Zugegeben, wenn ich an Büffeljagden denke, fallen mir zunächst klassische Jagdländer wie Tansania, Simbabwe, Mosambik oder auch Kenia ein; jedoch gehörte bis 1979, als die Jagd geschlossen wurde, auch Uganda zu den klassischen Safariländern. 2001 wurde die Jagd wieder freigegeben, und ich nahm die Gelegenheit wahr: mit der ersten offiziellen Safari
Am Äquator wurden die obligatorischen Erinnerungsphotos gemacht. |
Von Dr. Thomas Weritz
Mein langgehegter Traum, einen Kaffernbüffel zu erlegen, wollte irgendwann umgesetzt werden. Mein Anruf bei einem Hamburger Jagdvermittler mit der Frage nach einem geeigneten Ziel wurde mit den Worten beantwortet: ,,Warum wollen Sie nicht nach Uganda fahren?
Sie wären dort zwar der erste offizielle Jagdgast, aber trauen Sie sich das zu?“ Ich traute mich und startete am 3. Oktober 2001 um 7.40 Uhr vom Flughafen Frankfurt Richtung Brüssel mit dem Ziel Entebbe, wo ich abends müde, neugierig und voller Erwartung landete.
Schon am Gepäckband wurde ich von Kaka Madama empfangen. Kaka Madama, ein Einheimischer indisch-afrikanischer Abstammung und mit langjährigen Erfahrungen im Wildlife Management, hat mich von der ersten bis zur letzten Minute bei der Safari professionell, freundlich und sehr erfolgreich begleitet. Schon sein Vater war als Berufsjäger für Professor Zwilling tätig gewesen.
Rasch waren die Formalitäten der Waffeneinfuhr erledigt; jedoch als einer der letzten Fluggäste der jetzt nicht mehr existierenden Fluggesellschaft Sabena fehlte leider ein Koffer mit den wichtigen Utensilien wie das Schloss meiner Mannlicher Repetierbüchse und 40 Patronen im Kaliber .458 Winchester Magnum, den ich erst nach vier Tagen erhalten sollte.
Kaka Madama und sein Sohn brachten mich mit dem Auto in das nächtliche Kampala, wo ich in einem kleinen Hotel, das nach John Speke, dem Entdecker der Nilquellen, genannt, eincheckte. Kaka Madama lud mich zum Essen ein und informierte sich in sehr gutem Englisch detailliert über unsere anstehende Safari.
Er hat als erster lizenzierter Berufsjäger einen Jagdblock in der Nähe des Lake Kagera übernommen. Mein Hauptwunsch war natürlich die Jagd auf den Kaffernbüffel, aber im „Beiprogramm“ hatte ich die Möglichkeit, Hippo, Warzenschwein, Zebra, Topi, Oribi, Buschbock, Elenantilope, Riedbock und Perlhühner zu bejagen.
Am nächsten Morgen starteten wir mit dem Landrover von Kampala aus südwestlich in Richtung Lake Kagera und fuhren lange Zeit parallel zum Viktoria See. Nachdem wir dem Verkehrschaos Kampalas entronnen waren, konnten wir an den Seiten der gut ausgebauten Straße im typischen roten Sand Ugandas das bunte Treiben, übervolle Obst- und Gemüsestände mit kunstvoll gestapelten teilweise unbekannten Früchten beobachten.
Frauen und Kinder mit grell gefärbten Gewändern gingen in einem wilden, fröhlichen Trubel ihren täglichen Geschäften nach. Weiter fuhren wir durch offene Savannenlandschaften, durch Sümpfe mit meterhohem Sumpfgras, durch Dörfer mit kleinen Feldern, auf denen vor allen Dingen Matoke (Kochbananen) geerntet wurden.
Matoke ist eines der Lieblingsnahrungsmittel der ugandischen Bevölkerung. Sie werden grün geerntet, gedämpft oder gekocht und zu jeder Mahlzeit gegessen. Neben Obst- und Gemüseständen lagen viele Stände mit einheimischer Kunst, wie zum Beispiel Trommeln oder Holzfiguren.
Wir überquerten den Äquator, und das typische Touristenfoto musste geschossen werden. Vier Stunden später erreichten wir das Camp direkt am Lake Kagera gelegen. Es fanden sich vier nagelneue und geräumige Safarizelte; in der Mitte brannte schon ein großes Feuer, und wir wurden herzlich von den zehn einheimischen Helfern begrüßt.
Mike Tyson, unser Koch, hatte in seiner kleinen Feldküche ein Drei-Gänge-Menü gezaubert, dass nicht nur fabelhaft aussah, sondern auch köstlich schmeckte. Schon zwei Stunden später lag ich erschöpft und glücklich in meinem Zelt.
