebt. Im Gegenteil: Als gierig gilt, wer Rot- oder Damwildspießer streckt, als ungehörig, wer Sechser, Achter oder Knieper auf die Decke legt. Passend ist eigentlich nur der Kronenhirsch oder der Schaufler. Andere Länder, andere Freigaben.
 
Gegen 16 Uhr endet die Jagd. Die Hundeführer rufen ihre Gefährten mit Hilfe der Caracola zu sich, einem aus einer Muschel gefertigten Jagdhorn, mit dem dumpfe, jedoch weit hörbare Töne erzeugt werden. Nun darf der Schütze seinen Stand verlassen.
 
 
 

Nach der Monteria

 

Monteria
Praktisch: Mit Hilfe von Mulis wird erlegtes Wild an die Wegränder gebracht. Foto: Dr. R. Roosen
Als erstes werden die erlegten Stücke mit einer Wildmarke gekennzeichnet, denn es wird zentral aufgebrochen. Die Marke enthält neben einer Nummer den Namen des jeweiligen Schützen. Ungeklärte Anschüsse werden markiert. Leider – und dies ist ein echter sowie bitterer Wermutstropfen – ist das Nachsuchen keine Spezialität der Spanier.
 
Die Schützen werden zurück zum Herrenhaus, der Finca, transportiert, wo ein köstliches Mahl auf sie wartet. In Spanien ist es übrigens noch selbstverständlich, dass man nach der Jagd gemeinsam tafelt. Häufig sind auch einige Ehefrauen und Kinder der Jagdgäste anwesend.
 
 

 

Monteria
Nach dem Schüsseltreiben wird Strecke gelegt – auf Beton. Das ist Vorschrift! Die Strecke ist meist beachtlich. Einige Beispiele mögen dies belegen: 10 Gastjäger, 34 Sauen (Finca Los Jarales); 20 Schützen, 7 Rothirsche, 15 Stück Kahlwild (Finca Los Claros) oder 26 Schützen, 22 Rothirsche, 7 Stück Kahlwild, 3 Damhirsche, 2 Widder und 5 Sauen (Finca El Castañar).
 
 
 

Und der Muffelwidder?

 

Am Ende der Monteria untersuchte ich natürlich sofort den Anschuss. Ich fand dort Schweiß. Den ging ich aus und stand nach gut 120 Metern vor dem verendeten Muffel, einem Einwachser.
 
Eine spanische Redensart lautet: Salud, amor y pesetas y mucho tiempo para gustarle – Gesundheit, Liebe und Geld sowie viel Zeit zum Genießen von alledem. In diesem Wunsch fehlt mir nur noch die Monteria.
 

 

Monteria
 

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