Reiseziel und Jagdland „Down Under“: spätestens nach einem Blick auf die aktuellen Flugpreise haben die meisten Jäger den Traum schon in der Planungsphase ausgeträumt
Immer spannend: Die Jagd auf verwilderte Hausschweine |
Von Manfred Spielvogel
Eigentlich sollte es ja „nur“ eine Rundreise mit einem Wohnmobil durch den Norden Australiens werden. Hatte ich doch einen günstigen Anbieter gefunden und den Trip meiner Frau zu ihrem runden Geburtstag geschenkt. Doch da war sie wieder, die Messe „Jagd und Hund“ in Dortmund, mit den vielen internationalen Vermittlern und Anbietern von Jagdreisen, unter andern auch aus Australien. Aber diese immensen Kosten! Schnell war der Traum von Wasserbüffeln, Sauen und dergleichen ausgeträumt.
Durch Zufall fand ich aber in einem älteren Prospekt eine Adresse, und ein paar Wochen später erhielt ich die Antwort eines Farmers aus den Wetlands. Auf so einen Brief mit seiner verheißungsvollen Preisliste und der Referenzadresse eines Jägers aus Deutschland hatte ich gewartet. Innerhalb weniger Tage war alles „in festen Tüchern“.
Leider bekam ich keine Erlaubnis, meine Jagdwaffe auf dem von uns gebuchten Flug bei Malaysia Airlines mitzunehmen. Doch ein Fax aus Australien mit dem Satz „genug gute Gewehre vorhanden“ beruhigte mich dann schnell wieder.
Anfang August war es dann endlich soweit: Nach dem langen Flug mit einem Tagesaufenthalt in einem sehr guten Hotel in Kuala Lumpur erreichten wir zwei Tage später Darwin. Reibungslos verlief die Paß- und Zollkontrolle, und ein freundlicher Taxifahrer brachte uns in die Innenstadt.
Im Wohnmobil zur Jagd
Nach einem gründlichen Check und dem obligatorischen Papierkrieg übernahmen wir unser kleines Reisemobil. Anschließend fuhren wir zu einem großen Supermarkt, um uns für die ersten Tage nach der Jagd mit Lebensmitteln und Getränken zu versorgen. Danach ging es endlich über die sehr gut ausgebauten Hauptstraßen in Richtung Süden – über die Highways 1 und 20 in Richtung Kakadu Nationalpark.
Nach etwa 130 Kilometern mussten wir den Highway verlassen, um nach Norden abzubiegen. Hier hörte die Teerstraße auf. Eigentlich durften wir die nächsten 70 Kilometer, eine Dirty Road bis zur Farm, mit unserem Camper gar nicht befahren. Es wurde ein zwar beschwerlicher, aber auch sehr schöner Weg mitten durch riesige Eukalyptuswälder.
Immer wieder hielten wir an, wenn uns einer dieser großen Lastwagen mit seinen bis zu drei Anhängern entgegenkam. Die Staubwolke mit ihren aufgewirbelten Steinen, die diese Monster hinter sich herziehen, haben so manche Windschutzscheibe zum Bersten gebracht. Auch unsere bekam zwei bleibende Andenken ab.
Je länger wir in die Wildnis fuhren, um so mehr Känguruhs sahen wir. Beeindruckend war auch die Anzahl der von uns gesichteten Kakadus. Dafür wurde der Weg mit seinen nicht beschilderten Abzweigungen immer schlechter und verwirrender. Gut, das uns Moira, die Tochter des Ranchers, eine Wegbeschreibung zugeschickt hatte. Ohne sie hätten wir uns wohl verfahren.
Dann öffnete sich die Landschaft und die ersten Gebäude, Stallungen und abgestellten Landmaschinen kamen in Sicht. Zwischen den Wohnhäusern hielten wir an und stiegen aus. Sofort fuhr jemand mit einem Jeep vor. Auf dem saß, abenteuerlich anzusehen, unser späterer Jagdführer Kevin. Gleich danach begrüßte uns, mit einer Einladung zu einer Tasse Tee, die gesamte Familie O´Brian. Mike, Eigentümer der Farm und Oberhaupt der Familie, meinte dabei, dass man ja heute ohnehin nicht mehr soviel zu tun hätte und wir durchaus noch nach den Wildschweinen Ausschau halten könnten. Dagegen gab es natürlich von meiner Seite nichts einzuwenden!