An Schlaf war aber nicht zu denken: laut und fremd waren die Geräusche in meiner unmittelbaren Umgebung. Wie durch ein Wunder funktionierte mein mobiles Telefon, so dass ich meiner Frau über die Ankunft berichten konnte. Die Telefongesellschaft sollte mir für dieses „kleine Wunder“ jedoch eine saftige Rechnung stellen.
Am nächsten Morgen wurden mir die Mannschaften näher vorgestellt. Francis, der Tracker, Charly, der Skinner – er hatte bei Wolfgang Schenk gelernt – und Kaka Madama, der Berufsjäger. Nicht unerwähnt bleiben sollen die fleißigen Helfer, die den Wäscheservice mit einem Kohlebügeleisen sauber und pünktlich betrieben, das Feuerholz aus dem Wald besorgten, das Duschwasser jeden Abend auf dem Feuer für die heimkommenden, verschwitzten Safariteilnehmer bereiteten und auch zum Gelingen dieser großartigen Safari beitrugen.
Mit Francis, Charly und Kaka Madama ging es nach einem kräftigen Frühstück zur Büffelpirsch mit dem Landrover eine Stunde in die Jagdregion. Wir suchten nach Büffelfährten und pirschten durch das offene Savannengelände. An die ungeheuerliche Wildfülle mit großen Zebra-, Impala- und Topiherden, die vertraut vor uns herzogen, musste ich mich erst gewöhnen.
Ich konnte diesen Gedanken an eine unberührte Natur nicht lange nachhängen, da zwang mich Kaka Madama in die Hocke, doch ich konnte beim besten Willen keinen Büffel ausmachen. Leise flüsterte er: „Kapitales Impala, schießen!“ und drückte mir seine Brünner Repetierbüchse im Kaliber .30-06 in die Hand. Die Distanz betrug etwa 100 Meter, und ich musste nicht lange gebeten werden.
Doch ich fehlte. „Das fängt ja schön an“, dachte ich mir, doch die nächste Gelegenheit ließ nicht lange auf sich warten. Unter gutem Wind konnte ich ein altes, kapitales Impala anpirschen, das den linken Hinterlauf schonte, konnte an einem kleinen Baum anstreichen und dieses Impala auf 100 Meter erlegen.
Die unerwartete Freude war groß, weil ich eigentlich losgezogen war, einen Büffel zu strecken; aber das war ohne Patronen und ohne Schloss ja nicht möglich. Nach Versorgen des Wildbrets und den Erinnerungsfotos drängte ich zur Weiterjagd, aber es folgte nur eine vergebliche Pirsch auf ein Topi, das schlauer war als wir.
Fotos: Dr. Thomas Weritz
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Frische Büffelfährten fanden wir an diesem Morgen nicht. So wurde die Jagd für heute abgebrochen, und eine Stunde später, nach einer heißen Dusche, saßen wir am Lagerfeuer, tranken kaltes, ugandisches Bier, erzählten Jagdgeschichten und planten den nächsten Tag.
Die Nacht verging schnell und traumlos. Der nächste Morgen erwartete uns regnerisch und trübe bei rund 20 Grad Celsius. Während des gesamten Aufenthaltes war das Klima angenehm, insgesamt nicht wärmer als 30 Grad Celsius, aber relativ feucht. Auch heute führte uns der Weg in die entfernte Region unseres Jagdblockes. Wir suchten und fanden frische Büffelfährten, kamen aber nie auf Sichtweite.
Wir brachen die Pirsch ab. Auf dem Rückweg zum Auto erlegte ich ein Impala, das Tage zuvor von einem Leoparden verletzt worden war. Das Wildbret brachten wir in eines der kleinen Hüttendörfer, in denen die Bahima wohnten. Sie nahmen das Wildbret gerne entgegen.
Die Bahimas sind eigentlich Nomaden, die große Rinderherden besitzen. Sie legen dabei auf der Suche nach guten Weidegründen oft weite Fußmärsche zurück. Sie sind sehr stolz auf ihre Ankole-Rinder mit ihren langen Hörnern. Oft habe ich beobachten können, dass diese großen Rinderherden friedlich mit Impalas und Zebras, ja sogar Topis, grasten.
Die Bahimas waren uns oft behilflich und machten uns auf Büffelherden aufmerksam, aber heute hatten wir wieder kein Glück. Der nächste Morgen sollte aber mehr Anblick bringen. Vor meinem Zelt stand die Fährte eines starken männlichen Leoparden, die in dieser Region häufig anzutreffen und sogar auch tagaktiv sind. Leider besteht zur Zeit keine Möglichkeit, eine Großkatze zu erlegen, weil noch keine Jagdlizenzen freigegeben sind.