Keilerpirsch am ersten Abend
Sofort bezogen wir unser einfaches Quartier in einem der Nebengebäude. Jagdgarderobe auspacken und umziehen waren eins, und kaum fertig, standen schon Mike und Kevin mit dem Jeep vor der Tür.
Gleich hinter dem Ranchhaus beginnt das in der Regenzeit fast völlig überflutete, offene Grasland. Dort mußte ich mit den beiden zur Verfügung stehenden Gewehren einen Probeschuß abgeben. Es waren eine Ruger in .270 Winchester und eine Sako Finbear im Kaliber .375 Holland & Holland Magnum. Beide Repetierer waren mit einem guten Glas versehen und schossen sich hervorragend.
Jetzt endlich konnte unsere Jagd beginnen, und Kevin steuerte die riesige Weide- und Sumpflandschaft an. Eine ausgefahrene Wagenspur führte immer wieder an verschieden großen Wasserlöchern vorbei. Dort sahen wir große Flüge von Höckergänsen, anderes Wasserwild und einige geringe Sauen. Später in weiter Ferne, eine starke Rotte von mehr als vierzig Stück.
Den Jeep abstellend und an einem Schilfgürtel entlang pirschend, ging es mit Kevin alleine weiter. Immer wieder verharrten wir bewegungslos, wenn eine der Sauen aufwarf. Am Rande des Sumpfes schlugen sich zwei gute Keiler, und ich konnte freihändig den stärkeren von beiden beschießen. Das naheliegende Schilf explodierte förmlich, als nach dem Schuß noch einmal die gleiche Anzahl von im Schilf verborgenen Sauen absprang – mittendrin ein hochkapitaler Basse.
Das fängt ja gut an, dachte ich so im Stillen bei mir. Doch schon wenig später verflogen die Gedanken, als ich vor meinem ersten australischen Keiler stand – pechschwarz lag er da und mit gutem Gewaff. Mittlerweile waren auch meine Frau und Mike herbeigeeilt, und die Freude über den schnellen Jagderfolg war riesengroß.
Sofort wurden die obligatorischen Fotos gemacht, und unmittelbar nach dem Versorgen des Wildes brach schon die Nacht herein, und wir fuhren zurück zur Ranch. Dort wurde im Haupthaus beim „Dinner“ der morgige Jagdtag besprochen. Dabei äußerte ich den Wunsch, es vorrangig mit der Jagd auf den Wasserbüffel zu versuchen.
Sauen – nichts als Sauen
Mit den ersten Sonnenstrahlen stand ich bereits ungeduldig am Auto. Ich hatte nicht so gut geschlafen, denn immer wieder hatten mich Wallabys geweckt, die wohl in der Nacht ein Wettrennen um unser Schlafzimmer machten. Erst recht das Heulen der Dingos, das mitten in der Nacht einsetzte, ließ mich bis zum Morgen nicht mehr zur Ruhe kommen.
Endlich erschienen meine Begleiter. Unsere Fahrt über sandige Pisten führte in einen anderen, mit großen Palmenwäldern bewachsenen Teil der Ranch. Dort war vor kurzem ein guter Wasserbüffel gesichtet worden. Zwischen großen Bäumen pirschten wir an Teichen und umgebrochenen Wiesen vorbei. Laufend hatten wir Anblick von geringen Sauen, die dort nach Nahrung brachen.
Dann sprang vor uns ein größeres Stück ab. „Big Pig“ waren Mikes Worte. Schnell das Gewehr von der Schulter und hinterher. Mehrmals sahen wir das grobe Schwein gedeckt von Büschen und Bäumen, aber immer wieder sprang es ab. Endlich, wir wollten schon aufgeben, verhoffte rechts auf einer Anhöhe der Keiler. An einem Eukalyptusstamm angestrichen, konnte ich ihn mit einem Schuß hinter die Teller strecken. Beinahe einen Kilometer waren wir dem Bassen gefolgt.
Groß war meine Freude, als ich die guten Waffen sah. Wir nahmen nur das Haupt mit. „So ein Stück essen wir nicht mehr“, sagte Kevin und lachte, als er mein verwundertes Gesicht sah.
Mit meiner Trophäe ging es zurück zum Jeep, und auf der anderen Seite des Weges pirschten wir weiter. Nun gelangten wir an mehrere Brachstücke von der Größe eines Fußballfeldes, die völlig umgebrochen waren. Immer mehr Sauen kamen in Anblick, aber immer noch kein Büffel.
Später, in unmittelbarer Nähe eines Tümpels, stand ein weiterer sehr guter Keiler im Gebräch. Diesmal sollte ich zur Übung mit der .375 Holland & Holland Magnum schießen. Mit einem Blattschuß lag er im Feuer. Beim Bergen der Sau, wir standen bis über die Knöchel im Schlamm, machte mich Mike zum wiederholten Male auf die Gefahr durch die gefährlichen Leisten- oder Salzwasserkrokodile aufmerksam. Denn gerade in so einer Brühe lägen immer wieder die großen Echsen. Aus diesem Grund führte mein Jagdführer immer einen schweren Revolver mit. Wieder wurde nur das Haupt mitgenommen. Nun ging es zurück, und nach mehr als einer Stunde Fahrzeit waren wir zu Mittag wieder am Farmhaus.
Zur Abendjagd, diesmal begleitete uns meine Frau, fuhren wir über die riesige Ebene mit ihren unzähligen Sumpflöchern. Immer wieder wurde angehalten und abgeglast. Wir sahen an diesem Abend unsere ersten Wasserbüffel, leider nur zwei junge Bullen. Aber immer wieder Sauen und sehr viele Känguruhs.
Im letzten Licht schoß ich auf Kevins Wunsch eines dieser Wallabys. Er brauchte Futter für seine Hunde. Erst spät erreichten wir die Farm. Dort sah ich zum ersten Mal seine drei Terrier. Riesige Hunde, mit denen Kevin während der Regenzeit im Dschungel Fleischjagd auf Sauen machte.
Keine Gnade mit den Dingos
Noch im Dunkeln war ich am nächsten Morgen auf den Beinen. Diesmal sollte Kevin mit mir alleine losziehen. Lange fuhren wir über staubige Pisten in einen für mich neuen Teil des Jagdgebiets. Dieser Revierteil bestand aus großen, lichten Wäldern mit vielen Teichen und Tümpeln. Obwohl mein mir selbst gesetztes Limit an Sauen bereits erfüllt war, konnte ich bei einem Keiler nicht widerstehen.
Ich hatte ihn an einem Schilfgürtel entdeckt und als sehr stark angesprochen. In Schussnähe hatte das Stück mich bemerkt und sprang ab. So musste ich ihn flüchtig beschießen. Er lag verendet am Waldrand, und es wurde mein bester Keiler in Australien.
Nie wieder sah ich so viele Wildschweine wie an diesem Morgen. Erlebte wie mehrere Bachen ein Wallaby fingen und es förmlich zerrissen! Stand vor einem Kessel mit winzigen Frischlingen und wurde immer wieder von abspringenden Rindern oder wilden Pferden aufgeschreckt.
Später entdeckten wir mitten im Busch mehrere Dingos. Eine Fähe mit fünf Welpen. Groß war die Freude von Kevin, als ich einen der Welpen strecken konnte. Verständlich, denn jedes Jahr werden viele Jungrinder von den starken Wildhunden gerissen. Dementsprechend verhasst sind sie bei den Rinderzüchtern.
Am Nachmittag führte uns die Pirsch wieder in die Wetlands mit ihren Sümpfen und den Wasserlöchern. Dabei einmal nicht aufgepaßt, und schon saß der Jeep im Schlamm fest. Nun versuchten wir, leider ohne Erfolg, unser Fahrzeug wieder flott zu kriegen. Kevin beschloss zum Jagdcamp zu laufen, um einen anderen Wagen zu holen. Nach beinahe zwei Stunden kam er mit einem Truck zurück. Innerhalb weniger Minuten war unser Gefährt wieder auf dem Trockenen. Kevin arbeitete sehr hektisch und aufgeregt, hatte er doch während seinem Lauf mehrere Büffel gesichtet. Nun wurde es aber auch Zeit!
Endlich am ersehnten Büffel
Nach kurzer Fahrzeit sahen wir in der Ferne die Herde. Einige Kühe waren bereits sehr nervös und zogen mit ihren Kälbern zu einem anliegenden Sumpf. Der stärkste der drei Bullen sicherte zu uns herüber. Da wir durch einen sehr flachen Wasserlauf mussten, zog Kevin seinen Revolver und ermahnte mich, bei einem Krokodil im Schlamm sofort zu schießen.
Gebückt schlichen wir den zurückgebliebenen Bullen an. Der wurde immer unruhiger und kam plötzlich auf uns zu. „Down“ zischte Kevin und kaum waren wir auf dem Boden, verhoffte auch der Bulle. Sofort, auf dem Knie aufgelegt, hatte ich ihn spitz von vorn im Glas. Kurz darauf stand er breit und ich trug ihm zwei Schüsse an.