Schon wenige Minuten nach Beginn der Morgenpirsch kamen wir an ein Altherrenrudel Wasserböcke. In die Knie. „Willst Du einen, der rechte ist sehr gut.“ Na klar! Wind und Vegetation waren günstig und der freihändige Schuss auf das schwere Wild kein Kunststück, und das Bergen des Wildes hielt uns nur kurz auf.
Aber später fanden wir nur Büffelfährten vom Vortag oder noch ältere. Nach kurzer Nacht hörte ich schon lautes Palaver am Lagerfeuer. Bahimas waren gekommen und berichteten aufgeregt von vielen Büffeln. Nach hastigem Frühstück konnten wir rasch die frischen Büffelfährten aufnehmen und waren nach drei Stunden in unmittelbarer Nähe einer etwa 80köpfigen Herde.
Am Abend zuvor war glücklicherweise Kaka Madamas Sohn mit dem fehlenden Gepäckstück angekommen, so dass ich nun mit meiner vertrauten Waffe jagen konnte. Wir näherten uns der Herde im Dickbusch bis auf etwa 20 Meter. Ich konnte das Wiederkäuen hören und sah schemenhaft im Astgewirr das Haupt einer Büffelkuh.
An einen Positionswechsel war nicht zu denken. Wir verharrten minutenlang in der Hocke, bis die Beine beinahe abstarben. Aber in der Aufregung, wenn der Puls in den Schläfen hämmert, nimmt man keine Schmerzen wahr. Dann, wie aus dem Nichts, stand der Wind im Nacken, und wie ein Erdbeben brach die Büffelherde davon.
Ratlose Gesichter, ein Blick auf die Uhr: keine Chance für heute. Enttäuscht, aber immer noch aufgeregt, machten wir uns auf den Heimweg.
Ein allzu vorwitziger alter Warzenschweinkeiler nahm uns nicht ernst, was ihm durch einen schnell hingeworfenen Schuss zum Verhängnis wurde. Abgewetzte Waffen und zahlreiche ausgeheilte Rippenbrüche erzählten von einem langen, kämpferischen Leben. Lagerfeuer, kaltes Bier und eine heiße Dusche, was konnte nach einem langen Jagdtag schöner sein?
Am nächsten Morgen konnten wir die Büffelfährten wieder aufnehmen. Die Herde hatte sich geteilt, und wir folgten der kleineren Gruppe mehrere Stunden bis zum Mittag, konnten bei schlechtem Wind jedoch nicht näher kommen.
Beim Versuch, die kleine Gruppe zu üherriegeln, kamen wir der Restherde in den Wind. Polternd war die Bühne leer. Mit hängenden Schultern ging es zurück entlang des Lake Kagera, wo wir auf eine Gruppe Hippos trafen. Kurze Diskussion. Kopfnicken, das zweite Stück von links, der Schuss aus der alten Mannlicher Repetierbüchse mit dem 500 Grains schweren Geschoss brach.
Erschrocken beobachtete ich, wie der Hippobulle sich mit einem gut platzierten Kopfschuss wild im Wasser wälzte und dann versank. Eine Stunde banges Warten, und unter lauten Freudenrufen der mittlerweile zahlreich gewordenen Bahimas tauchte der Bulle aus den Fluten auf.
Unter erheblichem Kraftaufwand wurde das zwei Tonnen schwere Wild geborgen, und in unglaublich kurzer Zeit war das Stück zerwirkt und alles erdenklich Essbare unter den Bahimas verteilt. Am Abend hatten wir uns wieder viel zu erzählen. Der nächste Morgen war nicht nur verregnet. Haselnussgroße Hagelkörner donnern auf unser Zelt, und beinah wäre das Küchenzelt davon geschwommen.
An Büffeljagd war heute nicht zu denken. Es blieb mir aber Zeit für eine Kurzpirsch, die mir einen guten Ried- und Buschbock einbrachten. Zur Trophäenqualität befragt, antwortete Kaka Madama nur lakonisch: „More than average .“ Was will man mehr?
Die heiße Dusche tat nach diesem nasskalten Tag besonders gut. Das Feuer brannte, das Bier schmeckte. Der nächste Morgen begrüßte uns mit blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein. Mehrere Büffelherden waren gesehen worden Ich konnte es kaum erwarten, zu jagen. Die frischen Fährten standen im taufrischen Savannengras wie gemalt.