Heftig zeichnend flüchtete er in Richtung Wasser. Sofort sprangen wir auf und folgten dem Beschossenen. „Du mußt tiefer abkommen“, mahnte Kevin im Laufen. Kaum ausgesprochen, verhoffte der Wasserbüffel wieder, und ich wurde meine dritte Kugel los. Er lag im Knall,war aber immer noch nicht verendet. Auf kurze Distanz gab ich ihm den erlösenden Fangschuß.
Nun mußten diese fast 700 Kilogramm Fleisch geborgen werden. Aber wie? Kevin stellte zu meiner Verwunderung trocken fest: „Wir sind hier auf einer Insel und müssen den Truck holen, mit dem wir ihn durch das Wasser ziehen können“. Ich konnte es kaum glauben, als er ein paar Minuten später mit einer riesigen Schlammfontäne einfach hindurchfuhr. Der Bulle wurde angebunden und aufs „Festland“ gezogen.
Wir mußten uns beeilen, denn es dämmerte bereits. Meine Frau hielt die kleine Taschenlampe, während wir den riesigen Wildkörper zerwirkten.
Plötzlich stand eine Rotte Sauen direkt vor uns, waren sie doch in guter „Hundemanier“ der Schweißfährte gefolgt und stoben auseinander, als sie uns plötzlich bemerkten. Als wir endlich verdreckt und schweißgebadet den Jeep beladen hatten, war es stockfinstere Nacht. Im Schrittempo ging es in unserer Fahrspur und den Sternen folgend zurück.
Plötzlich blitzte zu unserer Erleichterung aus Richtung Farmhaus immer wieder ein Such-scheinwerfer auf. Mit seiner Hilfe wurde es zwar eine lange, aber angenehmere Rückfahrt. Dort wartete man schon auf uns, und alle packten beim Versorgen des Wildbretes mit an. Nach einer angemessenen Dusche wurde es ein unvergeßlicher Abend.
Auf Barramundi und Gänse
Den nächsten Tag starteten wir mit Büffelsteaks zum Frühstück. Heute waren wir von Mike zum Barramundi-Fischen und Gänsejagen eingeladen. Schnell waren Kleinkaliber, Angelruten, Getränke und Sandwiches eingepackt.
Wieder mußten wir viele Meilen Piste zurücklegen, bis wir den Fluß in mitten des Farmlandes, erreichten. Bevor wir die Blinker durch das Wasser ziehen konnten, verscheuchte Kevin mit einem Revolverschuß ein großes Krokodil. Leider fingen wir vor lauter Vorsicht, das Krokodil tauchte zwischendurch immer mal wieder auf, nur einen dieser schmackhaften Fische. Ich war nicht traurig, als wir diesen Ort verließen.
Unsere Rückfahrt unterbrachen wir zum Gänsejagen. An einem Wasserloch legte ich mich auf die Lauer. Innerhalb einer Stunde erbeutete ich fünf Gänse. Wegen der Kroks konnte ich sie aber nur außerhalb des Wassers erlegen.
Auf meine Frage bezüglich der unter Naturschutz stehenden Krokodile fragte er mich, wo ich das Problem sähe, hätte er doch jedes Jahr offiziell fünfzehn Lizenzen zur Verfügung! Gut, dass ich ihn das nicht ein paar Tage vorher gefragt hatte, der Blick meiner Frau sprach Bände.
Am nächsten Morgen ging es daran Abschied zu nehmen. Die ausgekochten Keilerwaffen konnten wir schon mitnehmen. Das Büffelhaupt musste desinfiziert und gebleicht werden. Dazu fehlte noch die nötige Ausfuhrgenehmigung. Für die Übergabe verabredeten wir uns einen Tag vor unserem Rückflug in Darwin.
Unsere Rundreise durch den Norden Australiens wurde eine wunderbare Zeit, in der wir die Nationalparks von Kakadu, Katherin Georg und Litchfield besuchten. Und wir genossen die Besichtigungsfahrten vom Mary River Camp auf Süßwasser- und Leistenkrokodile.
In Darwin übergab uns Claire den gebleichten und eingepackten Büffelschädel mit den erforderlichen Ausfuhrpapieren. Auf Wiedersehen „Down Under“.
Auch Wasserbüffel gibt es in Australien zu jagen |
Manfred Spielvogel