Gegen Mittag waren wir an einer Herde. Mäßiger Wind. Warten. Ein Teil der Herde hatte sich nieder getan, käute wieder, aber wir kamen nicht näher. Langsam zog die Herde weiter. Dann kam ein guter Büffel in Schussweite: guter Boss, guter Curl, knapp unter 40 Inch.
Das Gewehr lag schon im Anschlag, da schob sich die Leitkuh vor den Bullen. Und dann war es aus, vorbei, die Herde weg. Am Gegenhang sah ich die vielleicht 30köpfige Herde noch einmal. Nicht unbedingt flott, aber für uns jedoch unerreichbar. Enttäuschung machte sich breit, aber was war das für ein Anblick.
Rückpirsch. Diese brachte mir ein gutes Topi und ein Oribi. Na, wer sagt’s denn! Heute, gegen Abend, konnte ich das Buschschwein, das uns nachts terrorisierte und unsere Vorräte auffraß, zur Freude unseres Kochs erlegen. Doch der letzte Tag näherte sich unaufhaltsam.
Kaka und ich wurden sichtlich nervöser. Die nächste Büffelpirsch forderte die letzten Kräfte: zwölf Stunden ohne Pause, bergauf und bergab. Durch Dickbusch auf allen Vieren, mit Büffelkontakt, aber ohne eine reelle Chance.
Dann kam der Samstag. Der wirklich letzte Jagdtag war angebrochen – mit gutem Wetter. Das frische Toastbrot wollte mir nicht schmecken, Kaka Madama drängte zum Aufbruch. Wir fanden die Büffelfährten, kamen auch wieder in ihre unmittelbare Nähe.
Der Wind küselte, Zug im Nacken. Die im Dickbusch schemenhaft zu erkennende Leitkuh warf auf, die Herde wurde unruhig und zog davon. Meine letzte Chance schwand scheinbar. Bevor der Rest der Herde im Dickbusch verschwunden war, drehte sich ein alter Bulle um, warf auf und äugte griesgrämig in unsere Richtung, argwöhnisch mit seinen zerfetzten Lauschern schlagend. Schnell hob ich reflexartig mein Gewehr, zielte auf den Stich, ließ auf etwa 80 Meter fliegen.
Augenblicklich war die Bühne leer. Ich stand wie betäubt, Kaka Madama fragte mich mehrfach ziemlich eindringlich: ,,Wie bist Du abgekommen?“ Ich konnte kaum antworten, ich wusste es nicht mehr genau. Wir näherten uns dem Anschuss: Schweiß und Lungenfetzen. Kaka Madama grinste, doch meine Nerven waren bis zum äußersten gespannt.
Mit schussbereiten Gewehren folgten Kaka, Francis und ich der Schweißfährte, als plötzlich aus dem Unterholz ein Bahima wild gestikulierend auftauchte. Er hatte den Bullen gesehen, erzählte von einem dumpfen Schlag und vom Todesröcheln. Wir folgten ihm und dort lag er verendet, rückwärts in eine Dickung eingeschoben.
Wir konnten es kaum fassen. Überglücklich lagen wir uns in den Armen. Vor uns lag mein erster Büffel, der erste Büffel, der offiziell seit 1979 erlegt worden war.
Die .458 hatte ganze Arbeit geleistet. Das leider in Verruf geratene Kaliber hatte den ganzen Wildkörper durchschlagen mit Ausschuss kurz vor der Keule (500 Grains Hornady Heavy Magnum). Lange saß ich bei dem verendeten Büffel und konnte mein Glück kaum fassen. Die Anspannung wollte nicht schwinden.
Bis zu 30 ungerufene Helfer zerwirkten in weniger als einer Stunde das gesamte Stück. Bei der Ankunft wurde ich wie ein König durch das Lager getragen. Die Freude war groß, und die Anspannung von Kake Madama und mir gefallen; wir waren überglücklich.
Ausgelassene Stimmung! Meine Frau und meine Kinder beglückwünschten mich telefonisch. Wir feierten bis in den Morgen mit Büffelfleisch und Bier. Am nächsten Morgen herrschte hektische Aufbruchstimmung.
In mir war Wehmut: ein so schönes Land verlassen zu müssen. Traurig war ich bei meinem Abschied von allen Helfern im Lager. Wie im Traum zog die Landschaft und die üppige Tierwelt an mir vorüber.
Ich möchte rufen: ,,Uganda, ich komme wieder!“ Diese Bilder möchte ich meiner Frau und meinen Kindern zeigen: üppige Landschaften mit einer unberührten Tierwelt. Ich hoffe, dass man mit ihr in Zukunft gut umgeht.